Die latente Gefahr von US-Einfuhrzöllen

  20.02.2025 Baselbiet, Baselbiet, Gesellschaft, Finanzen

Exportfirmen schauen mit gemischten Gefühlen Richtung «Wilder Westen»

Niemand weiss, ob die Schweiz bald in grösserem Rahmen von amerikanischen Strafzöllen betroffen sein wird. Die Handelskammer beider Basel temperiert die Wahrscheinlichkeit nach unten, Firmenvertreter lassen sich nur bedingt in die Karten blicken, was neue Zölle für sie bedeuten würden.

Andreas Hirsbrunner

Die einzige Konstante in der Politik der neu-alten US-Regierung ist derzeit die Inkonstanz. Das gilt für etliche Bereiche, wobei die Volten beim Thema Schutzzölle bisher besonders gross waren. So führte Präsident Donald Trump Ende Januar Einfuhrzölle in der Höhe von 25 Prozent auf Produkte aus den Nachbarstaaten Kanada und Mexiko ein, um sie kurz darauf wieder zu sistieren. Dann folgte der Beschluss, weltweite Einfuhrzölle in gleicher Höhe auf Stahl und Aluminium zu erheben. Gleichzeitig tönte Trump an, dass Einfuhrzölle auf weitere Produkte folgen könnten. Kein Wunder, schaut fast die ganze Welt gebannt nach Amerika, was da noch kommt.

Vor diesem Hintergrund wollten wir von ein paar grösseren Exportfirmen im Oberbaselbiet wissen, welche Auswirkungen zusätzliche US-Einfuhrzölle auf sie haben würden und ob es Ausweichmöglichkeiten gäbe. Die Antworten fielen vom Gehalt her recht unterschiedlich aus, was auch mit der derzeit herrschenden Unsicherheit zu tun haben dürfte.

Arbeitsplätze in Sissach sicher
Bei der GF JRG in Sissach verweist man an den Mutterkonzern Georg Fischer in Schaffhausen. Dessen Kommunikationsleiter Beat Römer stellt konkrete Informationen auf Ende Monat in Aussicht: «Wir sind daran, die detaillierten Auswirkungen neuer US-Zölle auf die gesamte GF Gruppe zu eruieren und werden diese im Rahmen unserer Analysten-/Medienkonferenz vom 26. Februar ansprechen. Wir gehen davon aus, dass sich aufgrund einzelner Entscheide in den USA wie zum Beispiel Investitionen in KI/Datencenter für uns auch Opportunitäten eröffnen werden.»

Weitgehende Entwarnung gibt Römer für Sissach. Der US-Markt sei für diesen Standort, an dem Rohrleitungssysteme und Armaturen für Trinkwasserinstallationen und Kühlwassersysteme im Bereich Haustechnik hergestellt werden, umsatzmässig mit einem Anteil im tiefen einstelligen Prozentbereich von geringer Bedeutung. In Sissach werde vor allem für die Schweiz und den europäischen Raum produziert. Deshalb hätten allfällige neue US-Zölle keine Auswirkungen auf die knapp 300 Arbeitsplätze in Sissach, so Römer.

Zurückhaltend äussert sich Daniel Grotzky, Kommunikationschef beim Bubendörfer Pharma-Zulieferer Bachem: «Wir beobachten die Entwicklung sehr genau. Sollten Strafzölle anfallen für Produkte aus der Schweiz, dann würden wir die Situation auch gemeinsam mit Kunden besprechen, um möglichst gute Lösungen zu finden.» Wie diese aussehen könnten, darüber schweigt er sich aus.

Auch will Grotzky nichts zum Anteil der US-Exporte am Gesamtgeschäft sagen und wie viel davon in den beiden Werken, die Bachem in Kalifornien betreibt, produziert wird. Nur so viel: «Wir bauen grundsätzlich sowohl in der Schweiz als auch in den USA derzeit die Produktion aus.» Und er betont: «Die Wirkstoffe, die wir herstellen, werden von Kunden weiterverarbeitet und sind Bestandteil von zum Teil lebenswichtigen Medikamenten.» Auch wenn Grotzky das nicht explizit sagt, so kann diese Aussage doch so interpretiert werden, dass sich die USA mit Strafzöllen ins eigene Fleisch schneiden würden.

«Zölle bergen Gefahren»
Keine Auskünfte gab es von den Firmen Rego-Fix in Tenniken, die Spannwerkzeuge in grösserem Rahmen in die USA liefert, und Bächler Feintech in Hölstein, die vor allem Bestandteile für Dental- und Medizinaltechnikfirmen produziert. Bei Letzterer lässt Geschäftsleitungsmitglied Reto Strickler jedoch durchblicken, dass Ideen vorhanden seien, «wie wir mögliche Szenarien bewältigen könnten». Aber so lange das Thema US-Einfuhrzölle auf Spekulationen beruhe und keine gesicherten Fakten vorlägen, wolle er sich nicht öffentlich dazu äussern.

Um eine Einschätzung gebeten, wie sich US-Einfuhrzölle auf die ganze Region Basel auswirken könnten, sagt der Leiter Aussenwirtschaft bei der Handelskammer beider Basel, Gabriel Schweizer: «Die Zölle der USA bergen verschiedene Gefahren, denn die Region Basel ist mit ihrer Pharma-Industrie stark vom US-Markt abhängig. 30 Prozent des Schweizer Pharma-Exports gehen in die USA.» Die Gefahr bei den Pharma-Firmen sei, dass sie mittel- bis langfristig Investitionen vermehrt in den USA statt in der Schweiz vornähmen, um mögliche Zölle zu vermeiden.

Auch zahlreiche regionale KMU in den Bereichen Maschinenbau, Präzisionsinstrumente und Medtech würden stark in die USA exportieren. Bei ihnen hiesse die Gefahr, dass ihre Produkte durch Zölle teurer würden, sodass amerikanische Kunden eher auf US-Produkte umsteigen würden. Firmen mit geringen Margen wären davon stärker betroffen. Und Schweizer sieht noch eine dritte Gefahr: «Es droht weltweit eine Eskalation von gegenseitigen Zollmassnahmen. Das wäre für die Schweiz schlecht, weil es den Handel und die globalen Lieferketten stört.»

Gleichzeitig sieht Schweizer Indizien, die gegen US-Strafzölle gegen die Schweiz sprechen: «Aktuell drohen die USA vor allem Ländern, die einen Handelsbilanzüberschuss mit den USA aufweisen, also mehr in die USA exportieren als importieren, und die Zölle auf US-Waren erheben. Die Schweiz steht in beiden Fällen gut da.» Dies, weil der Handel der Schweiz mit den USA dank grosser Dienstleistungsimporte ausgeglichen sei und weil die Schweiz die Industriezölle abgeschafft habe.


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