Optimales Training am Loipenrand

Ich habe mir fest vorgenommen, im neuen Jahr mehr Sport zu treiben. Oder sagen wir es so: in erster Linie einmal für die Wintermonate. Nach meinem dritten Engadin Skimarathon im vergangenen März war ich übermotiviert und habe meine bald 20-jährige Langlaufausrüstung entsorgt und mir nigelnagelneue Schuhe und Skier gekauft – zu einem Toppreis im Saisonschlussverkauf.

Ohne grosses Training hatte ich 2024 den Klassiker unter den Volkssportveranstaltungen in der Schweiz ein weiteres Mal überstanden. Es sei eine der härtesten Austragungen gewesen, hiess es damals bereits im Ziel und in den Medien. Die garstigen Wetterbedingungen mit Schneefall, bissigem Gegenwind und veränderter Streckenführung liessen die 42 Kilometer endlos erscheinen. Ich war einer von rund 10 000 Finishern – und keiner der über 1000 Athletinnen und Athleten, die das Rennen aufgegeben haben oder gar nicht erst an den Start gegangen sind, obwohl sie angemeldet gewesen wären.

Aber ich schwor mir: Im folgenden Jahr – also nun in knapp zehn Wochen – mache ich den «Engadiner» mit besserer Vorbereitung. Ein Minimum an regelmässigem Training wäre schon eine Steigerung um 100 Prozent. Bis jetzt bleibt es beim Vorsatz, den ich übrigens nicht als Neujahrsvorsatz getätigt habe, sondern bereits lange zuvor. Nun ist der Winter in vollem Gange, die Bedingungen wären optimal, um Langlaufkilometer abzuspulen. Auch war ich schon rund zwei Wochen im Schnee und hätte auf der Originalstrecke des Marathons trainieren können. Es bleibt bei «hätte».

Irgendwie fand ich bisher immer eine Ausrede, um statt auf die Langlauf- auf die Alpinskier zu gehen. Zuerst waren die Skier nicht bereit, ich musste sie noch vom Wachs befreien – sprich abziehen lassen, damit ich auf der Loipe nicht kleben bleibe. Das habe ich im Sportgeschäft erledigt, in dem die motivierten Langläuferinnen und Langläufer nach Weihnachten Schlange standen und sich für die Langlauflektionen bereithielten. Dann sanken die Temperaturen plötzlich stark in den Minusbereich, sodass ich meine Lunge beim ersten Training nicht unnötig strapazieren wollte. Das wäre nicht gesund, habe ich meiner Familie gesagt. Und dann waren die Ferien auch schon wieder vorbei, ohne einen einzigen Kilometer auf der Loipe meinerseits. Ganz doof gelaufen.

Immerhin habe ich mehrmals am Loipenrand Langlaufluft geschnuppert – im Langlaufbeizli. Das Bündnerplättli und der Saure Most haben jeweils ausgesprochen gut geschmeckt. Und der Blick auf die «Golanhöhen» – ganz am Ende der Marathonstrecke – haben erste Nervosität ausgelöst und den Druck erhöht, bald mit dem Training zu beginnen.

Es bleibt noch genügend Zeit, redete ich mir ein. Immerhin habe ich die vergangenen drei Mal auch ohne Training das Ziel erreicht, also werde ich es auch dieses Jahr schaffen. Und da ich bereits für den «Engadiner» angemeldet bin, bleibt mir keine Ausrede mehr, nicht an den Start zu gehen.

Severin Furter, Redaktor «Volksstimme»

HERZBLUT

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