Schiessen | Zur Geschichte des Schiesswesens in Sissach; Teil 5: Das Pistolenschiessen kommt auf

Die Schützen müssen ihr Land im Sagenacker zugunsten des Autobahnbaus verkaufen. Die Gemeinde baut ihnen dafür die Schiessanlage Limperg. 2006 schliesst sich der Kreis: Die Sissacher Vereine schliessen sich zur Schützengesellschaft Sissach 1822 zusammen.

Ueli Oberli

Die Geschichte des Pistolenschiessens in Sissach beginnt im Schoss der Feldschützengesellschaft und hängt mit der neuen Ordonnanzpistole 1900 und der Bewaffnung der Offiziere und Unteroffiziere zusammen. Ende 1907 wurden mit Pistolen von zwei Unteroffizieren zweimal Probeschiessen durchgeführt, die gut ausfielen. Am 23. Februar 1908 trafen sich eine Anzahl Feldschützen zu einer Sitzung im «Bären».

Die Versammlung leitete der Präsident der Feldschützengesellschaft, Gotthold Widmer, damals Wirt im «Eckstein», dem heutigen Gebäude der «Volksstimme». Auf seinen Antrag, es sei ein Pistolenclub zu gründen, machte sich keine gegenteilige Meinung geltend, sodass die Gründung als beschlossen betrachtet wurde. Es wurde eine fünfgliedrige Kommission eingesetzt mit dem Auftrag, Statuten auszuarbeiten und dieselben dem Verein vorzulegen. Diese wurden an der Vereinssitzung vom 31. März 1908 genehmigt. Im selben Jahr wurden auf ein Inserat in der Schützenzeitung für insgesamt 264 Franken drei alte Pistolen gekauft, dafür wurde ein Darlehen aufgenommen.

An derselben Sitzung wirft Gotthold Widmer die Frage auf, ob es nicht möglich wäre, den Stand des Flobertklubs Sissach gemeinschaftlich mit letzterer Gesellschaft zu benützen. Es wurde aber beschlossen, dass im Stand der Feldschützengesellschaft geschossen werde und dass dazu eine entsprechende Zeigerwehr aufgeworfen werden müsste. Im März 1909 wird Hch. Graf beauftragt, eine transportable Zeigerwehr herzustellen «zum Preise von Fr. 25 bis Fr. 30». Materialverwalter Buser und Schützenmeister Graf werden angewiesen, nach Fertigstellung dieser Zeigerwehr dieselbe auf Undurchdringlichkeit durch Pistolenkugeln zu prüfen.

Diese Zeigerwehr hatte jedoch ein kurzes Leben, sie wurde am kantonalen Gesangfest 1913 zerschlagen und verschwand. Für einige Jahre wurde nun auf zwei Scheiben aus dem 300-m-Stand geschossen, wobei nach jeweils drei Schüssen gezeigt wurde. Am Anfangs- oder Endschiessen wurde immer auch ein Kegelschieben durchgeführt.

«Ein ziemlich unnützes Möbel»
Neben dem Pistolenklub befassten sich auch die Standschützen mit dem Pistolenschiessen. Im Protokoll der Feldschützen vom 15. März 1909 steht geschrieben:

Der Präsident verliest ein Schreiben der hies. Standschützengesellschaft, worin die Bewilligung zur Erstellung eines Revolverstandes nachgesucht wird. Wiedmer Gotthold teilt mit, dass anlässlich der letzten Organisationskomiteesitzung (des Kant. sch’festes, 19. Dez.) deren Vorsitzender, Herr Tschudi, Präs. der Standschützen, offiziell davon geredet habe, die Pistolenschützen von Feld- u. Stand sollten sich zusammentun zu einem gemeinsamen Pistolenklub und gemeinsam den bestehenden Pistolenstand benützen. Widmer glaubt dass die Standschützen wohl gratis den ihnen gehörenden 50m-Stand zur Verfügung stellen werden wenn wir auf eine solche Vereinigung eingehen werden.

