Entlaufen und verloren

Vor mehr als fünf Jahren tauchte eine Katze in unserem Garten auf und sorgte für ein wahres Abenteuer. Diese Geschichte ist nicht nur eine Geschichte über ein verirrtes Tier, sondern eine Geschichte über Mitgefühl und die unerwarteten Freuden, die uns das Leben schenkt. Und auch die Geschichte von Menschen, die ihr Ego über das Wohl eines Tieres stellen.

An einem milden Frühlingsabend, als wir auf der Terrasse sassen, hörten wir ein leises Miauen. Wir folgten dem Geräusch und entdeckten eine verängstigte Katze am Rand unseres Gartens. Ihr zerzaustes Fell und ihre hungrigen Augen zeugten von den Strapazen, die sie durchgemacht hatte. Bei jeder Handbewegung zuckte das Tier zusammen. Allmählich gewannen wir sein Vertrauen. Die Katze spürte, dass sie hier nichts zu befürchten hatte. Es war klar, dass sie keine schöne Zeit hinter sich hatte. Sie war abgemagert, dennoch spürten wir ihren inneren Kampfgeist und ihre Widerstandskraft. Es war, als ob sie sich dazu entschlossen hätte, gegen alle Widrigkeiten anzukämpfen und ein neues Zuhause zu finden.

Bloss, wir wollten keine Katze, und so pflasterten wir unser kleines und überschaubares Dorf mit Flyern voll in der Hoffnung, der Besitzer möge sich melden. Nichts geschah, und so übergaben wir die Katze dem Tierheim. Doch siehe da, kurze Zeit darauf erfuhr der Besitzer, wo seine Katze war, und holte sie zurück.

Ende gut, alles gut? Mitnichten! Wir durften uns anhören, dass man Katzen nicht einfach so weggeben dürfe. Das Tier stand jedoch kurz darauf wieder in unserem Garten und machte es sich bequem. Wir informierten den mittlerweile bekannten Besitzer und erhielten die Antwort: «Einfach nicht füttern, dann geht sie wieder.» Das Tier tat uns leid, es jammerte vor der Türe und bewegte sich keinen Zentimeter von der Stelle. Das führte dazu, dass die Katze je länger, desto mehr ihren Platz zuerst vor, danach im Haus für sich vereinnahmte. Die Katze brachte nicht nur Freude in unser Zuhause, sondern auch Mäuse. Sie lehrte uns, die kleinen Freuden des Alltags zu schätzen und die Sorgen des Lebens für einen Moment beiseitezuschieben. Ihr verspieltes Wesen erinnerte uns daran, dass es wichtig ist, den Moment zu geniessen. Sie hatte sich uns ausgesucht und blieb.

Doch es kam, wie es nicht hätte kommen sollen. Unbedachte Äusserungen von Menschen, denen das Fingerspitzengefühl abgeht, bringen das Leben dieses Tieres durcheinander. Unverhofft steht der bislang desinteressierte Besitzer vor der Türe und verlangt das Tier zurück. Die Katze hat unser Leben bereichert. Ihre Dankbarkeit war ein Geschenk, das wir nie erwartet hatten. Wenn wir heute an sie denken, erfüllt uns ein tiefes Gefühl der Zufriedenheit. Wir sind dankbar dafür, dass sie den Weg in unser Leben gefunden hat.

Also denken Sie daran, wenn Sie eine zugelaufene Katze sehen: Hinter jedem struppigen Fell und hungrigen Blick verbirgt sich eine Geschichte, die vielleicht auch Ihr Leben verändern kann. Wir hoffen, es geht ihr gut.

Claude Lachat ist Schriftsteller, Jahrgang 1963 und wohnhaft in Nunningen. Er arbeitet als Programmleiter von Tandem 50 plus Baselland.

MEINE WELT

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