Geplante Überbauung nicht möglich
26.09.2024 Bezirk LiestalErfolg für den Heimatschutz vor dem Bundesgericht: Die Stadt Liestal und die Investoren dürfen das schützenswerte Verwaltungsgebäude auf dem Areal der ehemaligen Sprengstofffabrik Cheddite nicht abreissen. Die geplante Wohnüberbauung ist vom Tisch.
Janis Erne
Die Stadt Liestal und eine Investorengruppe können die geplante Überbauung mit vier Mehrfamilienhäusern und insgesamt 89 Wohnungen auf dem Cheddite-Areal an der Grenze zu Lausen nicht realisieren. Das Bundesgericht hat einen Entscheid des Kantonsgerichts vom November 2022 bestätigt, wonach der Cheddite-Quartierplan ungültig ist. Das schriftliche Urteil des Bundesgerichts datiert vom 15. August und wurde gestern Mittwoch dem Präsidenten des Baselbieter Heimatschutzes, Ruedi Riesen, zugestellt.
Das Bundesgericht stützte das Urteil des Kantonsgerichts in allen Punkten: Die Vorinstanz sei zu Recht zum Schluss gekommen, dass der von der Stadt Liestal vorgesehene Quartierplan unausgewogen und die Interessenabwägung fehlerhaft vorgenommen worden sei. Konkret ging es um die Frage, was höher zu gewichten ist: die räumliche Verdichtung Liestals oder der Denkmal- und Heimatschutz.
Auf dem Areal der ehemaligen Sprengstofffabrik Cheddite zwischen Windental und Ergolz respektive A22 stehen noch mehrere Gebäude älteren Datums. Ein Gutachter hat 2020 sechs davon als kommunal schützenswert eingestuft, zwei davon liegen im Perimeter der geplanten Wohnüberbauung: das ehemalige Verwaltungs- und Wohngebaude sowie das Transformatorenhaus.
Während der Heimatschutz auf dem Erhalt beider Gebäude bestand, wollten die Stadt Liestal und die Investoren das Verwaltungs- und Wohngebäude abbrechen lassen. Das Bundesgericht hat nun im Sinne des Heimatschutzes entschieden: Es bestätigte die Auffassung des Kantonsgerichts, wonach die Schutzwürdigkeit nur gegeben ist, wenn die Gebäude als Ensemble erhalten bleiben. Gegen diese Auffassung hatten sich die Stadt Liestal und die Investorengruppe gewehrt.
Weniger Wohnungen möglich
Das Bundesgericht schreibt im Urteil: «Das Gutachten hält zusammenfassend fest, die Cheddite-Fabrik sei ein wesentlicher Teil der Liestaler Ortsgeschichte sowie der Industriegeschichte im Kanton Baselland.» Und weiter: «Gemäss gutachterlicher Einschätzung liegt der besondere Zeugenwert weniger in den Qualitäten der einzelnen Gebäude, sondern vielmehr in ihrem Zusammenwirken als Ensemble. Davon hätte die Stadt Liestal nicht ohne triftigen Grund abweichen dürfen.»
Zumal eine Überbauung laut Bundesgericht auch ohne den Abbruch des schützenswerten Verwaltungsund Wohngebäudes möglich wäre. Zwar würden dann weniger Wohnungen entstehen, aber die Stadt Liestal und die Investoren konnten den Bundesrichtern nicht überzeugend darlegen, weshalb dies wirtschaftlich unrentabel wäre. Zudem sei eine räumliche Verdichtung auch mit einer kleineren Überbauung möglich, so das Bundesgericht in seinen Ausführungen.
Für die Stadt Liestal ist das Urteil eine herbe Niederlage. Eine mögliche Überbauung verzögert sich nun und muss wohl redimensioniert werden. Stadtpräsident Daniel Spinnler war gestern Nachmittag für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Wie es auf dem Cheditte-Areal weitergeht, bleibt damit vorerst offen.
Klar ist: Mit dem Bundesgerichtsentscheid geht ein jahrelanger Rechtsstreit zu Ende. Der Baselbieter Heimatschutz hatte sich bereits gegen den Cheddite-Quartierplan gewehrt, nachdem dieser 2017 erstmals vom Liestaler Einwohnerrat genehmigt worden war.
Trotz jahrelangem Engagement will Heimatschutz-Präsident Ruedi Riesen nun nicht von einem Sieg sprechen. «Natürlich sind wir froh, dass das Bundesgericht in unserem Sinne entschieden hat und die historisch bedeutsamen Gebäude stehen bleiben. Aber wir waren immer an einem Kompromiss mit der Bauherrschaft interessiert», sagt er. Leider seien die Stadt Liestal und die Investorengruppe an einem solchen nicht interessiert gewesen.
Während man sich in Liestal wieder auf Feld eins befindet und eine Überbauung in weiter Ferne scheint, ist auf dem Teil des Cheddite-Areals, der auf Lausner Boden liegt, bereits eine Überbauung entstanden. Seit 2020 gibt es dort Wohnungen.