«Die Kombi aus Rosa und Leopardenmuster ist Perfektion»

  05.12.2024 Läufelfingen

Schon ihr ganzes Leben lang liebt Melanie Grauwiler Rosa, Kitsch und Plüsch. 2023 liess sie sich mit ihrem Mann Andreas Murer in Läufelfingen nieder und erfüllte sich mit der Einrichtung ihres Hauses einen Lebenstraum. Trotz der Extravaganz legt das Paar Wert auf Qualität und Nachhaltigkeit und stellt viele Möbel selbst her.

Luana Güntert

Es ist kurz nach Einbruch der Dunkelheit, und das kleine Haus an der Läufelfinger Eptingerstrasse leuchtet wie ein rosarotes amerikanisches Weihnachtswunder: Zuckerstangen in XXL, aufblasbare Lebkuchenmänner, Schneeflocken und ganz viele Lichterketten. Vor der Tür stehen Melanie Grauwiler und Andreas Murer – mit einem Lächeln, das genauso viel Wärme versprüht wie die vielen Lämpchen, die um sie herum strahlen.

Das Interieur des Hauses steht der Weihnachtsbeleuchtung draussen in nichts nach – im Gegenteil. Wer die Türschwelle überschreitet, tritt in eine Welt ein, die wirkt, als sei sie direkt einem Barbie-Film entsprungen. Rosa Wände treffen auf Vorhänge mit Leopardenmuster und Dekoration in Pink, Lila, Rosa oder Mintgrün.

Seit ziemlich genau einem Jahr lebt Melanie Grauwiler hier mit ihrem Mann Andreas Murer – und hat sich damit einen Lebenstraum erfüllt. «Ich habe schon immer so gewohnt», erklärt die 40-Jährige lachend, «nur etwas dezenter, weil Mietwohnungen weniger Spielraum boten.» Sie wirft ihrem Mann einen schelmischen Blick zu. «Schon immer habe ich gesagt: Wenn ich etwas Eigenes habe, hält mich nichts mehr. Davor hattest du Angst, gell?» Murer antwortet nur mit einem herzlichen Lachen.

Am liebsten Plüschtiere
In Grauwilers Haushalt wird nichts dem Zufall überlassen. Jede Kommode, jeder Beistelltisch ist sorgfältig dekoriert – kein Winkel bleibt ungenutzt. Selbst die Haustiere, drei Hunde und zwei Katzen, haben passende Bettchen, die sich nahtlos in das Gesamtbild einfügen. Doch wer genauer hinschaut, entdeckt Brüche im durchgängigen Kitsch: Zwischen rosa Glanz und Plüsch hängen auch Marienbilder, ein Porträt von David Hasselhoff und Köpfe von ausgestopften Tieren, die einst von Murers Grossvater auf der Jagd erlegt und vor dem Entsorgen gerettet wurden. Wie würde Grauwiler also ihren Stil beschreiben, der nun doch nicht nur Kitsch ist? «Maximalismus», erklärt sie mit einem Augenzwinkern.

Schon als Kind hatte die Läufelfingerin eine Vorliebe für Kitsch und Plüsch. «Ich hatte immer sehr viele Sachen. Man hätte mir ein Fahrrad, Skier oder ein Pony schenken können – nichts hätte mich so gefreut wie ein Plüschtier», erinnert sie sich. Auch Barbie spielte in ihrer Kindheit eine Rolle, allerdings weniger wegen der Puppen: «Mich haben die kleinen, kitschigen Möbel fasziniert.»

Bis heute ist Rosa ihre Lieblingsfarbe, Leopardenmuster ihr liebstes Design. «Die Perfektion ist rosafarbenes Leopardenmuster», schwärmt sie – wie es an den Vorhängen ihres Wohnzimmers zu sehen ist. Als der Stoff dafür geliefert wurde, war ihre Begeisterung grenzenlos. «Ich habe einen Schreikrampf bekommen. Als die Vorhänge dann fertig genäht und aufgehängt waren, war ich den ganzen Abend fröhlich – und mein Mann ‹hässig›», sagt sie lachend.

Andreas Murer hat den extravaganten Stil seiner Frau längst akzeptiert. «Von meinen Freunden bekomme ich viel positives Feedback», erzählt er. Auch Frauen seien oft beeindruckt. «Er wurde ein Frauenmagnet», fügt Grauwiler schmunzelnd hinzu, worauf er ergänzt: «Viele Frauen finden es toll, dass ein Mann so etwas mitmacht.»

Nicht jeder könnte das – da ist sich die Kita-Leiterin sicher. «Viele Freundinnen sagen, dass sie auch so einrichten würden, wenn da nicht der Ehemann wäre.» Zudem gebe es flüchtige Bekannte, die sie fälschlicherweise für alleinstehend halten. Ein guter Freund habe die Kritik, die zwar nur selten auf Murer trifft, auf den Punkt gebracht: «Wie kann man das Geschlecht eines Mannes infrage stellen, nur weil er so lebt wie wir?» Murer selbst sieht das entspannt: «Ich bin trotzdem ein richtiger Mann. Ich habe keine anderen Züge.» Für Grauwiler ist gerade das männlich: «Ich finde es toll, wenn er meinen Geschmack respektiert, sich nicht aufregt – und mich sogar unterstützt.»

