Jungtiere hüpfen aus ihren Nestern

Viele Vögel leiden unter der Hitze – inbesondere Mauersegler. Für die Jungtiere wird die Situation zum Teil so unerträglich, dass sie aus ihren Nestern hüpfen und sich so in Gefahr begeben. Ein Gang zum Tierarzt mit einem Vogel, der verletzt scheint, ist auf jeden Fall sinnvoll.

Brigitt Buser

Bei grosser Hitze, wie sie in jüngster Zeit herrschte und uns in den nächsten Tagen noch bevorsteht, kommt es immer wieder vor, dass sich das Innere von Mauerseglerkästen, die unter kurzen Dachvorsprüngen an Südund Westseiten von Fassaden angebracht sind, oder auch Nestern unter Dachziegeln stark aufheizt. Im Extremfall erreicht die Temperatur dann mehr als 50 Grad Celsius. Befinden sich noch Jungvögel darin, halten diese die Hitze nicht mehr aus und hüpfen aus ihrem Nest. Da sie zu diesem Zeitpunkt jedoch oft noch nicht flugfähig sind, stürzen sie zwangsläufig oft mehr als zehn Meter in die Tiefe. So geschehen beispielsweise vergangene Woche beim Migros in Sissach. Dieser Mauersegler, im Baselbiet Spyr genannt, wurde jedoch gefunden und in einer Vogelauffangstation versorgt.

Das Spyrenexpertenehepaar Jolanda und Lorenz Hostettler aus Zunzgen hat in diesem Sommer an die 900 Spyren ehrenamtlich beringt. Auf Anfrage sagen die beiden, dass es in Hitzeperioden bisher jedes Jahr dazu kam, dass Jungtiere aus ihren Nestern flohen. Für die Finder solcher Vögel sei es wichtig zu wissen, dass die erste Anlaufstelle bei aufgefundenen Vögeln, egal welcher Art, nicht eine Vogelpflegestation, sondern der nächste Tierarzt ist. Dieser nimmt Wildtiernotfälle jeglicher Art an und behandelt sie, falls notwendig. Ob die Behandlung von Wildtieren für den Finder kostenpflichtig ist, ist individuell. Daher empfiehlt es sich, sicherheitshalber vorher nach allfälligen Kosten zu fragen.

Zulassung nötig
Laut Alicia Hesse, Tiermedizinische Praxisassistentin der Kleintierklinik Klaus AG in Liestal, werden regelmässig gefundene und verletzte Wildtiere in ihre Kleintierklinik gebracht. Handelt es sich um einen Vogel, wird dieser von einer der Tierärztinnen auf Verletzungen untersucht und der Ernährungs- und Allgemeinzustand bestimmt. Im Fall einer notwendigen medizinischen Versorgung wird diese durchgeführt.

Anschliessend wendet sich die Tierklinik an besonders geschulte Privatpersonen, die eine Zulassung zur Versorgung von Wildtieren haben. Von diesen werden die Wildtiere so lange liebevoll gepäppelt, bis sie so weit sind, selbstständig in der Natur überleben zu können. Für den Finder entstehen dabei keinerlei Kosten.

Da in einer Vogelstation abgegebene Tiere so oder so von einem Tierarzt untersucht werden müssen, um Verletzungen auszuschliessen, empfehlen die befragten Fachpersonen, in jeden Fall zuerst eine Tierarztpraxis und nicht direkt eine Vogelstation aufzusuchen. Für den Transport wird der Vogel am besten in eine mit Haushaltspapier ausgelegte Kartonschachtel gelegt. Keinesfalls dürfe man versuchen, das Tier zu füttern oder ihm Wasser geben.

Die Wahrscheinlichkeit, dass Spyren sich verletzen, die sich aus dem Nest stürzen, ist gross, da sie noch nicht fliegen können. Euthanasiert werden die Vögel, wenn ein Flügel gebrochen ist, wenn sie innere Verletzungen haben oder in freier Wildbahn nicht überleben würden.

Da alle Vögel geschützt sind und es sich um Wildtiere handelt, ist eine Pflege von Laien zu Hause nicht erlaubt. Wer sich also selbst um ein verletztes Tier kümmert, macht sich rechtlich gesehen strafbar. Oft kommt es vor, dass von Pflegestationen aufgenommene Tiere dennoch eingehen. Grund dafür sind nicht ersichtliche oder tastbare innere Verletzungen, auch zu grosser Stress, von dem sie sich nicht zu erholen vermögen.

Das Ehepaar Hostettler ist bereit, aufgefundene und vom Tierarzt untersuchte, jedoch ausschliesslich unverletzte Spyren anzunehmen. Das Paar versucht dann, den Nestling einem Brutpaar unterzulegen, das einen etwa gleichaltrigen Nestling aufzieht. «Das gelingt allerdings nicht immer», erklären die beiden, denn aus unbekannten Gründen komme es immer wieder vor, dass das Pflegekind aus dem Nest hüpft.

Auch andere Gebäudebrüter wie die Mehlschwalben leiden bei Hitze. Eher späte Bruten verdursten und vertrocknen dann regelrecht in ihren Nestern. Ein trauriger Anblick beim Reinigen der Schwalbennester im Winter. Unabhängig, ob es sich um Schwalbennester oder Spyrenkasten handelt: Kommt es während der Sommermonate der kommenden Jahre ebenfalls vermehrt zu Hitzetagen, ist es sinnvoll, Spyrenkasten und Schwalbennester an Nord- oder Ostseiten von Gebäuden anzubringen. Dies auch, wenn es seine Zeit dauert, bis die standorttreuen Spyren diese Nester wieder annehmen.

Vorgehen beim Fund eines Vogels

bbu. Gesund scheinende Vögel setzt man auf den nächsten Ast, wo ihn die Eltern alsbald füttern, aus dem Nest gehüpfte Spyren oder vermutlich verletzte Vögel am besten zum Tierarzt. Kontakt Vogelpflegestation Oberwil: Danae Schwegler, 079 256 12 84. Informationen erteilt auch die Abteilung Jagd und Fischerei des Amts für Wald beider Basel, 061 552 56 59.

Hitze bringt Mauersegler in Not

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