Durch und durch von Nordamerika inspiriert

  05.12.2024 Baselbiet

Teil 12: «Chaschtele Bier» aus Arboldswil

Auf einer seiner vielen Reisen durch Nordamerika machte es bei Marc Börlin «Klick»: Er wollte auch zu Hause solche Biere trinken, wie er sie in den USA und Kanada kennengelernt hatte. Den Traum verwirklichte er in seiner Garage in Arboldswil.

Markus Vogt

Die Augen von Marc Börlin leuchten, wenn er von seinem grossen Hobby erzählt. Vom Bier, das er in Nordamerika kennengelernt hat. Von der Art, wie die Nordamerikaner mit dem Bier umgehen, von der riesigen Auswahl, die man dort antreffen kann, von den verschiedenen Bier-Stilen, und überhaupt. Vom Land, wo das Craftbeer quasi erfunden wurde.

Marc Börlin bereiste Nordamerika schon etliche Male, er besuchte bislang 38 Staaten der USA und dazu auch den grössten Teil von Kanadas Westen, war in Alaska und in Yukon. Und überall gab es Bier. Und wohin er auch ging oder fuhr, es gab immer wieder anderes Bier. Und es gab dieses Bier meist aus kleinen und kleinsten Brauereien, den «Micro-Breweries». Er lebte auch ein Jahr in den USA. Irgendwann beschloss er, dass er zu Hause auch einmal sein eigenes Bier brauen werde, ein Bier nach seinem eigenen Geschmack.

Zu Hause, das ist im beschaulichen Arboldswil, auf 628 Metern über Meer gelegen, knapp 600 Einwohnerinnen und Einwohner, ruhig, abseits der hektischen Zivilisation, aber nur gerade gut 10 Kilometer von Liestal entfernt. Statistisch gesehen – so steht es auf der Website des Dorfes – diejenige Baselbieter Gemeinde mit den meisten Sonnenstunden im Jahr. Eine Brauerei würde hier niemand vermuten.

Zum Start ein Braukurs
Aber es gibt sie. Den Anstoss gab Marc Börlins Ehefrau mit einem Weihnachtsgeschenk – er durfte im «Brauund Rauchshop» in Densbüren einen Kurs besuchen. «Damit ging es los», erzählt er. Im Jahr 2020 kaufte er sich die nötigen Gerätschaften und richtete sich in seiner Garage ein.

Börlin begann mit einem 30-Liter-Kessel und einem Gaskocher, er las Bücher und Anleitungen, er machte sich schlau im Internet und schnappte alles auf, was in der Welt des Biers geschah. Er bildete sich weiter, auch mit weiteren Braukursen. Börlin kreierte sein eigenes Label und die entsprechenden Flaschenetiketten. Der Name für das Bier ergab sich fast von selbst: Von zu Hause aus blickt der Brauer auf die Chastelenfluh, den dorfeigenen Hügel Arboldswils – «Chaschtele Bier» war geboren.

Das erste Bier tranken er und seine Freunde im Garten und befanden es für recht gut. Bald baute der Arboldswiler etwas aus und machte mit einem 50-Liter-Kessel weiter. Heute betreibt er einen 80-Liter-Kessel, mit dem er pro Sud 70 bis 75 Liter brauen kann. An diesen Kessel angehängt sind drei Drucktanks à 80 Liter, in denen die Biere reifen und lagern können, bevor der Brauer sie in Flaschen abfüllt. Für den Hausgebrauch hat er in seinem Eiskasten ein Keg, sodass Gäste nie auf dem Trockenen sitzen müssen.

Immer auch Saisonales
Auf seiner Website zeigt Marc Börlin acht «Chaschtele»-Biere mit ihren Etiketten, die Sorten sind durchwegs amerikanisch inspiriert. Blonde, Golden Ale, Wheat, IPA, Neipa, Red Ale, Amber Ale und schliesslich Season. Dahinter verbirgt sich jeweils eine saisonale Abfüllung, wobei der bald 50-Jährige auch mal ein bisschen experimentiert. Weniger sein Ding sind die ganz dunklen Biere wie Stouts und so weiter.

