Erfreuliche Vogelbestände

  07.11.2024 Baselbiet

Die Ergebnisse der diesjährigen Brutvogelkartierungen in ausgewählten Testflächen wurden veröffentlicht. Obwohl der Frühling sehr nass war, konnten wieder mehr Brutpaare als in früheren Jahren gezählt werden. Der zuständige Projektleiter Nicolas Martinez erläutert die Ergebnisse.

Daniel Zwygart

Herr Martinez, wo haben die Brutvögel zu- und wo abgenommen?
Nicolas Martinez:
Im mehrjährigen Trend haben die Bestände der Testflächen um Laufen, Reinach und Therwil zugenommen, während sie in Anwil, Wenslingen und Brislach zurückgegangen sind. Dabei muss aber beachtet werden, dass wir viele verschiedene Arten erfassen. Nicht alle entwickeln sich gleich. Veränderungen der Bestände von Goldammer, Neuntöter, Schwarzkehlchen und Distelfink beeinflussen die unterschiedliche Entwicklung in den Gebieten besonders stark. Es gibt aber auch Arten, die sich in allen Gebieten gleich entwickeln, wie zum Beispiel die Feldlerche: Sie hat in den vergangenen 17 Jahren in allen sechs Testflächen stark abgenommen.

Die Freude über die höhere Revierzahl im Jahr 2024 könnte durch eine hohe Jungensterblichkeit relativiert werden. Gibt es diesbezügliche Hinweise?
Zumindest bei einzelnen Arten ist eine erhöhte Jungensterblichkeit denkbar, schliesslich war der Frühling dieses Jahres überdurchschnittlich nass. Unser Projekt kann dazu aber keine Aussage machen, wir zählen ja lediglich die Reviere und erheben keine Daten zum Bruterfolg. Einen Hinweis könnten tiefe Revierzahlen in den folgenden Jahren geben.

Kennen Sie die Gründe, die zu den Zu- oder Abnahmen von Vogelbeständen führen?
Die Entwicklungen in unseren Testflächen hängen davon ab, wie es diesen Vogelarten im weiteren Umkreis geht. Bei einzelnen, weit ziehenden Arten entscheiden sogar die Bedingungen auf den Zugwegen oder in den Überwinterungsgebieten in Afrika massgeblich, wie viele Tiere im Folgejahr zu uns zurückkehren. Gerade der Vergleich zwischen den verschiedenen Testflächen zeigt uns aber auch den zentralen Einfluss der lokalen Nutzung und besonders die Bedeutung von Biodiversitätsförderflächen im Landwirtschaftsgebiet. So ist die Testfläche in Brislach mit den stärksten Vogelabnahmen auch die mit dem kleinsten Anteil an Biodiversitätsförderflächen. Rückgänge bei den Revierzahlen beobachten wir auch in den Testflächen bei Anwil und Wenslingen, obwohl der Anteil der Biodiversitätsförderflächen dort relativ hoch ist. Dabei handelt es sich aber vor allem um extensiv genutzte Wiesen. Diese haben wenig bis keine positiven Effekte auf Brutvögel, was bereits im Jahr 2019 im Rahmen einer Wirkungskontrolle der Biodiversitätsförderung im Landwirtschaftsgebiet des Kantons Baselland gezeigt wurde. Hochwertige und für Brutvögel des offenen Kulturlands besonders attraktive Strukturen wie Hecken und Brachen sind in Wenslingen und Anwil verhältnismässig selten. Entsprechend geringer ist die Anzahl der vorkommenden Vogelarten und ihrer Brutpaare.

Wie könnte dies verbessert werden?
Aus unserer Sicht sollten mit den eingesetzten öffentlichen Mitteln gezielter die effektiv wertvollen Biodiversitätsflächentypen gefördert werden. Gleichzeitig könnte aber auch mit kleinen Restflächen ein wertvoller Beitrag geleistet werden. Wenn dort ganz gezielt kleine Naturinseln geschaffen werden.

Bezüglich einzelner Vogelarten hätten wir noch zwei Nachfragen: In unserer Berichterstattung über die Brutvogelkartierungen im Jahr 2021 sprachen Sie von einer akuten Bedrohung der Feldlerche. Hat sich diese Art nun erholt?
In diesem Jahr haben wir insgesamt 22 Reviere der Feldlerche gefunden. Im Vergleich zu den beiden Vorjahren sind das rund doppelt so viele. Das ist erfreulich und wir hoffen, dass es nicht bloss ein kurzes Aufbäumen ist. Dabei darf aber nicht vergessen werden, dass es sich bei der Feldlerche um eine Art handelt, die früher im Offenland allgegenwärtig war. So gesehen sind die aktuellen Bestände immer noch erschreckend tief. Es kommt also immer darauf an, womit man die aktuellen Ergebnisse vergleicht.

Die Zaunammer ist eine Art, die in den vergangenen Jahren stetig zunimmt. Was sind die Gründe?
Vermutlich spielen mehrere Faktoren zusammen. Die Zaunammer ist eine wärmeliebende Art, die im Mittelmeerraum ihren Verbreitungsschwerpunkt hat. Bei uns kommt sie vor allem an warmen Standorten vor, beispielsweise in Weinbergen. Wahrscheinlich profitiert sie von den zunehmend milderen Wintern und generell höheren Temperaturen. Zusätzlich ist sie auf kleine extensive Strukturen angewiesen, wie offene Bodenstellen, Ast- und Steinhaufen sowie dichte Büsche. Einige Standorte, an denen die Art neu festgestellt wurde, wurden in den vergangenen Jahren gezielt entsprechend aufgewertet.


Das Projekt
vs.
Seit bald 17 Jahren werden die Vogelbestände in sechs vorwiegend ackerbaulich genutzten Landwirtschaftsgebieten des Kantons Baselland kartiert.
Ursprünglich erfolgte dies in Zusammenhang mit dem Projekt Hopp Hase von Pro Natura Baselland. Seit dem Abschluss dieses Projekts im Jahr 2017 führt der BNV die Zählungen selbstständig weiter.
Die Kontrollflächen mit einer Gesamtfläche von 31 Quadratkilometern liegen hautsächlich in den Gemeinden Therwil, Reinach, Laufen, Brislach, Wenslingen und Anwil. Rund 30 Vogelkundige laufen dreimal pro Brutzeit die verschiedenen Flächen ab und notieren auf Karten alle Vogelbeobachtungen von 46 ausgewählten Vogelarten. Es sind dies Arten, die charakteristisch für landwirtschaftlich genutztes Acker- und Wiesland sind. Alle Kartierenden arbeiten ehrenamtlich.
Der Projektleiter Nicolas Martinez vom Büro Hintermann & Weber AG organisiert die Zählungen und wertet die Ergebnisse aus. Swisslos finanziert diesen Bereich des Projekts.


Die Ergebnisse 2024
vs. In den vergangenen 17 Jahren wurden auf den 31 Quadratkilometern Untersuchungsfläche durchschnittlich rund 550 Brutreviere der 46 untersuchten Arten pro Jahr festgestellt.
Eher tiefe Revierzahlen gab es von 2012 bis 2015, danach lagen die Werte etwas höher, mit Rekordwerten von 614 und 613 Revieren in den Jahren 2019 und 2021. Das Jahr 2023 markierte schliesslich mit bloss 508 Revieren den tiefsten Wert seit Beginn der Zählung.
Im Jahr 2024 wurden 564 Reviere festgestellt und somit trotz nasskaltem Frühlingswetter deutlich mehr als noch im Vorjahr.


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