CARTE BLANCHE
07.11.2024 PolitikWir können den Stau nicht weghexen
Anna-Tina Groelly, Landrätin Grüne, Gelterkinden
Der Besen sei das umweltfreundlichste Fortbewegungsmittel, behauptet Barbara Blocksberg, die Mutter der bekannten Hexe Bibi Blocksberg im Hörspiel meiner Tochter.
Auch wenn sie recht haben könnte, bleibt dieses Fortbewegungsmittel leider nur einem begrenzten Kreis vorenthalten. Wer keine Hexe ist, muss sich mit dem Trottinett, Velo, Zug, Tram, Bus, Auto oder Flugzeug begnügen. Da wir diese Fülle an Mobilitätsmöglichkeiten mehr und mehr ausschöpfen, kommt es immer wieder zu Engpässen. Und da wir den Stau nicht weghexen können, sollen die Autobahnen ausgebaut werden.
Aktuell wird viel darüber diskutiert und geschrieben, ob dieser Ausbau nötig und sinnvoll ist oder nicht. So war der Rheintunnel, der eines dieser grossen Ausbauprojekte ist, auch Thema an der Landratssitzung vergangener Woche. Für die einen steht fest, dass der Rheintunnel und die weiteren Autobahnprojekte des Bundes unsere momentanen Probleme auf den Strassen beseitigen werden. So wurden als positiver Vergleich die fünfspurigen Autobahnen in den USA genannt.
Aber wollen wir tatsächlich, dass unser Land von immer breiteren Autostrassen durchzogen wird? Ich möchte dies definitiv nicht. Denn diverse Studien zeigen, dass das Verkehrsproblem mit mehr Strassen langfristig nicht gelöst werden kann. Im Gegenteil, es wird noch mehr Verkehr und erneut Stau geben.
So hat auch das Bundesamt für Strassen (Astra) im Strategischen Entwicklungsprogramm Nationalstrassen festgehalten, dass der Rheintunnel zu mehr Verkehr auf den Stadtstrassen führen wird. Dies ist bestimmt nicht die angestrebte Lösung der lokalen Bevölkerung.
Der geplante Ausbau wird ausserdem viel wertvolles Kulturland und Wald sowie Familiengärten und Parkanlagen zerstören. Erst vor Kurzem wurde die Biodiversitätsinitiative mit dem Argument bekämpft, dass wir schon genug für die Artenvielfalt machen. Mit dem grossen Ausbau würde die Natur stark durch Lärm sowie Luft- und Lichtverschmutzung belastet. Ausserdem führt der Mehrverkehr zu einem Anstieg der Treibhausgasemissionen, und das steht in völligem Widerspruch zum Klimaschutzgesetz, das 2023 von der Schweizer Stimmbevölkerung angenommen wurde. Das angestrebte Ziel, die Emissionen zu reduzieren, kann mit einem Verkehrszuwachs nicht erreicht werden.
Meine Kinder wünschen sich, dass wir bald eine Reise mit dem Nachtzug unternehmen. Dies ist wahrscheinlich nicht ganz so abenteuerlich wie eine Reise à la Familie Blocksberg, aber sicher trotzdem ein tolles Erlebnis. Leider werden Kredite für Nachtzüge vom Bund gestoppt und die Ausgaben für den öffentlichen Verkehr allgemein gekürzt. Dass demgegenüber 5,3 Milliarden Franken für den Strassenausbau investiert werden sollen, ist für mich unverständlich.
Deshalb stimme ich am 24. November überzeugt Nein zum Autobahnausbau.
In der «Carte blanche» äussern sich Oberbaselbieter National- und Landratsmitglieder sowie Vertreterinnen und Vertreter der Gemeindebehörden zu einem selbst gewählten Thema.