Geduldige Waldenburgertaler
09.11.2021 Bezirk Waldenburg, Verkehr, Hölstein
Elmar Gächter
Es ist schon erstaunlich: Da wird von Liestal bis Waldenburg seit Monaten gebaggert, gepfählt, betoniert, geschottert, Krane und Baumaschinen beherrschen das Bild des ganzen Tales, die Strassen sind zeitweise vollgestopft mit Lastwagen und ...
Elmar Gächter
Es ist schon erstaunlich: Da wird von Liestal bis Waldenburg seit Monaten gebaggert, gepfählt, betoniert, geschottert, Krane und Baumaschinen beherrschen das Bild des ganzen Tales, die Strassen sind zeitweise vollgestopft mit Lastwagen und verkehrshemmenden Kleintransportern, die Zirkulation für den privaten Fahrzeugverkehr unterbrochen durch Rotlichtphasen, und doch bleibt der grosse Aufschrei aus.
Dies ist auch das Fazit der vergangenen drei Informationsveranstaltungen in Oberdorf, Niederdorf und Hölstein. Die eine oder andere Kritik gab es zwar, aber meist vermischt mit dem Lob für das gute Projektmanagement dieses Jahrhundertprojektes im Waldenburgertal. Für Fredi Schödler, als stellvertretender Direktor der Baselland Transport AG (BLT) an vorderster Front dafür mitverantwortlich, ist die grosse Akzeptanz nicht selbstverständlich, wie er sagt (siehe «Nachgefragt»).
Einzelne kritische Voten aus der teilnehmenden Bevölkerung waren denn auch am vergangenen Donnerstagabend in der Mehrzweckhalle Hölstein zu hören. So zeigte sich ein Einwohner entsetzt über den massiven Eingriff in die Hangpartien zwischen Hölstein und Lampenberg-Station. Er sprach von einem nicht mehr gutzumachenden Schaden an diesen Schutzgebieten. «Es ist für mich unbegreiflich, dass man gerade hier die Doppelspurstrecke realisiert, wo es am schwierigsten vom Gelände her und baulich am teuersten ist», äusserte er seinen Unmut an den Massnahmen. Diese sind eine Folge des Entscheids des Bundesamts für Umwelt, das eine Verlegung der Frenke wegen der dortigen Grundwasserschutzzone abgelehnt und die BLT zur Alternative des Hanganschnitts veranlasst hat.
Grosse Fortschritte
«Um die Anschlüsse an die SBB-Züge in Liestal optimal sicherstellen zu können, sind wir auf die Doppelspurstrecke in diesem Bereich als eine von insgesamt sechs Kreuzungsstellen – ohne Liestal und Waldenburg – angewiesen», begründete Schödler das Vorhaben. Sein Kollege Reto Rotzler wies auf die verschiedenen ökologischen Ausgleichsmassnahmen hin, unter anderem die Teilrenaturierung der Frenke. Er sprach von einer Gratwanderung, um die verschiedenen Bedürfnisse und Interessen zu befriedigen und trotzdem ein funktionierendes Projekt zu realisieren.
Wer die Strecke talauf und -abwärts regelmässig befährt, staunt über die baulichen Fortschritte. So ist das Gleis zwischen Bad Bubendorf und Altmarkt bereits gelegt, der nächste Abschnitt bis zur Haltestelle Lampenberg-Station folgt bis Ende Jahr (die «Volksstimme» berichtete). Damit auf dieser Strecke ab Sommer 2022 die ersten Fahrzeuge (ohne Fahrgäste) getestet werden können, sind unter anderem die Fahrleitungsmasten zu montieren. 300 Stück sind es laut Reto Rotzler auf der ganzen Strecke. «Zudem legen wir nicht weniger als 180 Kilometer Kabel, unter anderem für die Sicherungsanlagen an den Bahnübergängen sowie die Niederspannungskabel an den Haltestellen.»
Die zehn Multigelenkfahrzeuge sind bestellt, die ersten drei werden im Juli nächsten Jahres ihren Weg von der Produktionsstätte in Valencia in Spanien nach Bubendorf antreten, wo für sie eine Abstellanlage beim Bad Bubendorf bereit sein wird. «Mit der neuen Fahrzeugtechnik bringen wir ein Stück Innovation zurück, wie sie das Waldenburgertal zu Zeiten der Uhrenindustrie und der Firma Straumann weitherum bekannt gemacht hat», ist Fredi Schödler überzeugt. Er sprach dabei vor allem die verschiedenen Assistenzfunktionen an, die den Wagenführer oder die Wagenführerin unterstützen werden.
Bis zum grossen Tag, wenn am 11. Dezember 2022 der Vollbetrieb der neuen Waldenburgerbahn erfolgen wird, werden sich die Verkehrsteilnehmenden weiterhin vor dem einen oder anderen Rotlicht gedulden müssen. «Aber die ‹Task Force Verkehr› mit Vertretern des zuständigen Ingenieurbüros Rapp, dem Tiefbauamt und der Polizei Baselland wird auch künftig sorgfältig prüfen, wie der Verkehr möglichst ohne grosse Behinderungen fliessen kann», versprach Reto Rotzler. Mit Blick auf die nächsten Wochen hielt er fest, dass die Rechtsabbiegespur beim Bad Bubendorf vom 22. bis 28. November ausser Betrieb genommen werden muss. Dies lasse sich leider nicht verhindern.
NACHGEFRAGT | FREDI SCHÖDLER, STV .DIREKTOR BLT
«In der Regel sehr konstruktiv»
Wie war das Bevölkerungsinteresse an den drei kürzlichen Informationsveranstaltungen?
Fredi Schödler: Es waren gut besuchte Anlässe mit je 60 bis 70 Leuten in Oberdorf und Niederdorf sowie eine gute Hundertschaft in Hölstein.
Wie war die Stimmung?
Wir schätzen sehr, welche Akzeptanz wir für dieses Projekt im Waldenburgertal spüren dürfen. Dies ist ganz und gar nicht selbstverständlich. Ich schreibe dies auch unserer Kommunikation zu, unserem Bestreben, auf die Bevölkerung aktiv zuzugehen, ihnen zu erklären, was wir machen, und sie immer wieder auf dem Laufenden zu halten. Dies hat sich bisher bewährt.
Ist es generell so, dass wenig kritische Fragen kommen?
Es ist tatsächlich so, dass uns nur wenige kritische Fragen gestellt werden. Und auch diese erlebe ich in der Regel als sehr konstruktiv, fern jeglicher Polemik. Viele Fragen stellen die Leute, weil sie direkt vom Bau oder vom Baulärm betroffen sind, denn dieser kann schon recht nerven, was wir auch gut verstehen können. Selbstverständlich gehen wir auf alle Probleme ein, können aber nicht immer etwas dagegen machen.
Interview emg.