Marc Börlin freut sich, dass seine Biere im Dorf und anderswo Anklang finden: «Ich mache gerne anderen Menschen eine Freude.» Am Pfingstmarkt durfte er sich beteiligen, im Dorfladen von Arboldswil ist «Chaschtele Bier» erhältlich, im «Biertipp» zu Liestal ebenso. Dazu ist das bekannte Restaurant Bad Bubendorf ein Abnehmer: Dort stellte er sich einmal mit ein paar Probeflaschen vor, die Betreiber waren und sind begeistert. Seither beliefert er das Traditionslokal; derzeit braut er ein Weihnachtsbier für sie.

Fast beiläufig erwähnt er den Preis, den er im Jahr 2024 am wohl wichtigsten Bier-Wettbewerb der Schweiz errungen hat: Den 2. Platz beim «Bier-Award» des «Brau- und Rauchshops», und zwar in der Kategorie Amber mit seinem Amber Ale.

«Cool, die eigenen Flaschen»
Auf das bisher Erreichte blickt Börlin stolz zurück. «Im Dorfladen deine eigenen Flaschen zu sehen oder im Bad Bubendorf, das ist schon cool», sagt er. Viel mehr liege aber gar nicht drin: «Das Bierbrauen soll mein Hobby bleiben», sagt er bestimmt. Denn Marc Börlin kann auch rechnen: Mit Bierbrauen lasse sich eigentlich kein Geld verdienen, ausser man betreibe es im ganz grossen Stil.

Der Arboldswiler will aber seinem Beruf und seiner Lebensform treu bleiben. Börlin kommt beruflich aus dem Finanz-Controlling und ist seit dem Jahr 2005 als selbstständiger Unternehmer tätig, je etwa zur Hälfte in der Erwachsenenbildung und mit Mandaten bei Projekten sowie in Unternehmen. Er hat sich mit seiner Frau, die sein Hobby sehr unterstützt, so eingerichtet, dass er jedes Jahr etwa zehn Wochen reisen kann. «Ja, wir sind viel unterwegs und wollen noch mehr sehen von der Welt», meint er mit einem verschmitzten Lächeln.

Seinem Dorf bleibt Marc Börlin als Bierbrauer erhalten, auch wenn Nordamerika ihn, den Reise- und Bier-Fan, weiterhin erwarten darf. «Vielleicht», fügt er noch an, «werde ich mich eines Tages noch mit dem Brennen von Whiskey versuchen.»


Oberbaselbieter Bier – eine Serie
wis. Mehr als 1200 Einträge sind bei der Eidgenössischen Zollverwaltung im «Verzeichnis der steuerpflichtigen Inlandbrauereien» vermerkt. 400 Liter Bier dürfen pro Kalenderjahr zum unentgeltlichen Eigenkonsum gebraut werden, Vereine dürfen 800 Liter steuerfrei brauen. Wer mehr produziert, muss in diesem Verzeichnis eingetragen sein.
Auch nach dem Konkurs der Brauerei Farnsburg gibt es im Oberbaselbiet zahlreiche Brauereien, die Bier in grösseren Mengen produzieren und es verkaufen. Die «Volksstimme» stellt in loser Folge Oberbaselbieter Biere und ihre Macher vor. Bisher erschienen: Kraftstoff (Sissach), Engibeer Brauerei Leue (Waldenburg), Hopster und Malzer (Rickenbach), Hopferei (Sissach), Geissheiri (Oltingen), Eibachbraui (Gelterkinden), Rauchloch (Häfelfingen), Gibbon Bräu (Tecknau), Föifl iberbier (Ziefen), Chesi Brauer (Bretzwil), «Brewfactory» (Läufelfingen).


Bier-Facts
Name:
Chaschtele, Arboldswil
Gründung: 2020
Output pro Brauvorgang: 70 bis 75 Liter
Output pro Jahr: ca. 1000 Liter
Sorten: Pale Ale, IPA, Red Ale, Amber, Golden Ale, Wheat (Weizen), Blond. Und: «Saisonales».
Verkauf: Dorfladen Arboldswil, Biertipp Liestal, Restaurant Bad Bubendorf, Eigenverkauf.

www.chaschtele-bier.ch


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