Fasten und Lebensfreude
20.03.2025 ZiefenFredy Dinkel, Landrat Grüne, Ziefen
Nun ist die Fasnacht 2025 bereits Geschichte. Auch dieses Jahr haben mich die Kreativität und Lebendigkeit beeindruckt. Dabei waren die Laternen ein Highlight – mit ihrer künstlerischen Qualität und dem oft tiefgründigen Hinterfragen aktueller Ereignisse. Angesichts der globalen Lage gab es auch viele düstere Sujets. Die Themen waren mir nicht fremd, doch die Bilder und die dazugehörigen «Ladärne-Värsli» hatten eine solche Kraft, dass sie mich nachdenklich stimmten. So liessen mich die Bilder über den Vormarsch der Autokratien mit gemischten Gefühlen zurück.
Einerseits bleibt angesichts der weltweiten Entwicklungen ein Gefühl der Ohnmacht. Andererseits verspüre ich eine Dankbarkeit für unsere Demokratie und die Notwendigkeit, dazu Sorge zu tragen, indem man sie mitträgt. Es ist so einfach, vermeintliche Schuldige für all das zu suchen, was nicht so läuft, wie man es sich wünscht – seien es Politiker, die Wirtschaft, Migranten oder sonst eine Gruppierung. Viel anspruchsvoller ist es hingegen, selbst Verantwortung zu über- nehmen – auch mit dem Risiko, Fehler zu machen.
Nach der bunten Fasnacht beginnt in der christlichen Tradition nun die Fastenzeit. Eine Zeit der Besinnung, des Inne- haltens, des Hinterfragens der Alltagshektik – so habe ich es als Kind von meinen Eltern mitbekommen. Heute scheint diese Tradition kaum noch von Bedeutung. In den Läden steht längst die nächste Welle des Konsums bereit: Osterhasen und Schokoladeneier. Fasten hat bei uns eher den negativen Anstrich des Verzichts.
Während meiner Zeit in Jordanien, wo ich vor einigen Jahren an Projekten gearbeitet habe, erlebte ich den Ramadan auf eine ganz andere Weise. Die meisten hielten sich an das strenge Fastengebot, von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang nichts zu essen und zu trinken. Die meisten, mit denen ich zu tun hatte, haben sich auf diese Fastenzeit gefreut. Sie haben es als Gelegenheit erlebt, sich selbst etwas Gutes zu tun. Am Morgen wurde gearbeitet, am Nachmittag wurde es ruhiger – Zeit für einen Spaziergang, zum Nachdenken, für Gebete oder zur Entspannung. Abends kam man mit Familie und Freunden zusammen, um das Fasten gemeinsam zu brechen.
Wenn ich das mit unserer westlichen Art des Fastens vergleiche, fällt mir ein deutlicher Unterschied auf. Klar, es gibt auch hier Menschen, die diese Zeit des Fastens als Chance nutzen, vergleichbar mit dem, was ich in Jordanien erlebt habe. Doch oft geht es bei uns beim Fasten um Schlanksein und Gesundheit. Natürlich ist Gesundheit wichtig und Fasten kann dazu beitragen. Doch manchmal frage ich mich, ob der Druck, ständig etwas für die Gesundheit tun zu müssen – von der Überwachungs-App der Körperfunktionen über Fitnessprogramme bis hin zu strikten Ernährungsplänen – am Ende nicht mehr schadet als nützt.
Vielleicht wäre eine absichtslose Auszeit gesünder und würde zu mehr Lebensfreude führen. Diese ist gerade in kritischen Zeiten essenziell. Sie gibt die Energie, die wir brauchen, um Herausforderungen zu begegnen und dem Negativen etwas Positives entgegenzusetzen. In dem Sinne wünsche ich ihnen eine freudige Fastenzeit.
In der «Carte blanche» äussern sich Oberbaselbieter National- und Landratsmitglieder sowie Vertreterinnen und Vertreter der Gemeindebehörden zu einem selbst gewählten Thema.