Gekommen, um zu bleiben

  24.05.2024 Zunzgen

Konzert zum 10-jährigen Bestehen der «Silverhorns»

Vor zehn Jahren suchte Musiklehrer Thomas Heid für ein Projekt Pensionärinnen und Pensionäre, die das Saxofon spielen lernen wollten. Das Interesse war überwältigend: Der grösste Teil des Ensembles ist noch heute dabei. Morgen zeigen sie ihr Können am grossen Jubiläumskonzert in der Mehrzweckhalle Zunzgen.

Brigitte Keller

Es wurde und wird geübt, was das Zeug hält. Die Nervosität steigt, denn es wird eine grosse Sache. Das Konzert der «Silverhorns» findet denn auch in der Zunzger Mehrzweckhalle anstatt im Gemeindesaal statt, denn die Musikerinnen und Musiker unter der Leitung von Thomas Heid rechnen mit mehr Besucherinnen und Besuchern als üblich. Die Gäste dürfen sich auf einen Abend freuen mit teils neuen Stücken und teils Stücken aus vergangenen Jahren, zu denen Heid die eine oder andere Anekdote erzählen wird. Und dann gibt es auch noch eine weitere Überraschung, die an dieser Stelle noch nicht verraten wird.

Geprobt wird normalerweise im Gemeindesaal Zunzgen und – wenn es auf ein Konzert zugeht und zweimal die Woche geprobt wird – ausnahmsweise auch mal in der Musikschule Sissach, dem Arbeitsplatz von Musiklehrer Heid. Die Seniorinnen und Senioren kommen gerne und freudig aufgeregt in die Probe. Einer kommt an diesem Freitagvormittag, vier Wochen vor dem Konzert, nach längerem gesundheitlichem Unterbruch zum ersten Mal wieder, denn er will unbedingt beim Jubiläumskonzert dabei sein. Ein anderer muss sich gerade etwas schonen, kommt trotzdem zum Zuhören in die Probestunde.

Fast nicht zu bremsen
An diesem Probevormittag soll einmal das ganze Programm durchgespielt werden. Nach kurzem Geplänkel und ein paar lustigen Sprüchen geht es an die Arbeit. Zuerst zum Einspielen die Tonleiter und dann das Kommando für das erste Stück. Dirigent Heid treibt die Damen und Herren zu Höchstleistungen an. Verbesserungsvorschläge bringt er immer nett formuliert oder gar humorvoll an. So wird auch seine Erinnerung daran, auf der Bühne immer ein möglichst strahlendes Gesicht zu zeigen – «Es ist Showtime!» – mit Gelächter quittiert.

«Alle kommen, weil sie kommen wollen – nicht müssen», sagt Heid. «Sie verschieben Arzttermine oder ganze Operationen, um dabei sein zu können.» Sie seien fast nicht zu bremsen. Manche nähmen ihr Instrument sogar mit in die Ferien und fragen schon im Voraus in den Hotels an, ob es einen Raum zum Üben habe. So viel Einsatz sieht Musiklehrer Heid bei seiner jungen Klientel etwas seltener.

Und wie hat das alles begonnen? Thomas Heid machte damals eine Zusatzausbildung zum Musikgeragogen (musikalische Bildung für Seniorinnen und Senioren). Für seine Abschlussarbeit suchte er mittels Inserat Anfängerinnen und Anfänger im Pensionsalter, die Zeit und Lust hätten, das Saxofonspielen zu erlernen. Dieses Inserat löste dann ein grosses Echo aus. Der erste Anruf kam von einer Tochter, deren Vater sich nicht traute, selber anzurufen. Viele weitere Telefonate und Kennenlernbesuche folgten.

Kurze Zeit später fanden sich rund 25 Leute zusammen, um am Projekt mitzuwirken. Was folgte, ist längst Geschichte. Aus dem befristeten Projekt wurde etwas Dauerhaftes: die «Silverhorns». Ein grosser Teil des aktuellen Ensembles ist seit Beginn dabei. In einem Zeitungsbericht erwähnte Heid kurze Zeit später, dass, falls im unteren Kantonsteil auch Interesse bestünde, er sich eine zweite Gruppe durchaus vorstellen könnte. Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe; es war die Geburtsstunde der «Grienhorns», eine Gruppe mit gut 50 Mitgliedern. Treten die beiden Orchester zusammen in Aktion, sind sie wahrlich eine aussergewöhnliche Formation, wenn nicht gar eine einzigartige in ganz Europa.

