Mit «The Wall» endet am Gymnasium eine Ära

aue. Der Theaterkurs des Gymnasiums Liestal zeigt mit «The Wall» etwas, was es so noch nie gab: Eine Fusion von «Pink Floyds» so betitelten Werk und Texten aus Robert Walsers «Jakob von Gunten». Es ist die letzte Inszenierung unter der Leitung von Urs Blindenbacher. Nach 32 Jahren Theaterpädagogik lässt der Deutsch- und Geschichtslehrer die schulischen Mauern hinter sich. Dieser Schritt bedeutet für Blindenbacher jedoch keinesfalls, dass er kulturell nicht weiter Wellen schlagen möchte. Sein neues Projekt «Young Actor’s Lab» steht bereits in den Startlöchern.

32 Jahre Theaterpädagogik

Urs Blindenbachers letzte Inszenierung am Gymnasium steht an

«The Wall», die letzte von Urs Blindenbacher begleitete Inszenierung am Gymnasium Liestal, ist eine Fusion von «Pink Floyds» «The Wall» und Texten aus Robert Walsers «Jakob von Gunten». Eine ehemalige Schülerin hat sich mit dem Theaterkursleiter getroffen.

Anna Uebelhart

Schwungvoll öffnet Urs Blindenbacher die Tür des Lehrerzimmers und fragt überrascht, wieso ich denn nicht einfach reinkomme. Zum Verständnis: Noch vor einem Jahr war ich selbst Schülerin an genau diesem Ort, die Abschlussprüfungen standen mir noch bevor. Das Lehrerzimmer zu betreten, wäre mir damals nicht im Traum in den Sinn gekommen, und auch jetzt erscheint mir die Vorstellung, einfach hineinzuspazieren, absurd. Kaum haben wir uns an einen der willkürlich angeordneten Holztische gesetzt, wird mir aber klar, Blindenbacher begegnet mir auf Augenhöhe. Dass er rund 45 Jahre mehr Erfahrung aufzuweisen hat, lässt er sich nicht anmerken. Im Gegenteil, er wirkt nicht nur offen, sondern auch ehrlich interessiert.

Diese Art ist wahrscheinlich ein Grund, wieso sich der Deutsch- und Geschichtslehrer in den vergangenen 32 Jahren einen Namen in der regionalen Theaterszene machen konnte. Immer und immer wieder hat er es geschafft, aus den jungen Teilnehmerinnen und Teilnehmern seines Theaterkurses das Beste herauszuholen. Dabei sind 48 Inszenierungen mit insgesamt über 25 000 verkauften Tickets und vier Jugendtheaterfestivals in Liestal entstanden. Der Aufwand war bei den einzelnen Inszenierungen jeweils enorm. Blindenbacher ist überzeugt: «Diese Arbeit kann nur mit Herzblut gemacht werden, denn nur ein Teil des Aufwands ist tatsächlich bezahlt.»

Nun könnte man, nach diesem 32-jährigen Prozess, der für den Gym-Lehrer zu Ende geht, meinen, dass der richtige Zeitpunkt für Ruhe und Entspannung gekommen sei. Seine ganz persönliche Erholung hat Blindenbacher für sich aber im Realisieren verschiedener Theaterstücke gefunden. Aus diesem Grund hat er bereits das nächstes Projekt in Aussicht. Das neue Gefäss, das er ab dem kommenden Jahr anbieten will, «Young Actor’s Lab», ist für Blindenbacher eine Möglichkeit, Theaterkurse im ausserschulischen Rahmen weiterzuführen. Für ihn ist es trotz ähnlicher Arbeit ein Neuanfang, denn zum ersten Mal ist er unabhängig von Erwartungsdruck, lästigen Stundenplanzeiten und den Mauern des Gymnasiums.

In der Arbeit mit jungen Schauspielerinnen und Schauspielern sieht er keinen Stressfaktor, im Gegenteil: «Ich fühle mich nicht unter Druck gesetzt. Ob ich das nächsten Sommer, Herbst oder erst 2020 umsetze, weiss ich nicht. Es hängt davon ab, was passieren wird. Wenn nichts passiert, dann passiert nichts.» Seine Vision bei «Young Actor’s Lab» ist es, an ganz aussergewöhnlichen Orten zu inszenieren. Die meisten Aufführungen fanden bisher nämlich in der Aula statt, eine spezielle Umgebung war eher selten: «Einmal haben wir ein Flüchtlingsdrama in der Unterführung des Bahnhofs Liestal gezeigt. Es sah aus wie im Zweiten Weltkrieg und die vorbeifahrenden Züge klangen wie Bombenangriffe. Es war wahnsinnig.» Solche Momente sollen in Zukunft öfter stattfinden können.

Reisen mit Festival-Flair
Einen Ausgleich zur Arbeit als Theaterregisseur bilden für Blindenbacher Kultur- und Musikreisen, die er organisiert, und das Besuchen aufregender, internationaler Festivals. Diese Reisen seien für ihn zwar auch mit Arbeit verbunden, doch 60 Prozent davon empfinde er als erholsam. «Meine Arbeits- und Präsenzfenster werden sich verschieben. Schon jetzt habe ich zehnmal mehr Ruhe als noch vor einem Jahr, weil ich kaum mehr unterrichte.»

Das letzte Theaterprojekt, das der Profi am Gymnasium Liestal erarbeitet, basiert auf «Pink Floyds «The Wall». Im Drehbuch steht lediglich eine einzige, kurze Sequenz geschrieben, der Rest ist gezeichnet. Zusammen mit den Lehrpersonen Lukas Bothe und Michael Bürgin hat Blindenbacher aber eine Lösung gefunden, «The Wall» auf die Bühne zu bringen – mit Texten aus Robert Walsers «Jakob von Gunten», musikalischer Begleitung und einem aussergewöhnlichen Bühnenbild. Wie und ob innere und äussere Mauern überwunden werden, zeigt sich an der Premiere am 24. November und an den folgenden drei Abenden in der Aula des Gymnasiums Liestal.

Ein letztes Mal Blindenbacher

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