Der etwas andere Zweitwohnsitz
24.10.2024 RegionStiftung kümmert sich um Burgruine Neu Schauenburg
Die Burgruine Neu Schauenburg ist das historische Wahrzeichen von Frenkendorf. Um deren Zukunft zu sichern, wurde eine gemeinnützige Stiftung gegründet. Für die Archäologie Baselland ist dies beispielhaft.
Tobias Gfeller
Die Ruine Neu Schauenburg mit dem weithin sichtbaren neuzeitlichen Pavillon liegt auf einem isolierten Felskopf oberhalb von Frenkendorf und Pratteln. Die Adligen, die die Ruine gemäss archäologischen Funden im 12. Jahrhundert erbaut hatten, gaben der Ruine aufgrund des beeindruckenden Rundblicks den Namen «Schauenburg». Passend zur Ruine nannten sich die Erbauer künftig ebenfalls «Schauenburger».
Die Ruine liegt auf einer Hochfläche unter der Schauenburgfluh. Einst zogen Heilbäder die Menschen an. Heute ist das Gebiet mit den historischen Bauwerken, zu denen auch die Ruine Alt Schauenburg gehört, und den wechselnden Naturflächen ein beliebtes Ausflugsziel.
Im grossen Erdbeben von Basel 1356 wurde die Anlage zerstört und danach wieder aufgebaut. Die Schauenburger bewohnten die Ruine nur gerade während gut 200 Jahren. Im späten 14. Jahrhundert stirbt das Adelsgeschlecht aus. In der Folgezeit geht die Ruine in den wechselnden Besitz von Basler Bürgerfamilien über. Um 1500 ist die Schauenburg verlassen. Um 1800 erbaut eine Basler Patrizierfamilie auf dem höchsten Punkt der Ruine einen Pavillon, der nun seit einigen Jahrzehnten unter kantonalem Denkmalschutz steht. Seit über hundert Jahren befindet sich die Neu Schauenburg im Privatbesitz der Familie von Tscharner.
Viel Aufwand für den Erhalt
Die Ruine gehört in vierter Generation Renata von Tscharner, die mittlerweile in Boston wohnt. Der Besitz der Ruine war früher gekoppelt mit dem Besitz des Landguts Neu Schauenburg ob Pratteln, dessen Besitzer aus den Basler Familien Thurneysen, Forcart, Iselin, Merian und La Roche stammten. Renata von Tscharner beschreibt die Neu Schauenburg als «ein romantisches Baudenkmal, ganz im Sinne der Romantik des 18. und 19. Jahrhunderts». Die heutige Besitzerin geht davon aus, dass der «Pavillon de Plaisir» um 1800 an der Stelle des ehemaligen Turms erbaut wurde, um die Anlage und die Aussicht zu geniessen. Für Renata von Tscharner bedeutet der Besitz der Burgruine das Weiterführen einer Familientradition, «was sowohl Freude wie auch Verantwortung mit sich bringt».
Zur Verantwortung zählt unter anderem die Instandhaltung der Ruine, erklärt Renata von Tscharner. «Für meine Grosseltern und Eltern – und in den vergangenen paar Jahrzehnten für mich – gab es immer wieder Arbeit, um die Ruine zu erhalten.» Als Beispiel nennt Renata von Tscharner die 2018 eingestürzte südliche Stützmauer unter dem Pavillon. Gemeinsam mit der Archäologie Baselland und der kantonalen Denkmalpflege wurde die Sanierung geplant. An dieser beteiligte sich teilweise auch der Kanton über den Swisslos Fonds und der Bund. Bei der Analyse der übrigen Mauern wurde festgestellt, dass alle Mauern einer Sanierung bedürfen. Die 80 Meter lange und 15 Meter hohe Stützmauer ist das Symbol der Burgruine Neu Schauenburg.
Mehr Fachwissen und Transparenz
Die Aufwendungen wurden stetig grösser. Die Gemeinde Frenkendorf, der Kanton Baselland und der Bund wünschten von Renata von Tscharner mehr Transparenz, um die nötigen Arbeiten leisten und vor allem finanzieren zu können. Um die Verantwortlichkeiten und das Knowhow breiter aufzustellen, wurde kürzlich eine gemeinnützige Stiftung gegründet. Die Ruine bleibt aber in Besitz der Familie von Tscharner. Das Etablieren einer gemeinnützigen Stiftung habe den Vorteil, dass ausser ihr auch jüngere Vorstandsmitglieder und Beiratsmitglieder mit Ortskenntnis und speziellem Fachwissen an Entscheidungen teilhaben, sagt Renata von Tscharner.
