Er springt weiter als Ehammer

  07.11.2024 Leichtathletik

Noah Hasler aus Gelterkinden hat Potenzial auf Weltklasse-Niveau. Im Weitsprung steht der Oberbaselbieter bereits auf Rang 582 der Welt. Dazu springt er weiter als heutige Profis wie Simon Ehammer und Olympiasieger Militadis Tentoglou damals mit 16 Jahren.

Tobia Benaglio

«Lernen, trainieren, Schule. Ich habe nicht viel Zeit übrig, um etwas anderes zu machen», sagt der 16-jährige Noah Hasler zu seinem aktuellen Zeitplan. Der Gelterkinder Weitspringer besucht die Sportklasse des Gymnasiums Liestal im zweiten von fünf Jahren. Bildung und Sport könne er gut kombinieren. Mittwochs und freitags ist schulfrei, womit Zeit zum Lernen und Trainieren bleibt. Lediglich für Aktivitäten ausserhalb der Schule und des Sports bleibe nicht viel Zeit. Momentan ist «Offseason», da könne er ein wenig durchatmen.

Doch angesichts der Bilanz lohnt sich der Aufwand: U16-Schweizer-Meister im Dreisprung (Halle und outdoor) und Weitsprung (outdoor) sowie Zweiter im Hallen-Weitsprung. Schweizer Meister drinnen und draussen auf Stufe U18 im Weitsprung. Auf internationaler Ebene ein 6. Rang im Weitsprung an der U18-Europameisterschaft. Zwei 4. Ränge an nationalen Meisterschaften über 110 Meter Hürden ergänzen das bereits respektable Palmarès des Gelterkinders.

Manchmal wünscht sich der 16-Jährige, dass er das «normale» Gymnasium besuchen würde, damit er ein Jahr weniger in der Schule bleiben müsste und sich früher voll auf den Sport konzentrieren könnte. Doch die Sportklasse gibt ihm die Möglichkeit, auch während der Schulzeit viel zu trainieren, was er sehr schätzt.

Weitsprung als Paradedisziplin
Warum er mit Leichtathletik angefangen hat, weiss Noah Hasler nicht genau. «Als Kind war ich etwas hyperaktiv, darum sagten meine Eltern, ich sollte mal ins Training gehen. Und irgendwie habe ich dann nie aufgehört.» Als 10-Jähriger versuchte sich der Sportler neben der Leichtathletik im Fussball beim FC Gelterkinden. Aufgrund von Knieproblemen und weil es ihm keinen Spass bereitete, hörte er nach zwei Jahren wieder damit auf und fokussierte sich auf die Leichtathletik.

Neben dem Weitsprung hat der Gelterkinder früher noch Mehrkampf gemacht. Dies hat er jedoch aufgegeben. «Werfen kann ich überhaupt nicht», begründet er diese Entscheidung. Ausserdem trainiert der Oberbaselbieter Hürdensprint.

Diesen absolviere er normalerweise am Wettkampf, er habe jedoch momentan eine mentale Blockade. Vergangenes Jahr hat sich Hasler über die Hürden verletzt, weshalb er die Disziplin dieses Jahr komplett weggelassen hat. Doch weil er es trotzdem regelmässig trainiert und in U16 sowie U18 schon erfolgreich war, habe er vor, wieder wettkampfmässig Hürdenlauf zu betreiben. Die einzige Disziplin, die der Gymnasiast neben dem Weitsprung momentan wettkampfmässig bestreitet, ist «ab und zu» der 100-Meter-Sprint. Dazu sei er fast gezwungen, weil er als Weitspringer auch ein guter Sprinter sein müsse.

Die Knieprobleme seien nach dem Fussball verschwunden, dafür habe er durch den Weitsprung nun mit dem Schienbein zu kämpfen. Dies gehöre einfach zum Sport dazu und er lasse sich davon nicht einschränken, denn der Weitsprung mache ihm eindeutig am meisten Spass, so der Oberbaselbieter.

