Kanton und Wirtschaft helfen gemeinsam den Lehrstellensuchenden

Diese Woche ist Lehranfang. Noch sind viele Lehrstellen nicht besetzt. Was können der Kanton und die Wirtschaft zur Verbesserung der Lehrstellensituation tun? Wir haben uns mit Fachleuten aus der Region unterhalten.

Peter C. Müller

Die Berufslehre ist ein guter Einstieg in die Arbeitswelt, und dank des dualen Berufsbildungssystems haben Lehrabgängerinnen und -abgänger viele Karrieremöglichkeiten. Die am häufigsten gewählten Lehrberufe in der Schweiz sind Kaufmann/Kauffrau, Informatiker/in, Detailhandelsfachfrau/mann. Ebenfalls in den Top Ten: medizinische Praxisassistentin, Zeichner, Fachfrau Betreuung, Logistiker, Fachfrau Gesundheit, Mediamatiker, Fachfrau Apotheke.

Der Bedarf an Fachkräften ist in vielen Branchen gross. Doch bleiben viele Lehrstellen unbesetzt. Unternehmer beklagen häufig die «Akademisierung» der Berufsbildung, wodurch die Basis für ihr Fachpersonal immer kleiner wird.

Wie können die Jugendlichen vermehrt zum Beginn einer Lehre bewogen werden? Welche Anstrengungen werden hier vonseiten des Kantons unternommen? Und welche Rolle spielt die Wirtschaft? Die «Volksstimme» hat Marc Scherrer, den stellvertretenden Direktor der Wirtschaftskammer Baselland, und Daniela Schüpbach, die stellvertretende Leiterin der Berufsbildung beim Kanton, dazu befragt.

Laut Schüpbach waren Ende Juli im Baselbiet noch 562 Lehrstellen offen. 1988 Ausbildungsverträge waren abgeschlossen. Die Zahl könne in den kommenden Wochen noch leicht zunehmen. Noch offen sind Lehrstellen unter anderen bei den Elektroinstallateuren, den Fachleuten Gesundheit, den Fachleuten im Detailhandel, den Kaufleuten, den Detailhandels-Assistentinnen sowie den Köchinnen und Köchen. «Es besteht weiterhin ein leichtes Überangebot an Lehrstellen», sagt Schüpbach.

Jugendlichen, die in ihrem Wunschberuf keine Lehrstelle finden, empfehle man, einen verwandten Beruf zu erlernen, für den es noch offene Lehrstellen gebe, so die Berufsbildungs-Expertin. «Wichtig ist, dass die Jugendlichen eine Lehre beginnen und abschliessen. Nach der beruflichen Grundausbildung gibt es sehr viele Weiterbildungsmöglichkeiten, die unabhängig vom erlernten Beruf angestrebt werden können.»

Manchmal gebe es noch «Nachzüglerinnen und Nachzügler», meint Schüpbach: «Doch auch denen wird eine Chance gegeben, wenn noch Bedarf besteht. Sehr viele Lehrstellen konnten noch in den letzten Wochen vor Lehrbeginn besetzt werden.»

Kritik an Schulen
Und was kann die Wirtschaft für eine erfolgreiche Lehrstellensuche tun? Was wird schon heute unternommen? «Eine unserer wichtigsten Aufgaben ist sicherlich die Förderung der Zusammenarbeit zwischen Schule und Wirtschaft», betont Marc Scherrer, bei der Wirtschaftskammer Baselland verantwortlich für die Berufsbildung. Die Schulen würden noch zu oft Entscheidungen treffen, ohne dass dies mit der Wirtschaft oder einem ihrer Verbände abgesprochen sei. «Dadurch geht wichtiges Know-how verloren», erklärt Scherrer.

«Im weiteren sollten Kanton und Wirtschaft die Eltern der Schülerschaft vermehrt miteinbeziehen.» Wirtschaft und Kanton könnten oft nur zusammen etwas erreichen. «Wir sollten zusammen und nicht gegeneinander arbeiten, denn nur gemeinsam können wir bei einer zukunftsträchtigen Ausbildung unserer Jugendlichen erfolgreich sein!» Und was kann oder soll die Wirtschaft in Zukunft zur Förderung einer erfolgreichen Lehrstellensuche unternehmen? «Neben den Schnuppertagen, die auch weiterhin ihre Berechtigung haben, wenn man sich bei der Wahl einer Lehre schon ziemlich sicher ist, braucht es auch niederschwellige Einblicke in die Berufswelt. Hier könnte ich mir ein- oder zweitägige Einblicke in die Praxis vorstellen, die auch kleinere Betriebe bewältigen könnten», sagt Scherrer.

Vom 15. bis 19. November wird es in der St. Jakobshalle in Basel ausserdem eine Neuauflage der Berufsschau geben. «Es wird alles anders», sagt Scherrer, «sie soll frischer, moderner und fokussierter werden.» Auf einer Fläche von 7000 Quadratmetern sind in der Basler St. Jakobshalle etwa 80 Ausstellungsstände zu rund 250 Berufen geplant.

Die Branchen, die von einem Fachkräftemangel betroffen sind, sollen an der Berufsschau besondere Unterstützung erfahren – nicht durch das Etikett «Mangel», sondern durch ein geeignetes Marketing, wie Scherrer anmerkt. Am 18. November ist während der Berufsschau zudem die «Lehrstellen-Tischmesse» vorgesehen, eine Plattform, die den Erstkontakt zwischen Lehrstellensuchenden und Unternehmen ermöglichen soll. Im kommenden Jahr ist ausserdem eine digitale Berufsschau im Haus der Wirtschaft in Pratteln geplant: Branchenvertreterinnen und -vertreter sollen dann vor Ort sein, um Fragen zu beantworten, Informationen zu vermitteln und den Stellenwert einer Berufslehre zu verdeutlichen.

«Noch gibt es offene Lehrstellen!»

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