Importiert aus der Stadt der Engel
20.03.2025 Bezirk Sissach, Region, Baselbiet, Gastronomie, Sissach«Sissa mit» – Ein Kultgetränk der lokalen High-Society erlebt eine Neuauflage
Heute kennt man den Longdrink aus den 1970er- und 1980er-Jahren vor allem als Namensgeber für ein Informatik-Projekt der Gemeinde. Jetzt aber gibt es «Sissa mit» im Originalrezept wieder in hiesigen Lokalen. Eine kleine Suche nach den Ursprüngen.
Peter Sennhauser
Wer heute in der grössten Suchmaschine im Internet den Begriff «Sissa mit» abruft, findet ausschliesslich Verweise auf ein Informatik-Projekt namens SissaMIT der Firma Talus für die Gemeinde Sissach. Es soll ebenso «erfrischend» werden wie sein Namensgeber, ein «prickelndes Kultgetränk aus den 1980er-Jahren, bekannt als Sissa mit».
In einer etwas anderen Schreibweise feiert der Drink gerade eine Renaissance, jedenfalls auf der Getränkekarte des Sissacher «Stöpli» (Restaurant Schwyzerhüsli), wo es auf der letzten der sechs Seiten als «Sissa mit» für 9 Franken aufgeführt wird.
«Klar! Das ist ein Klassiker, der steht für Luggi Häfelfinger, durch und durch!», erinnert sich Jörg Buchenhorner, langjähriger Geschäftsführer der Mineralquelle Eptingen auf Anfrage der «Volksstimme». Er freut sich über die Neuauflage.
Jüngere Semester haben jetzt Erklärungsbedarf. «Sissa» war der frühere Name des heutigen «Pepita Citro» von Eptinger. Es hatte, anders als das Grapefruit-Getränk «Pepita», deutlich mehr Konkurrenz und weniger Marktpräsenz. Deswegen entschied Eptinger 2003, die Marke «Pepita» zum Dach für ihre Sodagetränke zu machen. Das Citro heisst seither «Pepita Citro».
Das «Mit» im Sissa ist, zumindest nach dem lokalen «Originalrezept», ein amerikanischer Bourbon Whiskey: entweder Four Roses oder Jack Daniel’s. Beides sind eher süssliche Destillate, dank der Hauptzutat Mais.
Und, ganz wichtig: In 2 Deziliter «Sissa» gehören nicht mehr als 2 Zentiliter (an Stelle der sonst für Longdrinks typischen 4 Zentiliter) Bourbon.
Darauf, betont die Tochter des «Erfinders», Bea Rösli-Häfelfinger, habe ihr Papi immer grossen Wert gelegt. Sie bestätigt des weiteren Jörg Buchenhorners Darstellung, wonach ihr Vater Louis «Luggi» Häfelfinger aus der «Cheesmeyer»-Dynastie den Drink in Sissach gross gemacht hat. Er war mit seiner Frau und den beiden Töchterlein 1957 nach Los Angeles ausgewandert. In der Stadt der Engel hatte er einen Longdrink schätzen gelernt, der dort «BLT» genannt wird: Bourbon, Lemon, Tonic. Nach seiner Rückkehr 1967 ersetzte «Luggi» sein geliebtes Citro «7up», das es hier nicht zu kaufen gab, mit dem lokalen Citro – und der «Sissa mit» war geboren.
Stammdrink im Tenniscenter
Zur grossen Beliebtheit verhalf Luggi Häfelfinger dem Drink ab 1980 als Wirt des Restaurants im brandneuen «Tenniscenter Ergolz», wo neben den Gästen der Tennisklub und alle, die Rang und Namen hatten im Oberbaselbiet, verkehrten. An «fröhliche Abende» im Tenniscenter erinnert sich auch Jörg Buchenhorner. «Das tranken damals alle. Uns hat’s gefreut; die Marke Sissa war damit schliesslich buchstäblich in aller Munde!» Gute 20 Jahre gehörte der «Sissa mit» zur Bar-Terminologie im Oberbaselbiet. Am Rezept änderte sich nichts oder wenig: Luggi selber soll über die Jahre von «Four Roses» auf «Jack Daniel’s» gewechselt haben, sagt Beatrice Rösli, und sich später dem Gin Tonic als Lieblingsgetränk zugewandt haben. Im «Stöpli» aber, wo der «Sissa mit» sein Revival beginnt, steht nach den Anweisungen des Erfinders auf der Karte: «Sissa mit» (Citro mit 2 Zentiliter «Four Roses».
Dass das Getränk bis weit hinab Richtung Hülftenschanz Bekanntheit errungen habe, stimmt nur zum Teil. «Natürlich weiss ich, was das ist», sagt Gastroprofi und damaliger Barkeeper der Liestaler Farnsburg-Bar, Christoph Giertz, auf Anfrage der «Volksstimme». «Es ist Citro mit Weisswein, also ein gespritzter Weisser, süss!» Was also an der Liestaler Fasnacht in den 1980ern überall getrunken wurde, war vielleicht «Sissa mit» – aber nicht das Original aus Sissach.
Wie aus «Sissa Grapefruit» «Pepita» wurde
sep. Dass das Citro der Mineralquelle Eptingen einst «Sissa» hiess und heute als «Pepita Citro» verkauft wird, ist nur ein kleiner Teil der Markengeschichte. Laut Esskultur-Autor Paul Imhof («Das kulinarische Erbe der Schweiz») begann Eptinger 1938 mit der Produktion einer Limonade mit Grapefruitaroma, dem «Sissa Grapefruit».
Als der Basler Grafiker Herbert Leupin 1949 eine neue Etikette für das Grapefruit-Erfrischungsgetränk entwerfen sollte, erfand er den Namen «Pepita» mit dem dazugehörigen Papagei als Logo (www. patrimoineculinaire.ch/Produits#408).
Diese Marke schaffte den Durchbruch und errang schweizweiten Bekanntheitsgrad. Die Mineralquelle Eptingen benannte deswegen die Produkte «Sissa» und «Toco» Anfang der 1990er-Jahre zunächst in «Eptinger Orange» und «Eptinger Citro» um. Rund zehn Jahre später wurden alle Geschmacksrichtungen unter dem Markendach «Pepita» zusammengefasst.