Landrat stützt Gegenvorschlag zur Wohnkosten-Initiative
31.05.2018 Baselbiet, PolitikEinen definitiven Entscheid fällt der Landrat indes erst in der zweiten Lesung der Änderungen des Gesetzes über die Staats- und Gemeindesteuern. In der ersten Lesung am Donnerstag sprach sich einzig die SP-Fraktion gegen die Änderungen aus.
Die SP lehnt sowohl den Gegenvorschlag als auch die Initiative ab. Es werde weiterhin alles unternommen, um die Eigenmietwerte im Baselbiet tief zu halten, sagte ein Fraktionssprecher. Es sei zudem unklar, ob diese so vor Bundesgericht standhalten werden.
Die übrigen Fraktionen sprachen sich grundsätzlich für den Kommissionsvorschlag aus. Dieser wurde etwa von Grüne/EVP-Fraktion als «fairen Kompromiss» bezeichnet. Die Initiative schiesse dagegen weit über das Ziel heraus.
Ebenfalls hinter den Kompromissvorschlag der Kommission stellten sich CVP/BDP-Fraktion sowie die Fraktion von GLP/G-U - letztere gemäss einem Fraktionssprecher jedoch mit «wenig Freude».
Für die 2017 vom Bundesgericht monierten Mängel seien mit dem Gegenvorschlag Lösungen gefunden, sagte ein FDP-Sprecher. In den letzten Jahren seien den Hauseigentümern grosse Mehrkosten entstanden. Die SVP stellte sich grossmehrheitlich hinter den Kommissionsvorschlag. Einige Personen liessen sich indes die Option zugunsten der Initiative offen, sagte ein Fraktionssprecher.
Mindestansatz bei 60 Prozent
Mit den Gesetzesänderungen soll eine bundesrechtskompatible Neuregelung der Baselbieter Eigenmietwert-Besteuerung erreicht werden, ohne Wohneigentümer mit ungewollten Mehrkosten zu belasten. Die Höhe des Eigenmietwertes soll beim bundesrechtlichen Mindestansatz von 60 Prozent des Marktmietwertes bleiben. Auf diese soll ein unzulässiger Wert gegebenenfalls erhöht werden.
Der Landrat will so im Wesentlichen wie die Initiative beim bisherigen Ansatz bleiben. Die Regierung hatte ein Zielband von 60 bis 65 Prozent vorgeschlagen. Die Marktverhältnisse sollen alle sechs Jahre mit einer repräsentativen Erhebung gecheckt werden.
Die Unterhaltsabzüge für über zehnjährigen Gebäude soll gemäss Kommissionsvorschlag auf 25 und für jüngere auf 20 Prozent festgelegt werden. Heute sind es 24 und 12 Prozent; die Initiative will die Abzüge auf 28 und 18 Prozent erhöhen. Angepasst werden soll zudem der Steuerabzug für ein privates Arbeitszimmer.
Antrag auf Rückwirkung per 2016 gescheitert
Anders als es die Initiative verlangt, sollen die meisten Paragrafen gemäss Kommissionsvorschlag nicht rückwirkend per Jahresbeginn 2016, sondern per Anfang 2018 in Kraft gesetzt werden. Mit einem Termin über zwei Jahre zurück wäre der administrative Aufwand für Kanton und Gemeinden «nicht vertretbar», hatte die Finanzkommission begründet.
Den Antrag eines SVP-Landrats, trotzdem eine Rückwirkung per Anfang 2016 festzulegen, lehnte das Parlament mit 58 zu 24 Stimmen bei 3 Enthaltungen ab. Die FDP etwa stellte sich gegen den Antrag, weil dadurch eine lange Zeit der Rechtsunsicherheit entstehen könnte - wegen entsprechenden Klagen.
Reaktion auf Bundesgerichtsentscheid
Sowohl die Wohnkosten-Initiative eines bürgerlichen Komitees um Wirtschaftskammer-Direktor und FDP-Landrat Christoph Buser als auch der Gegenvorschlag reagieren auf ein Urteil des Bundesgerichts. Dieses hatte im Januar 2017 nach einer Beschwerde des Mieterinnen- und Mieterverbands die Berechnung des Eigenmietwerts im Kanton als verfassungswidrig taxiert.
Das Bundesrecht gibt vor, dass die Eigenmietwerte mit den kantonalen Steuerregelungen generell nicht unter 60 Prozent der jeweiligen Marktmiete liegen dürfen. Gemäss dem Urteil des Bundesgerichts fielen die Werte im Baselbiet zu oft zu tief aus, was zu einer Besserstellung von Wohneigentümern gegenüber Mietern führte.
Der Landrat hatte die neue Ermittlung des Eigenmietwerts im März 2015 im Rahmen einer Revision des Steuergesetzes verabschiedet und per Anfang 2016 in Kraft gesetzt. Gleichzeitig waren die Pauschalabzüge für den Unterhalt einer Liegenschaft auf 12 beziehungsweise 24 Prozent gesenkt worden.
Unterhaltsabzug und Eigenmietwert sind Teile desselben Ausgleichssystems. Weil das Bundesgericht nur die Bestimmungen zum Eigenmietwert aufhob, käme es ohne erneute Anpassungen für Wohneigentümerinnen und Wohneigentümer zu einer Steuererhöhung. (sda.)