Der Bezirkshauptort als Postkarten-Sujet
06.02.2025 Bezirk Sissach, Baselbiet, Gesellschaft, Sissach, Kultur«Das ist Sissach» (6. Teil) | Ansichtskartensammler gibt Einblick in seinen Schatz
Ansichtskarten aus der Zeit um 1900 sind einmalige Zeitdokumente. Umso mehr, als sie damals neben Zeitungen und Zeitschriften praktisch das einzige Kommunikationsmittel darstellten. Insgesamt existieren wohl mehr als 800 verschiedene Ansichtskarten von Sissach.
Heinz Spinnler
Begonnen hat die Produktion von Ansichtskarten um das Jahr 1895. Sie waren während einiger Jahrzehnte das Kommunikationsmittel. Es gab ja sonst nichts – kein Telefon, kein Radio, kein Internet, keine Sozialen Medien. Was es schon gab, waren Zeitungen und Zeitschriften.
Mit der Ansichtskarte verabredete man sich für ein Treffen zum Wandern oder einfach für einen Besuch. Die Karten wurden von der Post fast immer am selben (in der Region adressierte Karten) oder spätestens am darauffolgenden Tag zugestellt, dies schweizweit! Dies belegen die Ankunftsstempel auf den Karten.
Das Sammeln von Ansichtskarten wurde von 1900 bis etwa 1920 als «Sport» betrieben, will heissen: Das gegenseitige Schreiben und Sammeln wurde oft organisiert, die Karten in Alben gesammelt. Das befeuerte den Markt und die Ansichtskarten-Verleger waren entsprechend um eine grosse Auswahl bemüht.
Verkaufsschlager
Bereits um die Jahrhundertwende um das Jahr 1900 gab es in Sissach eine grosse Auswahl an gedruckten Karten. Verkauft wurden diese in vielen Geschäften. Als Verleger traten die Papeterie Pfaff (in Sissach seit 1886) und das Warenhaus Cheesmeyer (ab 1901) auf. Ab 1911 liess der Sissacher Fotograf Arnold Reinhardt viele seiner Fotografien als Ansichtskarten drucken. Er verkaufte diese in seinem Geschäft, belieferte auch andere Geschäfte in Sissach oder bot seine Karten am Bahnhof den Reisenden an.
Nach langjähriger Sammeltätigkeit habe ich festgestellt: Von Sissach gibt es weit weniger schöne Karten als von Gelterkinden. Eine Erklärung dafür mag sein, dass der Basler Verleger Hans Speiser für Sissach keine Karten produzierte. Dieser hat um 1900 von Gelterkinden und auch von vielen weiteren Gemeinden sehr schöne Fotokarten herausgegeben.
Von Sissach fehlen diese. Mit den Jahren gab es auch in Sissach zahlreiche schöne Ansichten und spezielle Ausführungen in der Gestaltung und in Drucktechniken. Besonders interessant sind auch Karten, die auf Fotopapier in kleinen Auflagen kopiert und verschickt wurden. Dies besonders in der Zeit des ersten Weltkriegs, versandt aus dem Aktivdienst. Ansonsten sind alle Drucktechniken und Spezialausführungen in Sissach vertreten, dazu gehören Lichtdrucke, handkolorierte Karten, Lithografien, Rahmenkarten mit Prägedrucken, Festkarten, Leporellos, Panoramakarten, Bromsilberkarten (Fotos) und dergleichen mehr.
Mehr als 800 Ansichten
Insgesamt existieren wohl mehr als 800 verschiedene Ansichtskarten von Sissach. Am häufigsten vertreten sind Karten mit Gesamtansichten der Gemeinde, aufgenommen von allen Himmelsrichtungen aus. Weiter gibt es zahlreiche Ansichten der Hauptstrasse mit dem Dorfplatz, dem Bahnhof und dem Schloss Ebenrain. Etwas seltener sind Ansichten von Quartieren, und noch rarer sind Bilder einzelner Häuser sowie Ansichten der zahlreichen Gastronomiebetriebe. Wir wissen ja, dass es vor rund 150 Jahren 24 Wirtschaften, acht Tavernen (Wirtschaften mit Ess- und Schlafgelegenheiten) und ein paar Besenbeizen gab.
So wird man noch manche Karte finden, sei es in einem Foto- oder Postkartenalbum abgelegt oder in einer Schachtel gesammelt. Man darf gespannt sein!
In der Reihe «Das ist Sissach» verfassen verschiedene Autorinnen und Autoren während des Jubiläumsjahrs «Sissach2025»
Beiträge über Sissach, die wir wöchentlich publizieren.
Die nächsten Jubiläumsanlässe
Laufend: Im Hinblick auf das Jubiläumsjahr hat die Kulturkommission Sissach das Gemeindehaus neu behängt: Unter dem Titel «Sissach gestern und heute» sind alte Gemälde und Zeichnungen zu sehen und dazu die aktuellen Fotografien von Ernst Rudin (70). Die Ausstellung kann zu den Schalteröffnungszeiten besichtigt werden
8. Februar: Konzert «800 Jahre Chormusik» von und mit dem Männerchor Liederkranz. Reformierte Kirche, 19 Uhr. www.maennerchor-liederkranz-sissach.ch
21. Februar: «E farblos bunte Obe über 33 Johr Sissecher Gschicht». Der ehemalige Sissacher Schnitzelbänkler «Dr Farblos» arbeitet fasnächtlich relevante Begebenheiten von einst auf und präsentiert die originalen Helgen dazu. Obere Fabrik, Türöffnung 19 Uhr; Beginn 20 Uhr. www.oberefabrik.ch