Das bäuerliche Umfeld hat ihr stets zugesagt

  20.03.2025 Bezirk Waldenburg, Gesellschaft, Region, Baselbiet, Hölstein

Hildy Haas blickt auf ein bewegtes Leben zurück

Sie war Landwirtin, Politikerin und ist stolze Grossmutter von elf Enkelkindern. Hildy Haas (82), aufgewachsen in Maisprach und wohnhaft in Hölstein, spricht über ihr Leben. Kürzlich musste sie dieses neu organisieren.

Elmar Gächter

«Ein paar Tage und Nächte bin ich ein wenig in ein Loch gefallen», erzählt die pensionierte Bäuerin auf dem Hof «Bireten», den sie und ihr verstorbener Mann Willi vor ein paar Jahren Sohn Andreas übergeben haben. Hildy Haas, die ausserhalb des Dorfes wohnt und auf das Auto angewiesen ist, musste vor Kurzem aus Altersgründen ihren Fahrausweis abgeben. Von einem Tag auf den anderen hiess es für die 82-Jährige, ihr Leben neu zu organisieren.

Deswegen mit dem Schicksal hadern? Das ist nicht die Art von Haas. Da gab es ganz andere Tiefschläge, die ihr Dasein zwischendurch aus dem Gleichgewicht brachten. Resignieren war für sie nie eine Option, und Verantwortung für andere, aber auch für sich selber zu übernehmen, begleitet sie seit ihrer Jugend.

Haas denkt gerne an ihre Kindheit im beschaulichen Maisprach. «Für meine Mutter, die in unserem Landwirtschaftsbetrieb mitarbeitete, war es normal, dass ich als ältestes von fünf Kindern zu meinen jüngeren Geschwistern schaue. Sie hat mir damit früh ein Verantwortungsgefühl übertragen», erinnert sie sich. Sie erwähnt den Dreigenerationenhaushalt, in dem ihre Grossmutter für das Essen sorgte und es für sie bereits als Schülerin selbstverständlich war, die Salatsauce zu kreieren oder Waffeln zu backen.

Sie wäre gerne Lehrerin geworden. «So ein grosses Mädchen muss doch einer rechten Arbeit nachgehen», so das unumstössliche Verdikt des Vaters. Schöne Aufsätze habe sie geschrieben und sei dafür vom Lehrer gelobt worden, zum Neid einzelner «Schulgspänli». Das Schreibtalent habe sie von ihrer Mutter geerbt, deren Texte jedoch kritisiert wurden, wenn sie zweimal im Satz die gleichen Wörter benutzt habe. «Da ich beim Schreiben immer sehr pingelig war, ist es wohl besser, dass ich nicht Lehrerin geworden bin», sagt Haas und lacht.

Schicksalsschläge
«Meine besondere Beziehung zur Landwirtschaft liegt in den Genen, Landwirte gehören seit Generationen zu unserer Ahnenreihe», hält Haas fest. Den entscheidenden «Klick», selber Bäuerin zu werden, gaben ihr das Hauswirtschaftsjahr im Unterbaselbiet und der Landdienst auf einem Bauernhof in Schweden. Dort lernte sie ihre erste grosse Liebe kennen, einen jungen Landwirt. «Nach meiner Rückkehr in die Schweiz hoffte ich, dass er mich besuchen kommt. Es war für mich wichtig, ihm zu zeigen, wo ich lebe. Leider wartete ich vergebens. Ich hätte mir damals vorstellen können, an seiner Seite in Schweden als Bäuerin tätig zu sein», so Haas.

Mit Willi Haas hat sie einen Landwirt geheiratet, der in der «Bireten» in Hölstein einen arbeitsintensiven Betrieb mit 15 Kühen und vielen Obstbäumen bewirtschaftete. «Es war am Anfang keine einfache Zeit, doch wir verstanden uns ausgezeichnet», blickt Hildy Haas auf schöne Ehejahre zurück. Dass die Landwirtschaft sich durch eine spezielle Ethik auszeichne, sei ihr schon früh bewusst gewesen. Landwirt zu sein, bedeute Sorgfalt und Mühe. «Zum Bauern braucht es das Herz. Man muss es gerne machen und das Gespür dafür haben.» Vier Kinder und eine Pflegetochter, die wie ein eigenes Kind zur Familie gehörte, haben den Hof «Bireten» belebt. Sohn Andreas ist in die Fussstapfen der Eltern getreten und führt den Betrieb seit ein paar Jahren. «Es hätte uns auch gefallen, wenn unsere Mädchen einen Landwirt geheiratet hätten, aber sie hatten andere berufliche Pläne.»

Hildy Haas und ihre Familie wurden von Schicksalsschlägen getroffen. Seit einem Töffliunfall während der Ausbildung kann Sohn Andreas seinen rechten Arm nicht mehr bewegen. Eine der Töchter ist als Mutter von zwei kleineren Kindern viel zu früh an Krebs gestorben, ebenso ihre Pflegetochter. «Ich denke manchmal, dass ich gar keine Zeit hatte, in ein Loch zu fallen. Jemand musste die Familie zusammenhalten», so Haas über die schwierige Zeit.

Hildy Haas lag die Politik sehr am Herzen. Bereits im Elternhaus sei am Mittagstisch hitzig debattiert worden. Sie hatte sich als Präsidentin der örtlichen SVP-Sektion einen Namen gemacht und wurde als erste Frau ihrer Partei im Wahlkreis Waldenburg in den Landrat gewählt. Acht Jahre blieb sie im kantonalen Parlament.

«Im Landrat konnte man konstruktiv mitarbeiten. Meine Ziele waren unterem anderem, mich für die Landwirtschaft einzusetzen und mit einer höheren Frauenquote das Image meiner Partei zu verbessern. Jenen Kollegen, die meinten, eine Frau könne nicht so gut politisieren wie ein Mann, konnte ich das Gegenteil beweisen.»

Blick nach vorne gerichtet
Vor elf Jahren starb ihr Mann Willi an einer unheilbaren Krankheit. Ihre inzwischen elf Grosskinder halfen ihr, die Trauer zu verarbeiten. «Die drei Enkelinnen, die hier auf dem Hof wohnen, sind inzwischen junge Frauen und haben ihre eigenen Aktivitäten.» Wichtig sei ihr, dass sie diese jeden Tag beim Mittagessen sehe und so auch von deren Alltag etwas mitbekomme.

Dass es um sie – seit sie aus Krankheitsgründen ihrer geliebten Tätigkeit als Zeitungsverträgerin nicht mehr nachgehen kann und auf ihr Auto verzichten muss – ein wenig einsamer geworden ist, verschweigt Haas nicht. Doch deswegen steckt die Oberbaselbieterin den Kopf nicht in den Sand: «Ich schreibe nach wie vor gerne, vor allem Briefe an meine Freundinnen.»

Zudem möchte sie Bewohnern des Niederdörfer Seniorenzentrums Gritt Geschichten vorlesen und regelmässig im dortigen Chor mitsingen. «Vielleicht schreibe ich ein zweites Buch über mein Leben. Dies ohne jede Bitterkeit, denn ich habe in all den vielen Jahren viel Schönes erlebt, für das ich dankbar bin.»


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