«Aleppo» bringt authentische syrische Küche nach Liestal

Nahed Razouk betreibt seit Februar dieses Jahres ihr Take-away «Aleppo» in den alten Braulokalitäten des Ziegelhof-Areals. Ein unbeschriebenes Blatt ist die syrische Frau in der Liestaler Gastroszene keinesfalls.

Lisa Zumbrunn

Für viele bedeutet das Ziegelhof-Areal in Liestal ein stadtprägendes Urgestein, das seinen wesentlichen Beitrag für die Kultur, den Genuss und die Identität des Kantonshauptorts beiträgt. Die Hallen der Bierbrauerei, aus welchen sich vor 20 Jahren noch hopfig-malzige Gerüche ins «Stedtli» verbreiteten, sind heute umgenutzt. Jetzt ist dort ein Hauch Syrien zu finden: Seit Februar empfängt Nahed Razouk ihre Gäste im syrischen Takeaway «Aleppo». Mit Köstlichkeiten aus der Küche verzaubert sie die Gäste und bringt ihnen ein Stück ihrer Heimat näher.

Die Geschichte des «Aleppo» ist eng verbunden mit der Geschichte der Inhaberin Nahed, ihrem Mann Ahmad und den drei Söhnen. Die Familie flüchtete vor dem Krieg in Syrien, jedoch zu unterschiedlichen Zeitpunkten. «Dies waren schwierige Jahre», erzählt Razouk. Zuerst sei ihr Mann in die Schweiz gekommen, vier Jahre später sie mit ihrem dreijährigen Sohn. Schnell kommt sie auf die Flucht zu sprechen. Mittels Boot hätten sie die Überfahrt nach Griechenland gewagt. 29 Leute zusammengepfercht, Platz war da keiner mehr übrig. «Ohne Schwimmwesten wären wir alle tot», sagt sie nüchtern. Das Boot sei während der Überfahrt kaputtgegangen.

Razouk und ihr Sohn schafften es jedoch in die Schweiz, nach eineinhalb Jahren kamen auch die älteren zwei Söhne nach. «Wir wussten die ganze Zeit nichts von ihnen und ob sie überhaupt noch leben», beschreibt die Mutter die schwierigen Jahre. 2014 reichte die Familie ihr Asylgesuch in Delémont ein, wo sie stationiert waren. Nahed Razouk wurde schnell aktiv im neuen Wohnort. «Ich wollte arbeiten und nicht von der Sozialhilfe abhängig sein.» So begann sie, auf dem Wochenmarkt syrisches Essen zu verkaufen. Zudem bewarb sie sich an Flohmärkten in der Region um Standplätze. Dies war ein voller Erfolg. «Die Leute waren begeistert von meinem syrischen Essen.»

So kam es, dass sie im Jahr 2016 auf einem Markt im Ziegelhof-Areal ihre Köstlichkeiten verkaufte und von den Arealentwicklerinnen kontaktiert wurde. Diese boten ihr an, in der Meyer-Wiggli-Strasse ein Take-away zu eröffnen. «Das Ziegelhof-Areal hat uns viel geholfen», sagt Razouk heute. Die Syrierin richtete sich im ehemaligen Labor ein, verkaufte weiterhin ihre Spezialitäten und machte gleichzeitig einen Kurs an der Crescenda-Schule in Basel, sodass sie 2017 ihr Take-away eröffnen konnte.

Der Start war aufgrund des Standorts jedoch harzig, denn die Bevölkerung geht fürs Essen hauptsächlich ins «Stedtli». So kam es, dass das «Aleppo» nach nur einem Jahr in eine Lokalität nahe des Törlis umzog, dies jedoch auf befristete Zeit. Optimal war die Situation nicht: Es fehlte eine Küche. So transportierte das Ehepaar Razouk in den vergangenen vier Jahren täglich das im Ziegelhof-Areal gekochte Essen ins «Stedtli», um dieses im dortigen Verkaufslokal anzubieten.

Selbstverständlich frisch gekocht
Nun, seit Januar ist das «Aleppo» wieder zurück in der Küche. Dies, nachdem im Ziegelhof eine Räumlichkeit frei wurde, die sich für die Bewirtung der Gäste eignet. Stolz empfängt die Gastgeberin ihre Kundschaft im selbst eingerichteten Lokal, das mit typisch syrischen Lampen und Accessoires bestückt ist. Hummus, Falafel, Taboulé, diverse Reis- und Gemüsekombinationen und viele weitere syrische Leckereien kocht sie täglich frisch.

Besonderen Wert legt sie auf die Herkunft der Zutaten. Die Kichererbsen und Gewürze stammen direkt aus Syrien, das Gemüse vom Bauern aus Füllinsdorf und Bubendorf. Spezifische Bestellungen gibt die Inhaberin und Köchin nicht auf. «Ich schaue, was der Bauer bringt, und koche damit», erklärt sie. Resten gibts in ihrer Küche nicht.

Aus Grossmutters Küche
Mit Stolz erzählt Nahed Razouk, dass sie im weiteren Familienkreis für ihre guten Speisen bekannt ist. «Kochen gelernt habe ich bei meiner Grossmutter», erzählt sie. Besonders auf die Gewürze komme es an. Auch nach über fünf Jahren «Aleppo» ist der Alltag der Inhaberin hart. Täglich steht sie in der Ziegelhofküche, das Takeaway hat jeden Mittag und an fünf Abenden in der Woche geöffnet. Sie betont, dass ihr viel geholfen wird, ihr Mann Ahmed und viele Leute aus Liestal stehen ihr zur Seite.

Doch das Lokal betreibt sie trotz allem alleine. Neben der einstündigen Pause nach dem Mittag, in der sie einkaufen geht oder den Haushalt macht, verbringt die Syrierin ihre Zeit im Take-away. Trotz der vielen Arbeit schätzt sie ihre Situation und besonders Liestal. «Wir fühlen uns wohl hier, die Leute kennen mich und wir bekommen von allen Seiten Hilfe angeboten», freut sie sich. Nur das Geschäft könnte noch ein wenig besser laufen, denn am Rande vom «Stedtli» kommen nicht mehr so viele Leute essen wie früher. «Mein Traum ist es, genug zum Leben zu verdienen», sagt Nahed. Und fügt an, dass sie gerne einen zweiten Standort in Basel eröffnen würde. Was auch immer die Zukunft bringt, zu gönnen wäre es ihr allemal. Authentisch, schmackhaft und mit viel Herzblut: Das «Aleppo» überzeugt auf ganzer Linie.

Ein Hauch Syrien im «Stedtli»

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