I ken you

Lange haben wir uns auf die Familienferien in Schottland gefreut, und jetzt sind sie schon wieder vorbei. Als wir uns im April im Reisebüro meldeten, fragten die uns, ob wir denn noch dieses Jahr verreisen wollten. Ich hatte keine Ahnung, dass Schottland so ausgebucht sein sollte. Erst recht der Norden und die Hebriden: Da geht doch keiner hin, hatte ich gedacht. Im Sommer wollen doch alle in (noch) wärmere Regionen, was ich noch nie verstanden hatte. Aber offenbar gibt es genug Leute wie mich, die eben lieber Richtung Norden starten.

Jedenfalls hat’s dann doch noch geklappt, und wir sahen uns in Edinburgh plötzlich mit einem brandneuen MG konfrontiert. Automat, kein Schlüsselloch, grosses Display in der Mitte und das Lenkrad auf der lätzen Seite. Gut, Letzteres hatte ich ja erwartet und in «Down Under» schon mal erlebt. Eine Anleitung hat’s da nicht dabei, da muss man ins Internet, und die ganzen Assistenzprogramme kommen da nicht einmal vor. Die habe ich mir für später aufgehoben und dann mal auf Youtube studiert. Ich sehnte mich nach unserer über 20-jährigen Dieselkarosse daheim mit einem richtigen Zündschlüssel und Schalthebel, den man bedienen kann, wie man’s einmal gelernt hat.

Mit der Zeit hatten wir die Heckklappe aber offen, das Gepäck verstaut und den Wagen zum Schnurren gebracht. An die linke Strassenseite gewöhnte ich mich wieder recht schnell, aber es brauchte doch mehr Konzentration als zu Hause, obwohl diese neuen Autos ja alles selber machen. Was der Göppel mir eins dreingeredet hat … Nitzumsäge. Wenn du nicht angeschnallt bist, musst du schon gar nichts wollen. Auch da habe ich mit der Zeit herausgefunden, wie’s trotzdem geht, weil man ja nicht unbedingt angeschnallt rückwärts fahren will oder im Schritttempo auf die Fähre.

Apropos rückwärts: Dieses Gepiepse und Gejammer immer, wenn man dem Müürli schon nur einen Meter in die Nähe kommt! Meint denn der, ich könne nicht manövrieren? Ich bin doch «Motfahrer»! Auch unterwegs beim zügig Fahren immer wieder mal die Meldung, der «Rear Drive Assist Service» sei ausser Betrieb, wie wenn mich das beim Vorwärtsfahren interessieren würde. Ich gebe zu, dass mir das Assistenzprogramm beim Fahren mit viel Verkehr ein bitzeli geholfen hat. Wenn der die Distanz zum Vordermann selber wählt und sogar die Spur hält, muss man fast gar nichts mehr machen. Aber erstens hatten wir selten viel Verkehr, und zweitens rief er dann doch jedes Mal wieder, ich soll gefälligst das Lenkrad wieder mit den Händen krallen. Und mit den doppelt gezogenen Mittellinien kam er nicht zurecht, wenn er mich einmitten wollte. Ebenso, wenns gar keine Linien hatte.

Ein wenig besser als unser Auto verstand ich die Einheimischen. Wir haben da einen Vorteil, auch wenn sie «Scots» sprechen. Ken (kennen), lope (laufen), hoos (Haus), kirk (Kirche) keek («kieken»), coo (Kuh) kommen uns allen irgendwie bekannt vor. Und das R rollen sie mindestens so schön wie wir Oberbaselbieter.

Fazit: Es waren wunderbare Ferien. Und: «MG, I ken you now!»

Kuri Wirz, Gelterkinder von Geburt und aus Passion

MEINE WELT

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