Auf dem Weg an die Weltspitze
Mit 16 Jahren springt Noah Hasler konstant über 7 Meter. Seine Bestleistung liegt gar bei 7,36 Metern, das ist 76 Zentimeter weiter als sein Vorbild Simon Ehammer in diesem Alter. Kantonalrekordhalter Finley Gaios Bestleistung lag mit 16 bei 6,78 Metern. Auch die aktuellen Olympia-Gold- und -Silbermedaillengewinner Militadis Tentoglou und Wayne Pinnock sprangen im jüngeren U18-Jahrgang weniger weit als der Oberbaselbieter. 2024 übertrafen insgesamt 12 Europäer in der U18 7,36 Meter.

Auch wenn diese Vergleiche nicht viel Aussagekraft haben müssen, da sich jeder Sportler unterschiedlich entwickelt, zeigen Noah Haslers Leistungen eine sehr positive Tendenz. «Sie sind aussergewöhnlich», sagt sein Kadertrainer Nicola Gentsch. Der Athlet selbst macht sich nicht zu viel aus diesen Vergleichen. Dennoch sind sie für ihn sehr motivierend. Das Rezept für seinen Erfolg ist eine Mischung aus Talent und Spass, aber auch harter Arbeit, so der Gelterkinder. Ein Leichtathlet brauche ein gewisses Talent. Wenn er nur hart trainieren würde, wäre es schwierig, erfolgreich zu werden. In der Leichtathletik könne auch schnell übertrainiert werden.

Ohne Motivation würde Hasler auch nichts erreichen: «Es gibt Momente, zum Beispiel an einem Samstagmorgen bei 10 Grad, wenn ich in Sissach 200 Meter sprinte, die sind nicht immer schön. Wenn ich dabei nicht motiviert wäre, würde ich es nicht hinbekommen.» Mentale Vorbilder sind für den Oberbaselbieter beispielsweise der Basketballspieler Kobe Bryant, der für seine «Mamba-Mentalität» bekannt war, die ihn dazu brachte, immer das Beste aus sich herauszuholen. Oder auch der amerikanische Sprinter Noah Lyles, der trotz viel Kritik immer wieder «liefert».

Auch Kadertrainer Gentsch lobt die Mentalität von Noah Hasler: «Er ist vom Mindset her schon sehr reif. Durch das sowie die körperlichen Voraussetzungen – besonders die Körpergrösse von 1,95 Metern – hat er das Potenzial, um es an die Spitze zu schaffen.» Auch die nötige Schnelligkeit sei bei ihm bereits vorhanden, was nicht selbstverständlich sei. Doch der Weg sei kein Selbstläufer und es stehe noch viel harte Arbeit vor Hasler, erklärt Gentsch.

Teamgeist und Druck
Für Noah Hasler gibt es noch ein weiteres Erfolgsrezept: Die Trainingsgruppe der LG Oberbaselbiet helfe ihm sehr. Alle Sportlerinnen und Sportler seien etwa gleich alt und auf hohem Niveau, was beim Trainieren enorm helfe. Auch weil er von klein auf dabei ist, habe er besonders gute Beziehungen zu allen Athleten und Trainern.

Ein Problem am Sport sei der Druck, mit dem die Athleten umgehen müssen. An der Europameisterschaft im Sommer war der Gelterkinder vor dem Wettkampf drei Stunden lang im Hotel und hörte Musik, bevor er sich endlich einwärmen konnte. Da sei er sehr nervös gewesen. Doch sobald er sich einwärmen kann, gehe die Nervosität weg und er sei voll konzentriert. Dies sei an manchen regionalen Wettbewerben ein kleines Problem: Manchmal habe der Oberbaselbieter Schwierigkeiten, sich richtig zu fokussieren, weil er die «kleinen» Wettkämpfe gewöhnt und somit nicht nervös ist.

Nach der ersten Europameisterschaft in diesem Sommer folgt kommendes Jahr ein weiteres Highlight für den Leichtathleten: das «European Youth Olympics Festival» in Nordmazedonien. Das ist die grösste europäische Veranstaltung im Polysport für Jungtalente. Dort würde er gerne eine Medaille holen. Für seine Karriere hat er sich vorgenommen, Profi zu werden, auch wenn er weiss, dass es viel Arbeit und Glück dazu braucht. Zudem würde er gerne den U18-Schweizer-Rekord in der Halle brechen, der momentan mit 7,33 Metern lediglich 20 Zentimeter über Haslers Rekord von 7,13 Metern liegt. Dafür heisst es für den Sportklässler weiterhin: «Lernen, trainieren, Schule.»


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