Bereit für den Sprung

Als wir im Januar eine Woche in der Lenk trainierten, entdeckten wir eine spannende Lösung für meine Unterschenkel: Wir versuchten mehr Stabilität zu gewinnen, fixierten den hinteren Teil der Bindung wie auch den Schuh an die Bindung, und tatsächlich – es funktionierte. Wir erreichten damit einen deutlich aufrechteren Stand. Leider blieb kaum Zeit für das Angewöhnen, da es ein paar Tage später bereits auf die nächste Wettkampfreise nach Finnland ging.

Mit viel Schnee, schönen Lichtverhältnissen und dieser landschaftlichen Weite ist das Pyhä Ski Resort im Norden des Landes ein besonderer Ort. Die Cross-Strecke ist abwechslungsreich zu fahren. Bevor es ernst wurde, hatten wir einige Trainings, um uns an den Kurs heranzutasten. Ich war froh, als ich relativ bald durch die Startsektion kam. Damit hatte ich in den vergangenen beiden Jahren grosse Schwierigkeiten. Die neue Stabilität der Unterschenkel fühlte sich gut an. Ein anderes Vorhaben war, den grossen Sprung zu springen. Dieser lag in der Streckenmitte und stand neben einem kleineren Sprung – ein mächtiges Ungetüm. Für die Kursführung und die Geschwindigkeit war der grosse Sprung der sinnvollere Weg. Nachdem ich den kleinen sicher springen konnte, machten wir uns an den grossen. Es war ein Kampf, davor nicht abzubremsen, doch ich wollte es durchziehen. Ich flog lange und schliesslich setzte ich fein in der Landung auf – ein unbeschreibliches Gefühl.

Obwohl ich in diesen Tagen meine Kräfte bewusst einteilte und nur in den Morgen-Einheiten auf dem Schnee war, machten sich meine Waden bemerkbar. Die Umstellung an den Unterschenkeln bedeutete eine Veränderung der Kraftübertragung. Es war ein Ziehen – nein, es waren eher Schmerzen. Durch die verminderte Sensibilität ist das schwierig einzuschätzen. So versuchte ich an den beiden Tagen vor den Wettkämpfen, die Waden zu schonen, und fuhr nur wenige Runden. Abseits des Schnees visualisierte ich die Strecke oft.

Die beiden Wettkampftage standen vor der Tür und die Nervosität stieg, ich wusste: Es muss besser laufen als mein Saisonstart bisher. Durch den Start kam ich ein wenig langsam, doch auf der Strecke fühlte ich mich sicher. Alles ging so auf, wie ich es mir vorgenommen hatte und ich erreichte an beiden Tagen den zweiten Platz. Am liebsten wäre ich noch weitere Rennen gefahren. Stolz und zufrieden ging es mit zwei Medaillen nach Hause.

Nach meiner Rückkehr liess ich meine Waden untersuchen. Und: gute Nachrichten! Nichts wurde strukturell beschädigt, es ist nur eine Überlastung. Der weiteren Saison steht nichts im Weg; so bin ich heute freudig auf dem Weg nach Deutschland.

Vom Rollstuhl aufs Snowboard:
Die Sissacherin Romy Tschopp (29) ist die erste Schweizer Para-Snowboarderin, die an Paralympischen
Spielen teilnehmen konnte, und aktuelle Vizeweltmeisterin im Snowboardcross.

BERG & TAL

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