Ein schwarzer Tag

Entsetzen bei den Ersetzern. Da streiten die in Liestal «unten» darüber, ob der 1. Mai als Feiertag auf den Scheiterhaufen der Geschichte geschickt und dafür, wie andernorts, der 2. Januar in den Stand der arbeitsfreien Tage erhoben werden soll. Der Branchenverband der Glasscheiben-Monteure ist empört und erinnert das Parlament daran, dass der 1. Mai für sie so etwas wie die Fasnacht für die Basler Beizer sei. «Wenn ihr ihn streicht, kommen wir ins Stedtli und beschaffen uns Arbeit», schreiben die Glaser und schliessen standardmässig mit «ist das klar?» Mit Erfolg: Das Parlament befand, dass die Volchspartei schon Durchdachteres zu Festtagen vorgebracht habe, etwa das Verbot von «Weisst du, wie viel Sternlein stehen?».

Hier sei verraten: Den Drohbrief habe ich mitunterzeichnet. Nein, liebe Motionäre, nicht weil ich am 1. Mai festhalten möchte, sondern weil der 2. Januar, nodödiö, bei uns in der Nordwestecke ein Arbeitstag bleiben muss. Als jungem Sportjournalisten lag es an mir, in der Altjahrswoche aus Davos über den Spengler Cup zu berichten. Damit bewahrte ich fast im Alleingang den Sportteil vor dem Verdursten. Während die Kollegen der Konkurrenz aber am 31. Dezember nach dem traditionellen Silvester-Prosecco in Bacchus-Pose den Final schauten, notierte ich eifrig mit, weil unser Blatt im Gegensatz zu den anderen am 2. Januar erschien.

Selbst die Agentur, die 364 Tage auf Zack liefert, stellte jeweils ihre Dienste ein. Wegen «deene Basler» arbeite er heute nicht extra, beschied mir der Kollege, den Prosecco kippend, nicht nippend. Wenn dann noch die Finnen im Final standen, musste alleine eine Stunde dafür aufgewendet werden, in ihrer Aufstellung alle «ä» an der richtigen Stelle und in der richtigen Anzahl unterzubringen. Ein schwarzer Tag für mich. Damit es meine Nachfolger unter dem Davoser Dach nicht besser haben sollen, muss der 2. Januar ein Arbeitstag bleiben, selbst wenn auch bei uns an diesem Tag die Zeitungen im Stall bleiben, seit sie grösseren Medienhäusern angehören.

Wenn besagte Partei schon an den Schräubchen des Festtagskalenders zu drehen beginnt, dann ändern wir ihn doch von Grund auf. Schliesslich zählen die vielen Festtage zu den überzeugendsten Verkaufsargumenten der katholischen Kirche. Weihnachten begehen wir grundsätzlich am ersten Montag der Altjahrswoche, damit alle Feier- auf Wochentage fallen. Karfreitag wird auf Donnerstag vorgezogen, so bleibt uns mehr Zeit für den Stau am Gotthard. Stillschweigend haben wir bereits Allerheiligen um einen Tag vorgeschoben und in einen wirtschaftsfreundlicheren Halloween umgemodelt. Den höchsten Feiertag der Schräubler feiern wir schliesslich längst am 31. Juli, damit uns anderntags kein Wecker auf ebendiesen geht. Hier ist die Anpassung im Eidgenössischen Festtagskalender überfällig, damit wir dann am 30. Juli feiern und danach auskatern können.

Neben Allerheiligen und Halloween muss zwingend noch ein weiterer Feiertag in den Kalender aufgenommen werden, der sich auch farblich hervorragend in die Tristesse des Novembers einfügt: St. Black Friday. Das Verkaufspersonal nimmt sich dafür den «Bärchtelistag» frei.

Jürg Gohl, Autor «Volksstimme»

HERZBLUT

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