Der neue LVB-Präsident Philipp Loretz strebt nach Kontinuität

Ende März wurde Philipp Loretz zum neuen Präsidenten des Lehrerinnen- und Lehrervereins Baselland gewählt. Als höchster Vertreter der Lehrpersonen strebt er nach Jahren der Reformen nach Kontinuität, sieht aber auch Baustellen im Baselbieter Bildungswesen.

Tobias Gfeller

Die Entscheidung der Delegiertenversammlung fiel Ende März einstimmig aus: Der Seewener Philipp Loretz, der seit 23 Jahren an der Sekundarschule Aesch unterrichtet, soll ab dem kommenden Schuljahr neuer Präsident des Lehrerinnen- und Lehrervereins Baselland (LVB) werden. Der Rückhalt der Basis ist gross. Loretz ist seit acht Jahren Mitglied des LVB-Vorstands und prägte dessen Wirken in dieser Zeit stark mit. Gerade gegen aussen wurde Loretz in den vergangenen Monaten immer mehr zum Gesicht der Lehrpersonen-Gewerkschaft. Dabei machte er sich als starker Kommunikator einen Namen, der stets offen für eine Auskunft und Bedürfnisse aller Art ist. Er sei einer, der gerne auf Menschen zugeht und grundsätzlich für alle ein offenes Ohr hat, sagt der 51-Jährige über sich selber. Das ist ein Charakterzug, der bei der Basis ankommt.

Die Basis der Baselbieter Lehrpersonen hat bewegte Monate und Jahre hinter sich. Zuerst eine Bildungsreform nach der anderen, dann zwei Jahre lang die Schule im Pandemiemodus. Mit den Geflüchteten aus der Ukraine sind die Herausforderungen auch aktuell gross. Philipp Loretz strebt nach Ruhe und Kontinuität. Das sei in der jüngeren Vergangenheit – auch dank des besonnenen Vorgehens von Bildungsdirektorin Monica Gschwind (FDP) – bereits weitgehend erreicht. In enger Zusammenarbeit mit der Bildungsdirektion und den anderen Anspruchsgruppen ist es dem LVB unter anderem gelungen, die «geleitete Lehrmittelfreiheit» einzuführen, womit Lehrpersonen mehr Einfluss und Verantwortung zur Art, wie Lerninhalte vermittelt werden, erhielten.

Was im Fach Französisch begann, setzt sich immer mehr auch in anderen Fächern durch und wirkt sich bereits aus dem Baselbiet auf andere Kantone aus. Philipp Loretz prägte als Vizepräsident des LVB die Erneuerung tatkräftig mit und wurde so auch zum Gesicht der «neuen Freiheit». Sogar die NZZ interessierte sich deshalb für den Sekundarlehrer aus dem Baselbiet.

Wichtige Erneuerungen
Es war dies eine Reform, die so entstand, wie es sich Philipp Loretz vorstellt. Die wichtigen Gremien und Personen arbeiten eng zusammen und suchen eine Lösung, die für alle Seiten stimmt. So sei es im Baselbiet nicht immer gewesen. «Es gab Zeiten, da wurde vom Amt für Volksschulen alles von oben herab bestimmt. Die Lehrpersonen hatten keinen Einfluss darauf.» Loretz steht für Reformen, die Augenmass und im Einklang aller Beteiligten angestossen werden. Erneuerungen seien aber wichtig. Die Baselbieter Schulen dürften keinesfalls stehenbleiben.

Loretz benennt die Herausforderungen, die nun ihn als neuen Präsidenten des Lehrerinnen- und Lehrervereins noch stärker betreffen, dezidiert. Neben der Weiterführung und dem Konsolidieren des Erreichten gehe es darum, das Massnahmenpaket «Zukunft Volksschule» so umzusetzen, dass es im Unterricht die gewollte Wirkung erzielt.

Viel zu tun gebe es auch in der Lesekompetenz. Untersuchungen hätten gezeigt, dass zwischen 15 und 18 Prozent der Jugendlichen nach der 9. Klasse einen «funktionellen Analphabetismus» aufweisen, das heisst, dass sie deutliche Schwächen im «Lesen und Verstehen» haben. Da brauche es Anstrengungen von allen Seiten. Handlungsbedarf gebe es auch beim Lehrpersonenmangel, gerade auf Primarstufe. Der Beruf müsse wieder attraktiver werden, als Erstes mit einer höheren Lohneinreihung. Die im Rahmen der Sparmassnahmen abgesetzte Altersentlastung müsse wieder eingeführt werden, damit der Beruf bis zur Pensionierung attraktiv bleibt, fordert Loretz.

Ein wichtiger Baustein für die Attraktivität des Lehrpersonenberufs ist die Ausbildung. Diese müsse an der Pädagogischen Hochschule (PH) praxisorientierter werden. «Es gibt zu viele Lehrpersonen, die ihren Beruf innerhalb der ersten fünf Jahre aufgeben, weil sie zu wenig auf den praktischen Alltag vorbereitet wurden», mahnt der designierte LVB- Präsident. Loretz fordert, dass ein grosser Teil der Dozierenden an der PH auch mal selbst unterrichtet haben muss.

Mehr als «nur» Lehrer sein
Das Präsidium des Lehrerinnen- und Lehrervereins Baselland ist je nach anstehenden Themen mit 50 bis 60 Stellenprozenten behaftet. Für Philipp Loretz ist es wichtig, dass er weiterhin unterrichtet. Seine Aufgabe in Aesch teilt er sich mit seiner Frau im Jobsharing. «Die Erfahrungen aus dem Unterrichtsgeschehen im Klassenzimmer, von Exkursionen, Schulreisen und Lagern helfen mir in meinem Amt beim LVB», ist Loretz überzeugt.

Der 51-jährige Seewener will aber mehr, als «nur» Lehrer sein. Er will sich für eine «hochstehende» Bildungsqualität einsetzen. «Ich will dafür sorgen, dass man zu den Schülerinnen und Schülern Sorge trägt. Wir dürfen ihnen nicht zu viel aufbürden, gerade auf der Primarstufe. Die Kinder und Jugendlichen sollen in Ruhe arbeiten können. Sie haben nur eine Schulzeit.»

Selber findet Philipp Loretz Ruhe mit der Familie und in der Natur. Ein grosses Hobby ist die Funktechnik, wo er selber Antennen baut und Funkgeräte zusammenlötet. «Elektroingenieur war mal einer meiner Berufswünsche. Doch dafür reichte es mir in Mathe nicht.» Nun funkt Philipp Loretz mit Menschen aus der ganzen Welt. Im Funkklub ist er als Lehrer unter all den Technikern und Handwerkern ein Exot. Nicht so in der Baselbieter Bildungslandschaft. Dort führt künftig kein Weg an Philipp Loretz vorbei.

Ein Mann der Kommunikation

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