Wirz Karl hat sich als Chef des Pistolenschiessens vor dem Kant. Schützenfest veranlasst gesehen den betr. Stand zu inspizieren und ihn in folge des allzuwenigen Gebrauchs in einem Zustand ziemlicher Verwahr losung gefunden. Auf das Fest hin wurde er repariert und um 1 Scheibe erweitert und zwar auf allgemeine Festrechnung sodass heute die Feld schützen ein gewisses Anrecht auf den Stand, resp. die neue 3. Scheibe gel tend machen können. Für die Stand schützen ist dieser Stand ein ziemlich unnützes Möbel, da, wie die Erfah rung der letzten Jahre gezeigt hat, sie ihn höchst selten benützen. Der Pistolenklub dagegen hat sich schon seit einiger Zeit mit dem Gedanken vertraut gemacht dereinst einen ei genen Stand zu erstellen. Bei der gros sen Mitgliederzahl u. der steigenden Schiessfreudigkeit wird bald nichts mehr anderes übrig bleiben. Nun bie tet sich aber ev. Gelegenheit den be stehenden Stand benützen zu können. Um die Sache nicht auf die lange Bank zu schieben schlägt Wirz vor auf die Anregung des Herrn Tschudi einzu gehen u. einige Mitglieder zu bestim men die mit den Standschützen in Unterhandlungen treten sollen.

An der Sitzung vom 6. März 1915 wurden neue Statuten genehmigt, der Name in «Pistolenklub Sissach» geändert und der Passus gestrichen, dass nur Mitglieder der Feldschützen beitreten können. Somit ist dieses Datum das Gründungsdatum des Pistolenklubs. Der Pistolenstand der Standschützen wurde für 5 Franken pro Jahr gemietet. Der an der Sitzung anwesende Präsident der Standschützen, Ernst Bader, sichert zu, dass die notwendigen Ausbesserungsarbeiten bis zum Zeitpunkt, da der Vertrag in Kraft trete, ausgeführt sein werden.

Eine neue Schiessanlage: Limperg
Nach einigen Jahren gab es wegen des Mietvertrags Meinungsverschiedenheiten mit den Standschützen. Diese änderten ihn ohne Verhandlung einseitig ab und verlangten dazu Unterschriften. Zudem sollte der Mietzins von 5 auf 50 Franken pro Jahr erhöht werden. Der Vorstand verhandelte mit dem Schützenhauswirt und holte Offerten für einen eigenen Stand ein. Für den neuen Pistolenstand stellt das Mitglied und zugleich Schützenhauswirt Herr Lüdi das Land im Baurecht gratis zur Verfügung. Im Spätherbst 1922 wird mit dem Bau des Kehrscheibenstandes und
Schiesshütte begonnen, die Baukosten belaufen sich auf etwa 4300 Franken. Darin sind auch die Sonnerieanlage und der Anschluss an das Stromnetz inbegriffen.

Am 31. August 1968 heisst es für alle Schützen «Ende Feuer» im Sagenacker. Der Schiessstand muss der Autobahn weichen. Am 2. September erfolgt der Spatenstich für die neue Schiessanlage Limperg. Das gemeinsame Land der Feld- und Standschützen im Sagenacker muss der Gemeinde für 300 000 Franken verkauft werden, diese erstellt im Gegenzug die Schiessanlage Limperg für etwa 1,5 Millionen Franken. Die Entschädigung vom Kanton für die Anlage im Sagenacker an die Gemeinde betrug 800 000 Franken.

Am 11. Oktober 1969 wird die neue Schiessanlage eingeweiht und dient in den nächsten Jahren Brigadier Emil Lüthy als Vorzeigeobjekt. Mit dem Bau der Anlage erfolgte der erste Schritt zur Zusammenarbeit unter den Vereinen, da weitsichtig auf Zwischenwände verzichtet wurde. Mit diesem Schritt entstand eine offene, grosszügige Anlage, die in Schützenkreisen weitherum beliebt ist.

Der Sissacher Ueli Oberli kennt sich im Schiesswesen aus. Er war während 17 Jahren Kassier und Präsident der ehemaligen Feldschützen Sissach und in den 1960er-Jahren Präsident der Baukommission der Schiessanlage Limperg. Er ist immer noch aktiver Schütze.

Letzter Teil einer fünfteiligen Serie zur Geschichte des Schiesswesens in Sissach. Bisher erschienen: «Schiessen um Hosen und Schürletz» (3. August, Seite 15); Eine ‹Pflanzstätte treuer Bürger›» (9. August, Seite 12); «Von ‹Grütli›-, Frei- und Feldschützen» (15. August, Seite 13); «Wenn Schusslinien Strassen kreuzen» (22. August, Seite 15).

Ein geschlossener Kreis

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