«Ich kann all das vereinen, was mir wichtig ist»
24.05.2024 Hölstein, Hölstein, Bezirk Waldenburg, KulturSinger und Songwriter Flavian Graber über seine musikalischen Pfade
Ob grosse Tourneen oder Wanderkonzerte: Flavian Graber unterstützt mit seinem Schaffen seit Jahren die Musikszene und wurde vergangene Woche im Elefantenhaus in Füllinsdorf mit dem Kulturpreis des Kantons Baselland, Sparte Musik ausgezeichnet.
Iris Bösiger
Am 15. Mai erhielt Flavian Graber im Rahmen des Baselbiet Kulturpreises die Auszeichnung in der Sparte Musik. Eine grosse Ehre für ihn, wie er sagt: «Obwohl ich seit Jahren beruflich Musik mache, hatte ich immer wieder das Gefühl, mich rechtfertigen zu müssen, wenn Leute mich gefragt haben, ob ich damit mein Geld verdienen könne.» Mit so einem Preis komme ihm und seiner Musik eine grosse Wertschätzung zu und dies bestärke ihn auf seinem musikalischen Weg.
Die Geschichte von Flavian Graber und der Musik findet ihren Anfang 1985 in seiner Kindheit, wo die Abende mit seiner Familie in Hölstein gefüllt waren mit dem Klavierspiel seines Vaters. Zudem unterrichtete ihn seine Mutter auf der Blockflöte. Er lernte im Schulalter selbst in die Tasten zu greifen – später autodidaktisch Gitarre – und war sich sicher, dass Musik zu seinem weiteren Weg gehören würde. Durchaus bemerkenswert ist die Tatsache, dass Flavian Graber schon sehr früh bewusst war, in welchem Bereich er seine musikalische Essenz finden wird: im Kreieren von eigenen Songs.
Nach dem Gymi ging er längere Zeit nach Kanada und lernte viele Singer und Songwriter kennen, was ihn stark prägte. Graber spürte aber, dass ihm zum Beispiel das Jazzstudium nicht entsprach und sich für ihn die Musikszene in der Schweiz zu eng anfühlte. Darum schlug er vorerst einen anderen Weg ein: den Sport. Er studierte mit Elan und derselben Freude und widmete sich dem Fussball und dem Rhönrad. Bei Zweiterem holte er sich 2001 und 2003 den Schweizer-Meister-Titel. In den diversen Trainingcamps, auch im Ausland, hatte er immer seine Gitarre dabei.
Musik im Fokus
Während seines Studiums erfuhr Graber von der Popakademie in Mannheim, an der er sich anschliessend komplett auf sein musikalisches Wachstum konzentrieren konnte und Raum für seine Ideen erhielt. In dieser Zeit gründete er das Projekt «We invented Paris», das ihn in den nächsten gut zehn Jahren begleiten würde. «Am Anfang hat uns kein Klub gebucht, also haben wir mit Couchsurfing-Konzerten gestartet.» Das Künstlerkollektiv tourte so durch fünf Länder und zog mit seinen einzigartigen Aktionen wie etwa «Speedgigs – 30 Konzerte an einem Tag» Aufmerksamkeit auf sich.
«We invented Paris» wuchs organisch und stetig, bis sie an bekannten Festivals wie dem Southside Festival in Neuhausen oder der (damals noch) AVO-Session spielen konnten und sich ihre Musik ins Gedächtnis der Zuhörer einbrannte. Die Crew wollte publikumsnah sein und spielte bei jedem Konzert auch immer unverstärkt inmitten des Publikums: «Das sind die besten Erinnerungen. Weniger ist mehr», führt Graber aus.
Nach jahrelangem Touren durch Europa und Unmengen veröffentlichter Songs entschied sich Graber dafür, dieses Projekt bewusst und in Frieden zu beenden.
Mittlerweile ist er Mitte 30, Vater von drei Kindern und möchte neue musikalische Wege beschreiten. «We invented Paris» machte sich im Jahr 2022 auf eine emotionale Abschiedstour und verabschiedete sich liebevoll und dankbar von ihrem treuen Publikum. «Mir war klar, dass ich das Setting ändern musste, um mit meiner Musik in neue Gefilde vordringen zu können», erklärt der Songwriter. Und genau das tut er jetzt: Nachdem er bis dato ausschliesslich englische Songs geschrieben hat, nutzt er ab sofort die Muttersprache. Seine Songs gewinnen dabei automatisch an Tiefe, wie er selber findet: «Ich kann all das zwischen den Zeilen schreiben, was mir im Englischen verwehrt blieb oder einfach durch die sprachlichen Barrieren zu schwer fiel.»
Wanderkonzerte für 30 Personen
Unterdessen setzt sich Grabers Schaffen aus mehreren Standbeinen zusammen. Neben seiner Arbeit im Musikbüro Basel begleitet er einen Songwriter-Zirkel, bestehend aus zehn Teilnehmenden, die sich für ein Jahr einmal pro Monat treffen, ihre Songideen vorstellen und diese gemeinsam durchleuchten und bearbeiten. «Jeder soll seine Musik entwickeln können. Es geht dabei nicht um Konkurrenz, sondern um die Musik und das Miteinander.»
Seit einigen Jahren organisiert er Wanderkonzerte für jeweils rund 30 Personen. «Wir begehen die Wege still und lauschen der Natur. Sobald sich ein Ort gut eignet, singe ich ein Lied, das ich als passend empfinde. Ich vereine Dinge, die mich ausmachen: Musik, Natur und Bewegung», erläutert Graber.