Der Stiftungszweck enthält auch die Erforschung und Förderung der Fauna und Flora um die und auf der Ruine. Ausser der archäologischen Forschung und den baulichen Sanierungsarbeiten sei auch die Vermittlung der Geschichte von Burg und Pavillon ein wichtiger Teil des Stiftungszwecks, erklärt Renata von Tscharner. «Wir haben bereits mit dem Ortsmuseum Frenkendorf Gespräche geführt, um nach der Sanierung regelmässige Führungen anzubieten.»
Ziel der Stiftungsgründung ist es auch, die Burgruine der Öffentlichkeit zugänglicher zu machen. Dies war auch aufgrund des Zustands des Mauerwerks und damit verbundener möglicher Haftungsfragen zuletzt nicht möglich. Künftig werde die Stiftung als Drehscheibe für sämtliche Belange, welche die Ruine betreffen, funktionieren, beschreibt Christoph Reding, Leiter Stätten und Bauforschung bei der Archäologie Baselland. Auch die Finanzen, die für Sanierungen und den Erhalt benötigt werden, fliessen bei der Stiftung zusammen. Die Archäologie Baselland begrüsse als die für den Erhalt der Burgruinen zuständige Fachstelle die Gründung der Stiftung, betont Reding. «Es ist von Vorteil, wenn eine Institution die Ansprechpartnerin ist.»
Unerforschte Bausubstanz
Die Archäologie Baselland wird die fachliche Betreuung der kommenden Sanierung übernehmen. Für die Archäologen sei die Ruine besonders spannend, weil noch viel unerforschte Bausubstanz erhalten ist, sagt Christoph Reding. «Wir wissen noch sehr wenig über die Ruine. Wir sind gespannt, was sie uns erzählen wird.» Eine ausführliche Dokumentation der Ruine ist zudem nötig, weil die Ringmauer umfassend saniert werden muss und die dafür notwendigen Eingriffe für die Nachwelt festzuhalten sind. Die Vorarbeiten dafür beginnen in diesen Tagen. Im kommenden Frühling beginnt die eigentliche Sanierung.
Dass Neu Schauenburg als Ruine nicht so bekannt ist wie die Ruine Pfeffingen oder die Farnsburg liege wohl daran, dass sie in der Geschichte nie eine vergleichbar herausragende Bedeutung gehabt habe und sie heute in der Landschaft nicht so sichtbar ist, glaubt Christoph Reding: «Auch ist uns nie ein bedeutendes Ereignis überliefert worden, wie zum Beispiel die Brandzerstörung der Farnsburg im Jahr 1798.» Für die kommende Sanierung ist ein Kostendach von 3,1 Millionen Franken bewilligt. Davon übernimmt der Kanton die Hälfte über den Swisslos Fonds. Je ein Viertel übernehmen der Bund und die Eigentümerschaft.
Glücklich über die Gründung der Stiftung ist auch Frenkendorfs Gemeindepräsident Roger Gradl. «Mit der Stiftung ist alles, was die Ruine betrifft, breiter aufgestellt.» Es sei nicht immer klar gewesen, wie es mit der Ruine weitergeht. «Es war für uns eine Blackbox», verrät Gradl. Die Einwohnergemeinde leistet via Werkhof den Unterhalt im Wert von rund 30 000 Franken im Jahr. Der Familie von Tscharner ist dem Frenkendörfer Gemeindepräsidenten äusserst dankbar. «Es ist sensationell, was die Familie aus eigener Tasche geleistet hat.» Roger Gradl freut sich auch, dass die Ruine zugänglicher gemacht werden soll.
Für die in den USA lebende Renata von Tscharner ist die Ruine Neu Schauenburg eine Verbindung zu ihrer Heimat. «Ich unternehme, was in meiner Kraft steht, um dieses Baudenkmal aus dem Mittelalter zu erhalten.» Die Eigentümerin hofft, dass die anstehenden archäologischen Recherchen neue Erkenntnisse zur Geschichte der Ruine bringen. «Gerne möchte ich wissen, ob die heutigen Mauern vor oder nach dem Basler Erdbeben von 1356 erbaut wurden.»