Weitere Anfängerinnen und Anfänger kann Heid längst nicht mehr aufnehmen, da er komplett ausgelastet ist. An der Musikschule Muttenz gibt es aber nun neu ein sehr ähnliches Projekt mit dem Namen «Redsax», dem Heid mit Rat und Tat beim Aufbau behilflich war und wo er jetzt als Schirmherr amtet.

Noch ein runder Geburtstag
Dieses Jahr feiert Heid neben dem zehnjährigen Bestehen der «Silverhorns» auch noch seinen 60. Geburtstag. Dafür schenkte er sich selber einen Auftritt in der Pauluskirche in Basel. Die Lust war gross, neben dem ganzen Unterrichten selber einmal wieder als Musiker auf der Bühne zu stehen. Er ist Teil einer Jazzband, bestehend aus einem Quartett, die nun wieder vermehrt auftreten möchte. Zudem ist Heid nach wie vor Teil eines Dudelsack-Trios, mit dem er vor Jahren sogar in Schottland einen Wettbewerb gewonnen hatte.

Ein paar Orchestermitglieder machen sich bereits Sorgen, dass Heid in ein paar Jahren, wenn er selber in Pension geht, bei den «Silverhorns» und «Grienhorns» aufhören könnte. Aber da kann er sie beruhigen, denn so rund zehn Jahre möchte er gerne noch weitermachen. «Erst wenn meine Seniorschüler dereinst jünger sind als ich, habe ich den Moment zum Aufhören wohl verpasst.»

«Silverhorns» – Konzert zum 10-jährigen Bestehen, Samstag, 25. Mai, 19.30 Uhr, Mehrzweckhalle Zunzgen.


NACHGEFRAGT

Drei Orchester-Mitglieder erzählen, wie sie Teil der «Silverhorns» wurden

Madeleine Veith, 81, Titterten, pensionierte Lehrerin; Alt-Saxofon

«70, genau der richtige Zeitpunkt, um etwas Neues anzufangen», dachte sich Madeleine Veith vor zehn Jahren. Dass sie nach zehn Jahren immer noch dabei sei, erstaune sie selber am meisten. «Ich bin sonst nicht so eine ‹Durehalti›, doch die Stunden hier sind so toll.» Noch kein einziges Mal in den vergangenen zehn Jahren habe sie auf die Uhr geschaut, anders als bei früheren Musikstunden. «Thomas macht es so gut; auch wenn wir zwischendurch danebengreifen.» Sie gehe immer mit grosser Zufriedenheit nach Hause. Aus dem Kreis der «Silverhorns» seien längst neue gute Freunde dazugekommen.

Peter Guler, 72, Itingen, pensionierter Maschinen-Ing.; Bariton-Saxofon

Auf das Inserat hingewiesen hatte Peter Guler vor zehn Jahren seine Frau. Sie hatte gewusst, dass er länger etwas in der Art suchte. «Jazz ist schon immer meine Liebe gewesen, aber einfach als Zuhörer. Seit mehr als 30 Jahren pfeife ich an der Fasnacht, aber am Saxofon bin ich vor zehn Jahren als Anfänger gestartet.» Thomas Heid kannte er, weil sein Sohn bei ihm im Musikunterricht war. «Mir gefällt alles, ganz besonders der soziale Zusammenhalt. Und mit Thomas haben wir unheimliches Glück; wie er stets ein Ziel vorgibt und uns im guten Sinne antreibt, ist sehr befriedigend.»

Ruedi Schwob, 76, Sissach, pensionierter Chemiker; Tenor-Saxofon

«Damals in der Primarschule hatte ich Klavierstunden, es verleidete mir aber – wegen ‹Bach› – und ich hörte auf. Danach kaufte ich mir eine elektronische Orgel und heute habe ich noch ein Keyboard zu Hause.» Gespielt habe er aber nur zur eigenen Unterhaltung, nicht vor Publikum. «Das Saxofon ist ein Instrument, das mich schon immer interessiert hat, vom Ton her. Als ich dann das Inserat gesehen habe, dachte ich mir: ‹Das ist jetzt meine Chance.›» Zusammen mit anderen in einem Ensemble spielen zu können, gefällt Ruedi Schwob sehr. «Wir sind eine tolle Truppe und es ist immer etwas Spezielles.»


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