Schattendasein hier, Blitzlicht dort

  26.09.2024 Sport

Von morgen bis Sonntag werfen die besten Darts-Spieler der Welt ihre Pfeile erstmals an einem Turnier in der Schweiz. Während die St. Jakobshalle zur Festhütte werden dürfte, führt der Sport hierzulande sonst ein Schattendasein.

Sebastian Wirz

Für die Schweizer Teilnehmenden gilt es heute ernst: Das Qualifikationsturnier der 40 besten hiesigen Darts-Spieler und -Spielerinnen um einen der vier Startplätze an der «Swiss Darts Trophy» vom Wochenende ist die Chance auf ihr Karriere-Highlight. Denn ab Freitag stehen die Stars der internationalen Szene in der St. Jakobshalle erstmals bei einem Turnier in der Schweiz im Einsatz: Michael «Bully Boy» Smith, Michael «Mighty Mike» van Gerwen, Gerwyn «The Iceman» Price, Peter «Snakebite» Wright oder Weltmeister «Cool Hand Luke» Humphries. Die Schweizer Qualifikanten können auf die grossen Namen treffen, die sie ansonsten nur aus dem Fernsehen kennen.

Denn dort ist Darts gross. Vor allem die WM, die jährlich in London gespielt wird, ist ein riesiger Event. Aber auch abseits des Saisonhighlights ist Darts-Sport auf höchstem Niveau «Big Business». Die drei besten Spieler im Ranking der Professional Darts Corporation (PDC), das nach gewonnenem Preisgeld in den vergangenen zwei Jahren gewertet wird, haben mehr als 1 Million Pfund vorzuweisen. Spitzenreiter ist Luke Humphreys mit 1,65 Millionen. 53 Spieler haben in dieser Zeit 100 000 Pfund oder mehr kassiert. Insgesamt schüttet die PDC jährlich 10 Millionen Pfund aus.

Weil sich Gibraltar als Veranstalter zurückgezogen hat, kommt nun Basel nicht nur dieses Jahr für eines der 13 Turniere der European Tour zum Handkuss. Wie Irina Brandenberger von Veranstalter Freddy Burger Management auf Anfrage sagt, wird die Tour auch 2025 am letzten Septemberwochenende in der St. Jakobshalle Halt machen.

Dort wird entsprechend mit grosser Kelle angerührt: Vor der breiten Bühne stehen 200 Tische mit je 10 Plätzen. Hier soll die Party steigen, die den am Brett professionellen Sport stets begleitet. Da sind Menschen in Verkleidung zu sehen, werden Schilder mit Sprüchen in die Kamera gehalten und fliessen einige Liter Bier. Die Tische sind für fünf der sechs Halbtage so gut wie ausverkauft. Nur am Freitagnachmittag hat es noch üppig Platz – die bestplatzierten Spieler haben in der ersten Runde ein Freilos. Wer die übrigen «Sessions» besuchen möchte, findet für die Tribünen um die «Partyzone» herum noch Tickets.

Hierzulande kaum sichtbar
Die «Swiss Darts Trophy» steht im krassen Gegensatz zum Alltag der Spieler in der Schweiz. Ob nationaler oder regionaler Liga-Betrieb, ob wöchentliche Spielrunde oder Abschlussturnier – Publikum ist kaum vorhanden. Die Community ist unter sich, wie Dominik Borer, der Präsident der Darts-Liga beider Basel (DLBB) sagt.

Der Gelterkinder ist zufrieden mit dem Zustand der Darts-Szene. Jedes Jahr während der WM nehme das Interesse am Sport zu und viele neue Spieler schauten in einem der Dartskeller vorbei. «Ich schätze, dass etwa 20 Prozent davon hängen bleiben», sagt Borer. Die Anzahl Spieler wachse, statt 600 Lizenzierter wie im Vorjahr seien es in den Schweizer Ligen heuer rund 700. Seine Regionalliga umfasst 85 Spielerinnen und Spieler. Auch fänden immer mehr Junge in das fälschlicherweise als Kneipensport verschriene Darts. Jedes Jahr kämen in der Schweiz ein paar Vereine hinzu. Möglichkeiten, sich zu messen, gebe es schliesslich genügend.

In den vergangenen Jahren ist die Swiss Darts Corporation (SDC) als Pendant zur PDC – also ebenfalls ein wirtschaftliches Unternehmen und nicht ein klassischer Verband – gewachsen und veranstaltet grössere Turniere. Und doch bleibt die Sportart in der Schweiz nahezu unsichtbar. «Wenn ich bei einer WM oder jetzt vor der ‹Swiss Darts Trophy› angefragt werde, interessiert es kaum, wie es eigentlich hierzulande aussieht», sagt der DLBB-Präsident. Er wünscht sich mehr Präsenz seines Sports in den Medien, mehr Interesse an dem, was wöchentlich in der Liga passiert oder zumindest an den Abschlussturnieren. «Wir haben grosse Mühe, Sponsoren zu finden. Für die sind wir zu klein, zu wenig sichtbar.»

Der «Swiss Darts Trophy» und der Welt der Profis begegnet die Community jedoch nicht mit Neid, sondern mit Vorfreude. «Ich und 90 Prozent meiner Kollegen vom Hobbydartclub Gelterkinden sind die ganzen 3 Tage in der Halle», sagt Borer. Er freut sich, den Sport der Weltbesten zu erleben – und hofft, dass das Blitzlichtgewitter das Schattendasein der hiesigen Darts-Szene nachhaltig etwas aufzuhellen vermag.


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