Frau Fasnacht wartet – oder eben nicht

Durch die Strassen schlendern, überall hört man Musik – wichtig: Guggenmusik, bloss keine Cliquen – und die Füsse schmerzen schon lange vom ewigen Laufen in den «Zoggeli»: die Fasnacht, wie wir sie kennen und lieben.

Für mich ist es die schönste Zeit im Jahr, man hat für eine Woche das Gefühl, es gebe keine Regeln, man kann so laut sein, wie man will bis tief in die Nacht hinein und der Alkoholkonsum weicht bei den meisten auch von der Normalität ab. Nach einer Woche voller Programm kehren alle Fasnächtlerinnen und Fasnächtler wieder ungeniert in ihr «normales» Leben zurück: ein surreales Gefühl.

Ich denke oft über die Fasnacht nach: «Warum kann nicht jede Woche Fasnacht sein?» Ich habe nicht das Gefühl, dass es überhaupt je langweilig würde. Aber egal – es heisst ja immer: Die Vorfreude ist die schönste Freude. Und diese spüre ich im Moment sehr stark. Vergangenes Wochenende fand der Liestaler Kellerabstieg statt: Die Fasnachtskeller hatten geöffnet und die «Latärnäschränzer» aus Liestal gaben ein Konzert zum Besten. In der Liestaler Rathausstrasse bei etwa 10 Grad mit lauter fremden Leuten um mich herum, welche die Musik am Geniessen sind: irgendwie ein nostalgisches Gefühl.

Und in etwa zwei Wochen geht es dann richtig los: am 11.11. ist der offizielle Beginn der «fünften Jahreszeit».

Doch dieses Jahr gibt es für mich ein Problem an der ganzen Sache: Nächsten Januar heisst es für mich einrücken nach Emmen in die Rekrutenschule. Im Militär bin ich bis Mitte Mai. Das Problem: Dazwischen liegt die Fasnacht. Mit dem Gedanken, dass ich die schönste Woche im Jahr in der Kaserne verbringen werde, habe ich mich noch nicht abgefunden. Klar werde ich versuchen, meine Jokertage einzusetzen, davon habe ich aber leider nur zwei, und die Fasnacht dauert bei uns bekanntlich eine ganze Woche.

Mein grosser Bruder hatte letztes Jahr die Wagenclique «Ruechi-Sieche» in Bennwil gegründet. Nach dem Fasnachtssonntag musste er einrücken und verpasste so fast die ganze erste Fasnacht seiner eigenen Clique. Natürlich habe ich ihn ausgelacht und ihm Bilder geschickt, als ich an der Fasnacht war und er in der Kaserne festsass. Dabei habe ich jedoch nicht bedacht, dass mir dieses Jahr das gleiche Schicksal widerfahren wird.

Während meine Kollegen von den «Wasserfalleschränzern» aus Reigoldswil und allen anderen Guggen durch die Gassen von Liestal, Sissach, Bubendorf und Frenkendorf schränzen, werde ich über den harten Boden des Kasernenplatzes robben und Liegestützen machen müssen.

Was ich schlussendlich daraus lerne, weiss ich noch nicht genau; aber ich denke, man sollte einfach schätzen, was man hat. Und wenn ich dann mit den «Wasserfalleschränzern» endlich wieder am Umzug bereit stehe, werde ich an alle Fasnächtlerinnen und Fasnächtler im Militärdienst denken.

Tobia Benaglio, Praktikant der «Volksstimme»

HERZBLUT

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