Sängerin Sylphe geht konsequent ihren Weg als Chansonnière

Sylvia Heckendorn mit Wurzeln in Waldenburg ist eine schweizweit und auch international gefragte Künstlerin. Unter dem Namen Sylphe tritt die 45-Jährige als Sängerin und Schauspielerin auf. Wir haben sie bei einem ihrer Auftritte in Basel besucht.

Thomas Schweizer

Aus der Tiefe der Bühne im Tabourettli, einem der Rasser-Theater am Basler Spalenberg, tritt sie mit tänzelnden Schritten ins gleissende Licht an die Rampe und beginnt ihr Chanson-Rezital mit «La mer» von Charles Trenet: Sylphe. Später, im zweiten Teil, ist sie mit Frack, Zylinder und Stock die verführerische Marlene Dietrich. Nun geht von der elegant wirkenden Sängerin eine Verzauberung aus, die so gut zu ihrem bürgerlichen Namen – den sie gern als etwas poetisch empfindet – passt: Sylvia Heckendorn.

Die 45-Jährige lacht beim Gespräch mit der «Volksstimme» und sagt. «Als Künstlerin nenne ich mich Sylphe. Das klingt mystischer, denn eine Sylphe ist ein Luftgeist.» Ihr Heimatort ist Waldenburg, der Grossvater Max Heckendorn ist dort aufgewachsen. «Als ich jünger war, hat er mir einen Waldenburgertaler geschenkt. ‹Wird einmal viel Wert haben›, hatte er gemeint. Der Taler ist mir wichtig: Es ist eine KMU-Münze mit historischem Hintergrund.»

Nicht nur Sängerin
Später war Sylphes Grossvater Pöstler in Dornach und reparierte Uhren – irgendwie typisch für einen Waldenburger. Aufgewachsen ist die Sängerin in Arlesheim und sie hat das Gymnasium in Münchenstein besucht. Auch heute noch besuche sie immer wieder das «liebenswerte» «Stedtli» Waldenburg. Die «Volksstimme» trifft Sylphe im Foyer des Theaters Basel, denn das ist ihre Welt: die Bühne, die Show, die glamouröse Interpretation grosser Chansons aus Frankreich und Deutschland, allen voran von Édith Piaf, aber auch Charles Trenet, Jacques Brel, Yves Montand und die deutschen Ikonen Marlene Dietrich, Zarah Leander und Hildegard Knef.

Sylphe tritt in Zürich im Theater Rigiblick und anderen Kleinkunstbühnen auf, in Basel im Tabourettli, das wie geschaffen ist für Künstlerinnen wie sie und Comedians aller Art. Einen Auftritt im Waldenburger Theater im Pfarrhauskeller hat sie bislang noch nicht gehabt. «Im vergangenen Jahr bin ich an der Kulturnacht Liestal aufgetreten. Ich bin gern im Baselbiet», sagt Sylphe dazu.

Aber sie ist nicht nur Chansonnière, sondern auch Schauspielerin und Musical-Darstellerin. Bereits zum zweiten Mal war sie im vergangenen Sommer auf der Thuner Seebühne dabei. 2022 spielte sie in «Io Senza Te» eine der Hauptrollen. Diesmal bei «Dällebach Kari» gab sie die Frau Geiser, Mutter von Annemarie, in die der unglückliche Coiffeur Dällebach verliebt ist. Begonnen hatte Sylphes Musicalkarriere bereits 2013 auf der Walenseebühne, wo sie die Stauffacherin in «Tell» spielte, auch Florian Schneider war damals dabei.

Fokus einst auf Opern
Sylphe hat eine vielseitige Ausbildung hinter sich. An der Universität Basel schloss sie mit dem Lizenziat in Französisch und Englisch ab, in San Francisco studierte sie am «Conservatory of Music» Gesang und neben ihrer Tätigkeit als Lehrerin am Gymnasium Liestal besuchte sie das Opernstudio in Biel, das zur Hochschule der Künste in Bern gehört. Sie schloss es mit dem Operndiplom für Sopran ab. Mittlerweile hat sich ihre Stimme zum Alt gewandelt.

Auf diesem soliden Fundament lancierte sie dann ihre Karriere. Sie sang in Opern bis 2018. Ihre letzte Rolle hatte sie in «Così fan tutte» am Theater Dornach. Dann widmete sie sich vor allem dem Chanson. Aber warum? «Ich habe im Rahmen eines selbst organisierten Konzerts in Ettingen aus Freude auch ein paar Chansons gesungen. Die haben eingeschlagen und wurden immer wieder gewünscht. Ich habe dann bemerkt, wie sehr die Chansons meiner Emotionalität und meiner Art, zu lieben, entsprechen und mir aus der Seele sprechen. Besonders bei Édith Piaf.»

Nun begann Sylphe eigene Programme zu entwickeln. Bereits sind zwei Chanson-Abende entstanden. Ihre ausdrucksstarke, sinnliche Stimme und ihre Ausstrahlung scheinen wie geschaffen für Chansons. Ihr erstes Soloprogramm hiess «Pure Piaf», dem bald das zweite folgte: «Von Kopf bis Fuss auf Liebe eingestellt». Beide Programme sind diesen Herbst auch wieder im Tabourettli auf dem Programm.

Bereits ist ein drittes Soloprogramm bühnenreif. Es wird «L’autre Piaf» heissen – verborgene Chansons mit Akkordeon- und Klavierbegleitung. Daneben spielte sie aber immer wieder in Musicals. «Ich mag beides», sagt sie, «eigene Programme und Musicalrollen.» Für ihre Interpretation der Piaf im Stück «Spatz und Engel» erhielt sie 2019 in Deutschland den Publikumspreis. In Zürich hatte sie dann im gleichen Stück auch Marlene Dietrich gespielt.

Freischaffende Künstlerin
Ihre wandelbare Kunst erlaubt Sylphe immer wieder, auch in grossen Musicalproduktionen aufzutreten. Nach «Dällebach Kari» tourt sie ab nächsten Frühling mit «Footloose» durch Deutschland, Österreich und die Schweiz. Als freischaffende Künstlerin kommt sie als Sängerin gut durchs Leben. Das ist nicht selbstverständlich, spricht aber für ihre Vielseitigkeit und die Qualität ihrer Arbeit. Ihre gesanglichen Fähigkeiten und ihr schauspielerisches Talent erlauben ihr eine grosse Unabhängigkeit, sodass sie sogar ohne Agentur auskommt. Ein Privileg, zweifellos.

Sylphe beendet ihr Rezital im Tabourettli mit Charles Trenets «Que reste-t-il de nos amours?», allerdings in der sehr freien englischen Fassung «I wish you love». Hier vermag sie das Publikum durch ihre Kunst der Interpretation besonders zu berühren, eine liebende Frau, voller Zärtlichkeit und Sinnlichkeit. Es war ein grosser Abend im Tabourettli. Von Sylphe mit ihren Waldenburger Wurzeln.

Die Édith Piaf mit Waldenburger Wurzeln

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