Doomsday oder Ende der Behaglichkeit

Constantin Seibt schreibt in der Republik ein Essay, in dem er dazu rät, uns so zu verhalten, als seien es unsere letzten Tage im demokratischen Frieden. Wir sollten möglichst viel Freunde und Familie treffen, uns gut ernähren und (versuchen) glücklich (zu) sein. Seine Begründung: «Donald Trump ist mit seiner Flucht ins Weisse Haus der zweifellos bedeutendste Verbrecher der amerikanischen Kriminalgeschichte.» Dabei sei es nicht einmal auszuschliessen, dass seine grössten Verbrechen noch vor ihm liegen, hält er sich doch für den besseren Al Capone und sieht in Diktatoren das Sinnbild politischer Macht.

Tatsache ist, die USA, wie wir sie seit Kindheit als die grosse Vorzeigedemokratie und Beschützerin Europas kennen, ist Geschichte. Will heissen, wir müssen uns um uns selbst kümmern – auf Gedeih und Verderb. Denn leider hat Donald Trump, der, Gerüchten zufolge, nicht einmal genug Konzentration aufbringt, um auch nur kurze Texte zu lesen, auch bereits in Europa den politischen Diskurs in den Keller gefahren. Andersdenkende zu bedrohen und zu entwürdigen, hat Schleusen geöffnet für Piraten wie Victor Orban bis hin zu politischen Ich-AGs à la Sara Wagenknecht. Drohungen gegenüber Politikerinnen und Politikern und Diffamierungen nehmen zu.

Neu darf alles behauptet und muss nichts bewiesen werden. Nur rund 6 bis 8 Prozent der Menschen weltweit leben in sogenannten funktionellen Demokratien, dagegen über die Hälfte in hybriden oder autoritären Regimen, in denen Wahlen unregelmässig sind, die Pressefreiheit eingeschränkt ist und politische Repression herrscht. Ich will mir derzeit nicht ausmalen, was das «Ampel-Aus» für Deutschland bedeuten wird.

Es ist ein bisschen wie im Film «Herr der Ringe»: Da hat es böse Hexen in langen dunklen Mänteln (BSW), Orks (Xi Jinping), geifernde Merze, grüne Elfen, Drachen (Putin, Kim Jong-Un), Bundeskanzler-Hobbits, Bundes-Uhus und Verräter (ein Schelm, wer hier an Lindner denkt). Aber es ist nicht Fantasy, es ist die biedere Realität. Die Demokratie ist bedroht, wir sind bedroht. Denn auch wenn Trump in seinen ersten vier Jahren nur ein grosses Gesetz, nämlich umfangreiche Steuererleichterungen für Unternehmen und eine Kürzung der Einkommensteuer für wohlhabende Amerikaner, geschafft hat – effizient zerstören geht immer. Gerade als infantiler Lernschwächling, der seine umfassende Minderbegabtheit nun so derart demokratisch legitimiert ausleben darf. @Herrn Musk: Die Welt ist kein Computerspiel.

Auch wenn es zunächst die Amerikanerinnen und Amerikaner treffen wird und der Donald vielleicht erneut zu fahrig sein wird, um seine Agenda durchzubringen. Schliesslich ist er ja auch schon alt. Er könnte dennoch das Ende der westlichen Verteidigungsfront, der NATO einläuten, einen Frieden für Gaza verunmöglichen und die unabhängige Ukraine beerdigen. Europa ist darauf nicht vorbereitet. Unsere fehlende Verteidigungsfähigkeit könnten wir laut Seibt in einer anderen Währung zahlen: Freiheit. Geniessen wir also die letzten friedlichen Tage, bevor es im Auenland ungemütlich wird.

Petra Huth ist Politikwissenschaftlerin und Ökonomin. Sie lebt in Anwil und amtet dort als Gemeinderätin.

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