Diese Unterstützung zeigt sich vor allem, wenn Möbel umgestellt werden. Denn das Interieur verändert sich stetig. Nur eine Konstante bleibt: der Weihnachtsmann in der Stubenecke. «Der ist zu gross und schwer, um ihn ständig zu bewegen», erklärt Murer. Beim Umräumen steht der Familie auch der Sissacher Bestatter Roger Sutter zur Seite. «Ich helfe ihm manchmal beim Transport, und er hilft uns mit den Möbeln», erzählt Murer trocken – und bringt damit die praktische Seite dieses ungewöhnlichen Haushalts charmant auf den Punkt.

Jackpot
Als sich das Ehepaar 2023 in Läufelfingen niederliess, lag viel Arbeit vor ihm. Das heruntergekommene Haus – ohne Strom und Wasser – musste umfassend saniert werden. Dank Murers handwerklichem Geschick, der Unterstützung von Freunden und professionellen Handwerkern erstrahlt das Gebäude heute in neuem Glanz. «400 Stunden Eigenleistung in drei Monaten», erinnert er sich stolz.

«Es war nie unser Lebensziel, nach Läufelfingen zu ziehen», gesteht das Paar, das zuvor in Sissach gelebt hatte. Doch das Haus, direkt neben dem von Grauwilers Tante, stand lange leer und weckte ihre Aufmerksamkeit. Als es schliesslich zum Verkauf angeboten wurde, schlugen sie zu. «Das war ein Jackpot», sagt Grauwiler. «Direkt neben meiner Tante, die wir so immer besuchen können – und die oft auf unsere Hunde aufpasst.»

Neben ihrem ausgefallenen Stil legt das Ehepaar besonderen Wert auf Qualität und Nachhaltigkeit. «Wir haben fast nichts aus Möbelhäusern und kaufen alles aus zweiter Hand», erklärt Grauwiler. Für Murer liegt darin ein besonderer Reiz: «Die alten Möbel haben noch Qualität. Die sind gebaut für die Ewigkeit.» Ein Beispiel dafür ist das Eichenbuffet im Wohnzimmer, das sie mit Leopardenprintfolie veredelt haben. Dekorative Akzente findet Grauwiler auf Flohmärkten oder Online-Occasionsseiten. Viele Stücke entstehen auch in Eigenarbeit: In ihrer Werkstatt steht gerade ein halbfertiger Beistelltisch, den sie aus einer Schaufensterpuppe fertigt. Wichtig ist Grauwiler auch Ordnung. Es fällt auf, dass nur wenige Alltagsgegenstände wie Kugelschreiber, Taschentücher oder alte Zeitungen herumliegen. «Ich staube täglich ab. Das muss man, wenn man so viel Zeug und Haustiere hat wie wir.»

Bei der Gestaltung ihres Zuhauses lassen sich die beiden von der Rockabilly-Szene inspirieren. Besonders die Küche spiegelt diesen Einfluss wider, die im Stil eines amerikanisches Diners gehalten wird. «In den 1950er-Jahren war vieles farbig», erklärt Grauwiler. Sie schätzt die Rebellion dieser Ära: «Das waren die Punks der 1950er.» Auch der Mode- und Einrichtungsstil dieser Zeit, vor allem alles in Pink und mit Leopardenmuster, begeistert sie.

Murer teilt die Leidenschaft für die 1950er-Jahre, wenn auch auf andere Weise. Er liebt alte Autos und ist im Organisationskomitee des Oldtimertreffens Eptingen aktiv.

Nachbarn ins Boot holen
Zurück vor die Tür: Familie Murer Grauwiler liebt es, ihr Haus auch von aussen aufwendig zu dekorieren. «Da habe ich mich so anfixen lassen, dass die Weihnachtsbeleuchtung inzwischen mein Ding ist», gesteht Murer lachend. Wären keine Grenzen gesetzt, würde das Haus an der Eptingerstrasse laut ihm einem «AC/DC»-Konzert gleichen – mit einer Lichtershow, die alles übertrifft.

Trotz ihrer Begeisterung achten die beiden darauf, die Beleuchtung um 22 Uhr auszuschalten. Ein gutes Verhältnis zu den Nachbarn ist ihnen dabei besonders wichtig. «Wir haben eine saugute Nachbarschaft», erzählt Grauwiler. «Die geben uns nicht nur Tipps, sondern bringen freiwillig Dekoration vorbei.» Ausserdem lädt das Ehepaar die Nachbarn regelmässig zu einem Halloween- und Weihnachtsapéro ein – ein Ritual, das die Gemeinschaft weiter stärkt.

Das dekorierte Haus wird von vielen bewundert, besonders von den Kindergartenkindern, die täglich daran vorbeigehen. «Und ganz ehrlich», fügt Grauwiler augenzwinkernd hinzu, «wer sich über Weihnachtsdekoration ärgert, hat ein gravierendes Problem.»


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