«Der Mindestlohn kostet Arbeitsplätze»
23.01.2025 Baselbiet, Baselbiet, Abstimmungen, FinanzenÜberparteiliches Komitee präsentiert Argumente gegen Gewerkschafts-Initiative
Ein Mindestlohn im Baselbiet heble die Sozialpartnerschaft aus, erhöhe die Arbeitslosigkeit und gefährde die Berufsbildung. Dies sind die Hauptgründe, die Vertreter von EVP, GLP, «Mitte», FDP und SVP gegen die Mindestlohn-Initiative anführen.
Thomas Immoos
Am 9. Februar kommt im Baselbiet die Mindestlohn-Initiative vors Volk. Dieses Begehren verlangt, dass der Mindestlohn 22 Franken pro Stunde betragen soll. In Liestal weist das überparteiliche Nein-Komitee darauf hin, dass sowohl Regierungsrat als auch Landrat sich entschieden dagegen ausgesprochen haben. Dem überparteilichen Komitee gehören die Parteien EVP, GLP, «Mitte», FDP und SVP an.
Sven Inäbnit (FDP, Binningen) betonte, dass es nicht Sache des Staates, also auch des Kantons, sei, sich in die Lohnpolitik von Gewerbetreibenden einzumischen. Ausserdem führe die Einführung eines Mindestlohns zu mehr Bürokratie, sowohl bei den KMU-Betrieben als auch in der kantonalen Verwaltung. Etwa weil die Gewerbetreibenden regelmässig nachweisen müssten, ob sie die Lohnvorgaben einhalten. «Die KMU als Rückgrat der Wirtschaft werden in ihrer Wettbewerbsfähigkeit geschwächt.»
Für Markus Graf (SVP, Maisprach) ist der Mindestlohn ein Angriff auf die «gut funktionierende Sozialpartnerschaft» im Baselbiet. Individuelle Vereinbarungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber würden erschwert und Gesamtarbeitsverträge ausgehebelt, was nicht im Interesse der Gewerkschaften sein könne. Profitieren von den Mindestlöhnen würden nicht primär die Arbeitnehmenden in der Schweiz, sondern die Grenzgänger.
Diese erhielten durch die vergleichsweise hohen Löhne in der Schweiz und die tieferen Lebenshaltungskosten an ihrem Wohnort im Elsass oder in Südbaden mehr Kaufkraft.
«Berufslehre würde geschwächt»
Tim Hagmann (GLP, Binningen) hält es für keine gute Idee, «alle Branchen über einen Kamm zu scheren». Man müsse den Versuchen, planwirtschaftliche Elemente in der Marktwirtschaft einzuführen, entgegenwirken. Er ist überzeugt, dass der Mindestlohn zu Entlassungen und zu mehr Arbeitslosigkeit führen würde.
Den Fokus auf die Berufsbildung legte Marc Scherrer («Mitte», Laufen). Er befürchtet, dass der Mindestlohn dazu führt, dass die Berufslehre unattraktiv wird. Durch das sinkende Lohngefälle zwischen Fachkräften und Ungelernten würde die Arbeitsqualität sinken. «Der Mindestlohn würde die Berufslehre im Kern treffen.» Es sei wichtig, die jungen Menschen zu ermuntern, eine Berufslehre zu machen. Mit einer Ausbildung seien die Lohnaussichten im späteren Berufsleben besser. Wenn der Mindestlohn eingeführt werde, entfalle dieser Anreiz.
Insgesamt hält das Komitee den Mindestlohn «für ein untaugliches Mittel, um die Armut zu bekämpfen». Der Regierungsrat habe zudem festgehalten, dass der Mindestlohn als sozialpolitisches Instrument «wenig geeignet» sei. Das Komitee betont denn auch, dass es zu jährlichen Debatten kommen würde, den Mindestlohn zu erhöhen und der Teuerung anzupassen. Angesprochen auf abweichende Meinungen in ihren Parteien, meinten sowohl Scherrer als auch Inäbnit, dass solche in demokratischen Parteien üblich seien. Aber FDP und die «Mitte» hätten mit deutlichen Mehrheiten die Nein-Parole zum Mindestlohn beschlossen.
«Nicht nur ein Schutz vor Armut»
tim. Die Befürworter der Initiative der Gewerkschaft Unia sind SP und Grüne. Sie sind der Auffassung, dass der Mindestlohn vor Armut schützt. Der Mindestlohn nütze aber nicht nur den Menschen, sondern auch dem Gewerbe und dem Baselbiet insgesamt.
Tania Cucè (Lausen), Co-Vizepräsidentin der SP Baselland weist darauf hin, dass im Baselbiet rund 7000 Menschen weniger als 22 Franken pro Stunde verdienen und damit «trotz Erwerbsarbeit armutsgefährdet sind und nicht vom Lohn leben können». Eine Vollzeitstelle müsse für ein würdiges Leben reichen. Unternehmen müssten Verantwortung übernehmen und gerechte Löhne bezahlen. «Menschen, die unter unzumutbaren Bedingungen arbeiten, müssen aus der Armut gehoben werden», betonte Cucè vor einigen Tagen an der Delegiertenversammlung der SP Baselland (die «Volksstimme» berichtete).
Der Mindestlohn helfe aber auch dem Gewerbe und der Wirtschaft. Denn dank höherer Löhne dürfte auch der Konsum der Menschen ansteigen. Wichtig sei auch, dass es für alle Unternehmen gleich lange Spiesse gebe: «Verantwortungsvolle Unternehmen werden nicht weiter von Firmen unter Druck gesetzt, die Dumpinglöhne zahlen», sagt Cucè. Schliesslich entlaste der Mindestlohn die Gemeinden, da viele Menschen im Tieflohnbereich nicht mehr auf staatliche Unterstützung angewiesen wären. Ohne Mindestlohn «subventionierten» die Baselbieter Steuerpflichtigen unfaire Arbeitgebende mit Sozialhilfegeldern.
Cucè ist wie die SP und die Grünen überzeugt, dass der Mindestlohn vor Armut schützt, dem Gewerbe hilft und Gemeinden wie auch Steuerpflichtige entlastet. Auch der Blick auf andere Kantone mit Mindestlöhnen – etwa Basel-Stadt, Genf und Neuenburg – zeige, dass dank des Mindestlohns das erreicht werde, was erreicht werden solle: bessere Tiefstlöhne, ohne dass Arbeitsplätze verloren gehen. Entgegen der Befürchtung in den erwähnten Kantonen habe der Mindestlohn die Arbeitslosigkeit nicht erhöht.