Tatenlos während langem Todeskampf
19.12.2024 Baselbiet19 Jahre Gefängnis für den Mann, der seine Schwiegertochter tötete
Als geplant, heimtückisch und brutal beurteilte das Baselbieter Strafgericht die Tat eines heute 60-jährigen Mannes. Dieser hat vor vier Jahren in Pratteln seine Schwiegertochter getötet. Dafür wurde er zu einer Gefängnisstrafe von 19 Jahren verurteilt.
Thomas Immoos
Gleich mehrere Faktoren wertete das Baselbieter Strafgericht in Muttenz als Mord. Zum einen die Tatsache, dass der Täter die Tat von langer Hand geplant hatte. Zum anderen, weil die Tat besonders brutal war. Und schliesslich sprach auch das Verhalten des Mannes nach der Tat für eine gewisse Kaltblütigkeit. Das Fünfergericht sah es am Montag als erwiesen an, dass es dem Mann darum ging, die Schwiegertochter los zu werden und gleichzeitig sicherzustellen, dass der Enkelsohn in der Familie bleiben konnte. Während der gesamten Verhandlung sass der Angeklagte, der aus dem Kosovo stammt, regungslos mit leicht gesenktem Kopf der Fünferkammer des Gerichts gegenüber.
Im Internet hat der damals 56-jährige Mann Bilder gesucht, die Frauen mit Stichverletzungen zeigten und lud diese auf sein Handy herunter. Auch klärte er ab, wem das Kind im Falle des Todes der Mutter zugesprochen werden könnte. Der Tat vorausgegangen waren nicht nur heftige Streitigkeiten in der Familie, sondern auch Tätlichkeiten des Ehemannes gegenüber seiner Frau. Schlichtungsversuche blieben erfolglos.
Fluchtweg versperrt
Ein letztes Mal suchte die 24-jährige Frau bei ihrem Schwiegervater Rat. Deshalb besuchte sie ihn in der Wohnung der Schwiegereltern in Pratteln. Der Schwiegervater schickte sowohl seine eigene Mutter sowie seine Ehefrau mit dem Enkelkind aus der Wohnung. Dann schloss er die Wohnung ab: «Damit versperrte er der Schwiegertochter den Fluchtweg», stellte der Gerichtspräsident fest. Die Aussprache verlief anfänglich sachlich. Der Mann warf seiner Schwiegertochter damals vor, seine Familie «kaputt gemacht» zu haben.
Dabei hat sich im Verlauf der aufwendigen Untersuchungen herausgestellt, dass die ganze Familie gegen die Ehefrau und Schwiegertochter intrigiert, sie übel beschimpft und mit Videoaufnahmen filmen liess, um sie bei Streitigkeiten als psychisch kranke Person hinstellen zu können. Beim Gespräch mit dem Schwiegervater hatte das Opfer die Aufnahmefunktion des Handys eingestellt, sodass nicht nur das Gespräch der beiden, sondern auch der minutenlange Todeskampf für die Ermittlungen herangezogen werden konnte.
Der Mann hatte nämlich behauptet, das Opfer habe ihn angegriffen; er habe sich nur gewehrt. Während der Tat verwendete der Täter insgesamt vier Messer, von denen zwei verbogen waren, was darauf hinweise, so der Gerichtspräsident, dass sie während der Tat auf Knochen stiessen. Als die Frau bereits am Boden lag, hat der Mann ihr ein Messer von hinten bis zum Schaft in den Kopf gerammt, sodass die Klingenspitze im Gaumen zum Vorschein kam. Der Täter habe mit grosser Gewalt auf sein Opfer eingestochen. Auch als es um sein Leben bettelte, liess der Mann nicht von seiner Tat ab. Er verweigerte ihr auch den Wunsch nach einem letzten Gespräch mit ihrem kleinen Sohn.
«Regelrechte Hinrichtung»
Auch das Verhalten nach der Tat bezeichnete der Gerichtspräsident als kaltblütig. Er hat sich die Hände gewaschen, zweimal das blutverschmierte T-Shirt gewechselt und seiner Ehefrau ungerührt das Handy über den Balkon gereicht. Als Nachbarn wegen des Streits die Polizei riefen, öffnete er die Tür und gab seine Tat zu. Erst im Verlauf der Vernehmungen rückte er von der ersten Version ab, indem er das Opfer des ersten Angriffs bezichtigte. «Die grosse Anzahl der Verletzungen spricht klar gegen die Version des Angeklagten», stellte der Gerichtspräsident fest. Auch eine Affekthandlung, wie von der Verteidigung vorgebracht, liege nicht vor. «Es war eine regelrechte Hinrichtung.» Auch seit der Tat habe der Täter keine Reue erkennen lassen.
Eigentlich wäre der Mann zu einer 20-jährigen Haftstrafe verurteilt worden. Da das Verfahren aber gut vier Jahre dauerte, wird dies wegen Verletzung des Beschleunigungsverbots berücksichtigt. Der Mann muss, unter Anrechnung der bisher verbrachten rund vier Jahre im Gefängnis, für 19 Jahre hinter Gitter. Des Weiteren hat er Genugtuungszahlungen an seinen Sohn, seinen Enkel sowie an die Schwester des Opfers zu leisten, sobald er wieder zu Geld kommen sollte. Zudem wurde er für 15 Jahre des Landes verwiesen. Kaum hatte der Gerichtspräsident das Urteil beendet, erhob sich der Anwalt des Verurteilten und kündigte an, gegen das Urteil Berufung einzulegen.