Janis Erne

Eine SMS vom Häfelfinger Dorfplatz aus versenden? Nicht möglich. Weil auf dem Gebiet der 256-Einwohner-Gemeinde keine Mobilfunkantenne installiert ist, fehlt innerorts auch der Handyempfang. Diesen hat man – dank der Masten in den Nachbardörfern – nur ausserhalb des Siedlungsgebiets. Das will die Swisscom ändern: Sie hat vor geraumer Zeit ein Baugesuch für eine Antenne eingereicht; am Donnerstag ist es im Amtsblatt publiziert worden. Dagegen regt sich aber Widerstand.

Der Antennen-Standort sorgt im Dorf für Unmut. Die Swisscom sieht ihn beim alten Schützenhaus vor, rund 130 Meter vom Siedlungsgebiet entfernt. Und nicht, wie von der Bevölkerung und vom Gemeinderat ausdrücklich gewünscht, weiter abseits – am Waldrand bei der «Wannenegg» Richtung Buckten oder beim Reservoir Richtung Bad Ramsach. «Ich habe Mühe damit, dass sich die Swisscom über die Bevölkerung und den Gemeinderat hinwegsetzen will», sagt Gemeindepräsident Rainer Feldmeier. 70 bis 80 Prozent der Bevölkerung würden die Antenne befürworten, nicht aber den gewählten Standort.

Feldmeier hat zwar Verständnis für die Swisscom: Sie müsse nun einmal den Bundesauftrag umsetzen und das Land mit Mobilfunk abdecken. Er ist aber von ihrem «arroganten» Vorgehen irritiert. Bereits bei einem Infoanlass vor zwei Jahren seien die Swisscom-Vertreter «sehr selbstbewusst» aufgetreten. Und nach einer Besprechung mit dem Gemeinderat habe sich das Unternehmen zwei Jahre nicht mehr gemeldet, ehe es vergangenen Mai den Evaluationsbericht zu den möglichen Antennen-Standorten vorlegte und die Gemeinde damit vor vollendete Tatsachen stellte.

Laut diesem Bericht kommt der Standort Reservoir wegen des fehlenden Einverständnisses des Grundeigentümers nicht infrage. Für denjenigen im Wald bräuchte es Ausnahmebewilligungen vom Kanton, «deren Erhalt schwer abzuschätzen ist». Das grössere Problem für die Swisscom ist aber, dass eine Antenne dort das Handynetz in der Umgebung stören könnte. Dies, weil es zu Interferenzen mit umliegenden Antennen kommen würde, sich deren Wellen also überlagern würden. Hingegen sei der Standort beim alten Schützenhaus bestens geeignet. Auf Anfrage präzisiert die Swisscom: «Wegen der Positionierung ist eine geringe Masthöhe ausreichend und der Standort tritt dadurch kaum in Erscheinung.» Die geplante Masthöhe beträgt 10 Meter.

Rechtsgutachten erstellt
Das alte Schützenhaus, der von der Swisscom favorisierte Standort, liegt südlich von Häfelfingen: Zwischen dem Obermattweg mit Einfamilienhäusern sowie einem Bauernhof und dem «Kirschgarten». Dieser besteht aus einer Baumanlage, einer Weide für Lamas und einem Hofgut, das Peter Thommen gehört. Er ist vor rund 20 Jahren ins Häfelfinger Funkloch gezogen, um dem «Technik-Stress» zu entfliehen. Jetzt aber soll ausgerechnet vor seinem Hof eine Handyantenne gebaut werden: 35 Meter würde der Abstand zum Wohngebäude betragen. Entsprechend heftig wehrt er sich dagegen.

Thommen hat von einer Anwaltskanzlei – bei der ein ehemaliger Leiter des basel-städtischen Bauinspektorats arbeitet, wie er betont – ein Gutachten erstellen lassen. Dieses kommt zum Schluss, dass die geplante Antenne beim alten Schützenhaus «unzulässig» und «nicht zonenkonform» sei. Denn: Parzelle 193 liege nicht in der Bauzone, obwohl dies für den Bau einer Antenne erforderlich wäre. Die Anwälte stützen sich dabei auf Bundesgerichtsentscheide. Sie stellen zudem fest: Weil das Schützenhaus nicht mehr als solches benutzt wird, müsste die betroffene Parzelle eigentlich umgezont werden: von der Zone für öffentliche Anlagen und Werke in die Landwirtschaftszone.

Heute übergibt Thommen zusammen mit Mitstreitern der Gemeindeverwaltung «65 bis 80 Unterschriften» gegen den geplante Antennen-Standort. Der Gemeinderat unterstützt das Begehren aus raumplanerischer Sicht, wie Präsident Rainer Feldmeier sagt: «Wir werden beim Kanton eine Bausperre für die betroffene Parzelle beantragen und das Projekt nicht bewilligen, bis die Umzonung erfolgt ist.» Dies dauere wohl anderthalb bis zwei Jahre.

Hilfe im Alltag
Auch wenn es den Eindruck erwecken könnte – die Häfelfinger wehren sich nicht fundamental gegen die geplante Handyantenne. Das zeigte die Konsultativabstimmung vor zwei Jahren, als es darum ging, ob eine 5G-Antenne gebaut werden soll. 26 Personen stimmten damals dafür, 17 dagegen und 21 enthielten sich der Stimme. Auch heute ist im Dorf eine Aufgeschlossenheit gegenüber der Technik zu spüren, wie verschiedene Anfragen zeigen. Opposition gegen 5G ist nur teilweise auszumachen, denn viele Haushalte benutzen bereits Wlan, das ebenfalls Strahlung abgibt.

Christoph Buess, Eigentümer der Parzelle 193 und Verpächter an die Swisscom, sieht im Handynetz eine Verbesserung fürs alltägliche Leben. So sei es heute nicht möglich, sich per SMS ins E-Banking einzuloggen. Von grosser Wichtigkeit sei der Handyempfang auch bei medizinischen Problemen: «Heute kann der Krankenwagen oder der Notarzt von Häfelfingen aus keine Daten nach Liestal ins Kantonsspital schicken.» In jüngerer Vergangenheit war das zwei Mal der Fall: Beim einen Mal erlitt ein Bewohner am Banntag einen Herzinfarkt.

Für Anstösser Peter Thommen zählt dieses Argument nur bedingt: «Eine Minute Fahrzeit entfernt hat man in Rümlingen wieder Empfang.» Solche Extremsituationen als Aufhänger störten die sachliche Debatte, sagt Thommen. Er sorgt sich – neben persönlicher Nachteile wie eine Wertverminderung seines Grundstücks – vor allem wegen der langfristigen Folgen von 5G, «die noch nicht untersucht werden konnten». Solche 5G-Antennen stünden normalerweise auf einem Gebäude oder weiter weg vom Siedlungsgebiet. «Diejenige in Häfelfingen wäre nur 35 Meter von meinem Haus und 11 Meter von der Lama-Weide entfernt.» Den Standort im Wald befürworte er hingegen. Damit steht er exemplarisch für viele Menschen im Dorf: «Handynetz: ja, Antenne beim alten Schützenhaus: nein.»

Widerstand gegen Handyantenne

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