Gemeinderat gerät unter Druck
21.11.2024 WaldenburgSeit geraumer Zeit kämpft Waldenburg mit finanziellen Problemen. Jetzt fordert ein Einwohner Sparmassnahmen: Der Gemeinderat soll auf drei Mitglieder reduziert werden und weniger Geld ausgeben dürfen. Der Rat sieht in den Vorschlägen grosse Nachteile.
Janis Erne
Daniel Tschopp, Einwohner und Vizepräsident der kommunalen Rechnungs- und Geschäftsprüfungskommission, sorgt sich um die angespannte Finanzlage in Waldenburg. Der 71-Jährige ortet ein Ausgabenproblem im Gemeindebudget. «Wir müssen sparen, sonst werden wir früher oder später gezwungen, die Steuern zu erhöhen», sagt er im Gespräch mit der «Volksstimme». Auf der Ausgabenseite gebe es durchaus Spielraum, so Tschopp, der von Beruf Treuhänder ist.
Er selbst hat zwei konkrete Sparvorschläge ausgearbeitet. Sie werden als Anträge an der Gemeindeversammlung vom 2. Dezember behandelt. Tschopp will nicht nur den Gemeinderat von fünf auf drei Mitglieder verkleinern. Er fordert auch eine Beschränkung der Finanzkompetenz des Gemeinderats.
In den Unterlagen zur Gemeindeversammlung spricht Tschopp von einer «Delegationskultur» im Gemeinderat. Einige Mitglieder würden zunehmend externe, kostenpflichtige Fachleute oder die Verwaltung zur Beratung ihrer Sachgeschäfte beiziehen und diese nur noch beschränkt selber bearbeiten. Das sei stossend, findet Tschopp.
Der Gemeinderat widerspricht der Darstellung nicht, wonach vermehrt auf externe Beratung zurückgegriffen werde. Er weist in den Unterlagen zur Versammlung Anfang Dezember jedoch darauf hin, dass eine Verkleinerung des Gremiums verschiedene Nachteile mit sich bringen würde. Mit drei Gemeinderäten würden sowohl die Räte selbst als auch die Verwaltung stärker belastet. «Der deutliche Mehraufwand wäre schwer leistbar.» Die Abwicklung der Geschäfte würde sich wohl verlangsamen, heisst es weiter.
«Das ist Angstmacherei»
Zudem weist der Gemeinderat darauf hin, dass alle Gemeinden mit einer ähnlichen Einwohnerzahl wie Waldenburg (1170) eine Exekutive mit mindestens fünf Mitgliedern haben. Damit sei eine breitere demokratische Entscheidungsfindung gewährleistet als mit drei Mitgliedern. Fünf Personen würden zudem mehr Wissen und Erfahrung in das Gremium einbringen als drei. Der Gemeinderat empfiehlt den Einwohnern daher, den Antrag für nicht erheblich zu erklären.
Daniel Tschopp überzeugen die Argumente des Gemeinderats nicht. Für ihn ist nach wie vor klar: «Für eine kleine Gemeinde wie Waldenburg sind drei Gemeinderatsmitglieder ohne Zweifel genügend.» Zumal bereits heute regelmässig externe Fachleute beigezogen würden. Die vom Gemeinderat geäusserte Befürchtung, die Geschäfte könnten sich verzögern, bezeichnet Tschopp als Ausrede und Angstmacherei. Denn: «Schon jetzt verzögern sich die Geschäfte.» Jüngstes Beispiel sei das Strassenreglement, das auf sich warten lasse. Tschopp sieht in der Verkleinerung des Gemeinderats ein Sparpotenzial von jährlich rund 34 000 Franken.
Weiter schlägt er vor, die Finanzkompetenz des Gemeinderats stärker zu begrenzen. Bei den ausserhalb des Gemeindebudgets beschlossenen Sondervorlagen fordert Tschopp eine Halbierung der Limite. Neu soll der Gemeinderat Kredite, die 75 000 Franken übersteigen, der Gemeindeversammlung vorlegen müssen. Bisher lag diese Grenze bei 150 000 Franken. Zudem soll der Gemeinderat für einmalige Ausgaben nur noch maximal 15 000 statt 25 000 Franken und für das ganze Jahr 90 000 statt 150 000 Franken in eigener Kompetenz ausgeben dürfen. Mit dem stärkeren Einbezug der Gemeindeversammlung solle gewährleistet werden, dass die Ausgaben sorgsamer und ausgewogener getätigt werden, so Tschopp.
Volksabstimmung wäre nötig
Der Gemeinderat um Präsidentin Andrea Sulzer sieht die vorgeschlagene Einschränkung seiner Finanzkompetenz kritisch. Gemeinderat und Verwaltung würden dadurch in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt. Manchmal müsse der Gemeinderat schnell handeln, um gute Angebote annehmen und Einsparungen erzielen zu können. Zum Beispiel, wenn eine grosse Menge Kies oder Mergel von einer Baustelle zu einem reduzierten Preis übernommen werden könne.
Daniel Tschopp schmunzelt über dieses Argument: «Sollte die Grenze für einmalige Ausgaben auf 15 000 Franken hinuntergesetzt werden, könnte noch immer sehr viel Kies und Mergel angeschafft werden …» Für dringende Fälle wie einen Wasserleitungsbruch gebe es zudem das Notrecht, so Tschopp. Und dass die Gemeindeversammlung künftig mit Kreditgeschäften überladen werden könnte, glaubt er nicht: «Heute werden Versammlungen mangels Traktanden teilweise abgesagt.»
Ob seine Vorschläge eine Chance haben werden, wird sich zeigen. Klar ist: Stimmt die Gemeindeversammlung einem Antrag zu, muss der Gemeinderat dazu eine Vorlage ausarbeiten und diese der Versammlung zur Abstimmung vorlegen. Kommt es auch hier zu einem Ja, ist eine Urnenabstimmung nötig – das letzte Wort hätte also die Bevölkerung.
Ein dritter Antrag
je. Daniel Tschopp beantragt auch eine Änderung der Protokollpraxis bei Gemeindeversammlungen. Er will, dass künftig das detaillierte Versammlungsprotokoll auf der Website der Gemeinde veröffentlicht wird – so, wie es die Gemeinde Hölstein handhabt. Dies würde die Einsichtnahme für Berufstätige erleichtern, begründet Tschopp. Heute ist nur das Beschlussprotokoll online, das ausführliche Protokoll mit Voten und Anträgen kann bei der Gemeindeverwaltung eingesehen werden.
Der Gemeinderat lehnt die Anpassung mit Verweis auf den Datenschutz ab. Er weist darauf hin, dass das detaillierte Protokoll nach Voranmeldung auch ausserhalb der Öffnungszeiten der Gemeindeverwaltung eingesehen werden könne.