Pascal Breitenstein wagt ein Experiment

ssc. Für viele Bauern stellten die hohen Temperaturen im Sommer eine grosse Herausforderung dar. Der Zeglinger Landwirt Pascal Breitenstein freut sich hingegen auf das mediterrane Klima, das im Zug des Klimawandels dereinst auch in der Region herrschen soll. Nicht wegen der Trockenheit, sondern wegen der Wärme. Er will Trüffel produzieren und wird zu diesem Zweck im kommenden Herbst in Rünenberg 1000 Haselnussbäume pflanzen. Seit einigen Jahren zeichnet sich ein regelrechter Trüffel-Boom ab. Das Angebot in der Schweiz entspricht aber in keiner Weise der Nachfrage. Das will Breitenstein ändern.

«Ein optimaler Sommer für die Trüffel»

Pascal Breitenstein pflanzt 1000 Haselnussbäume, um kostbare Pilze zu ernten

Erklärtes Ziel des Zeglinger Landwirts ist es, aus dem Baselbiet eine Trüffelregion zu machen. Er tut den ersten Schritt und bepflanzt eine 2,6 Hektaren grosse Fläche mit Haselnussbäumen. Deren Wurzeln, ein guter Boden und der Klimawandel sollen dem teuren Pilz zum Durchbruch verhelfen.

Sebastian Schanzer

Es gibt Bauern, die Milchkühe halten, weil es ihre Väter schon getan haben. Und diese Väter hielten Milchkühe, weil es deren Väter schon getan haben. Pascal Breitenstein ist kein Bauer von diesem Schlag. Er will mit dem Hof, den er in gut einem Jahr komplett übernehmen wird, Neuland beschreiten. Der gelernte Schreiner aus Zeglingen wird auf einer Fläche von 2,6 Hektaren 1000 Haselnussbäume setzen und damit die grösste Trüffelplantage der Nordwestschweiz betreiben. Ein Grossprojekt, bei dem Breitenstein kaum auf Erfahrungswerte anderer Produzenten zurückgreifen kann.

Die Périgord-Trüffel werden in Rünenberger Boden wachsen. Kürzlich hat der Kanton sein O.k. zum Bewässerungsteich gegeben, der neben der Zaunanlage im kommenden Februar angelegt werden soll. Die Bäume – es handelt sich nicht um die hierzulande bekannten Sträucher, sondern um Türkische Hasel – sind bereits bestellt. Sie stammen aus Frankreich und Deutschland und sollen nun an der Wurzel mit Pilzsporen präpariert und im kommenden Herbst gepflanzt werden.

Breitenstein stellt sich mit seinem Vorhaben auf Umstände ein, die den meisten Landwirten eher Bauchschmerzen bereiten: den Klimawandel. «Périgord-Trüffel benötigen mediterranes Klima. Sommer wie der vergangene sind, zumindest was die Temperaturen betrifft, optimal», sagt Breitenstein. Kommt hinzu, dass die kalkhaltigen Böden am Jura-Ausläufer eine sehr gute Grundlage für ein Gedeihen der Pilze liefern. «Unsere Region gewinnt mit dem Klimawandel an Attraktivität für die Trüffelproduktion», ist der 30-Jährige überzeugt.

Der Ertrag ist ungewiss
Die traditionellen Produktionsgebiete wie der Piemont in Italien und das Périgord in Frankreich hätten hingegen immer mehr mit der zunehmenden Trockenheit zu kämpfen. Dennoch: In Rünenberg darf sich Breitenstein keineswegs darauf verlassen, dass die schwarzen Knollen auch wirklich wie gewünscht unter der Erde wachsen. «Es ist ein Experiment. Der Ertrag ist möglicherweise gleich null oder er beträgt bis zu einem Kilo pro Baum.» Eine erste Ernte könne in sechs Jahren erfolgen, vielleicht auch erst in zehn Jahren. «Das kann man noch nicht voraussagen», so Breitenstein.

Rund 200 000 Franken kostet die Plantage. Um das auf 40 Jahre angelegte Projekt zu realisieren, können sich Besteller – so nennt Breitenstein seine Kunden – anteilsmässig an den Erstellungs- und Pflegekosten beteiligen. Sie erhalten im Gegenzug zum gleichen Anteil den gesamten Nettoerlös, sobald die Plantage Erträge abwirft. Zudem erhalten die Besteller bei einem jährlichen Event einen Einblick in das Tun des Trüffelbauern. «Ohne das Vertrauen der Besteller wäre ein Projekt in dieser Grössenordnung nicht möglich. Daher ist mir eine ehrliche Kommunikation und eine transparente Umsetzung ein grosses Anliegen», so Breitenstein. «Schon 770 von 1000 Bäumen sind verkauft», sagt er. «Dabei habe ich noch nicht einmal Werbung gemacht.»

Vertrieb in der Region
Breitenstein dürfte davon profitieren, dass die Trüffel derzeit einen regelrechten Boom erlebt. Davon zeugte etwa der erstmals in Liestal veranstaltete Trüffelmarkt, zu dem im Oktober Hunderte Besucher pilgerten, die sich über das Angebot von rund 20 Anbietern und Händlern aus der ganzen Schweiz schlaumachten. Einer der Organisatoren des Markts und Trüffel-Experte, Martin Dürr, hat Breitenstein denn auch inspiriert. «Er hat mir seine Idee vorgestellt, worauf wir probeweise eine kleine Plantage in Wenslingen realisierten», erzählt Breitenstein. Das Interesse von Bekannten am Projekt war derart gross, dass Breitenstein beschloss, etwas Grösseres aufzuziehen. Auch, weil es noch kaum inländische Produzenten gibt und die Nachfrage das Angebot bei Weitem übersteige.

Klar ist für den Oberbaselbieter Bauern allerdings auch, dass er Vermarktung und Vertrieb der Pilze selbst bei ertragreicher Ernte in Eigenregie führen wird. «Wir bleiben regional, beliefern lokale Restaurants und Private. Möglichst wenig Zwischenhandel ist die Devise.»

Haselnüsse als Nebenprodukt
Über den Marktwert der Pilze lassen sich kaum zuverlässige Aussagen machen. «Die Preisentwicklung bei den schwarzen Périgords ist so sprunghaft wie das Wetter», sagt Dürr, der von Gelterkinden aus regionale Trüffel vertreibt. Bei der Burgunder-Trüffel, einer in der Region heimischen Sorte, stieg der Preis im Lauf der vergangenen fünf Jahre mit der Nachfrage langsam, aber stetig. Dieses Jahr wurde er laut Dürr auf Märkten für bis zu 800 Franken pro Kilo angeboten. Périgord-Trüffel werden noch teurer gehandelt, sind allerdings nicht so wertvoll wie die weissen Alba-Trüffel.

Sollte es mit den wertvollen Knollen im Baselbiet nicht auf Anhieb klappen, hat Pascal Breitenstein mit seiner Plantage noch ein Ass im Ärmel. Er kann immer noch seine Haselnüsse verkaufen. Auch deren Produzenten kann man in der Schweiz praktisch an einer Hand abzählen.

Bauer plant Trueffel-Plantage

Image Title

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Ja. Ich benötige ein Abo.

Article

Image Title