Michael Eppler wollte Kooperationen – doch ZS zieht die Bremse

Der ZS-Vorstand habe Angst vor einem Identitätsverlust, sagt Michael Eppler. Nach seiner Freistellung bei ZS äussert sich der ehemalige Sportchef zu den Problemen im regionalen Eishockey, den Gründen für sein schnelles Tempo und welche Risiken nun auf den EHC Zunzgen-Sissach zukommen.

Luana Güntert

Herr Eppler, vergangene Woche hat sich der EHC Zunzgen-Sissach von Ihnen als Sportchef getrennt. Wie lief die Trennung ab?
Michael Eppler: Am 3. Mai wäre ich an der Vorstandssitzung dabei gewesen. ZS-Präsident Cristiano Santoro lud mich drei Stunden vor dem Treffen via Telefon aus und sagte mir, dass mich der Vorstand zukünftig nicht mehr als Sportchef will. Ich muss sagen, dass ich immer noch sehr enttäuscht bin – insbesondere über die Art und Weise der Kommunikation

Cristiano Santoro hat gegenüber der «Volksstimme» gesagt, dass Ihre Visionen nicht mit denen des Vereins zusammenpassen.
Das hat er mir am Telefon auch gesagt, einen anderen Grund konnte er mir damals nicht nennen. Wir haben uns im Nachhinein aber noch persönlich ausgesprochen und er hat sich bei mir für diese unpersönliche Trennung entschuldigt. Cristiano hat mir erklärt, dass der Entscheid aus dem gesamten Vorstand kam – er selbst unterstützte ihn nicht. In einer knappen Abstimmung wurde entschieden, dass ich nicht mehr als Sportchef amten soll. Er hat mir dann meine Vermutung auch bestätigt: Gewisse Vorstandsmitglieder hatten nicht nur andere Visionen, sondern auch ein persönliches Problem mit mir. Denn als ich die sportliche Leitung von ZS übernommen habe, teilten der Vorstand und ich dieselben Visionen und Ambitionen. Sonst hätte ich das Amt gar nie angetreten.

Im vergangenen Jahr haben Sie gegenüber der «Volksstimme» gesagt, dass das Eishockey in der Region in zehn Jahren verschwindet, wenn die Nordwestschweizer Vereine nicht zusammenarbeiten. Sehen Sie das immer noch so?
Ja, natürlich. Auch wenn ZS gemäss Vorstand nach wie vor mit anderen Vereinen kooperieren will, ist meine Freistellung wegen zu hoher Visionen widersprüchlich. Denn als Verein muss man es schaffen, den Jugendlichen Ziele zu geben. Wir waren auf einem guten Weg.

Was für Ziele meinen Sie?
Die Jugendlichen der Nordwestschweiz haben heute die Möglichkeit, in der U20 des HC Nordwest United zu spielen – das ist eine Spielergemeinschaft aus Sissacher, Rheinfelder, Laufner und Herrischrieder Nachwuchs-Spielern. Die etwas talentierteren schaffen es sogar in die U20-Top-Liga beim EHC Basel. Diese Jungs brauchen aber ein Ziel für ihre Aktiv-Karriere. Um allen Bedürfnissen und Talenten gerecht zu werden, brauchen wir in der Region ein Pyramiden-System. Die jungen Spieler sollen in unterschiedlichen Ligen gefördert werden. Bereits vor über fünf Jahren haben wir damals beim EHC Rheinfelden ein 3.-Liga-Team ins Leben gerufen, das wir im vergangenen Jahr mit Rheinfelder und Sissacher Junioren ergänzt haben – so können junge Spieler mit Potenzial trotzdem gefördert und in den verschiedenen Leistungsklassen bei den erfahrenen Aktiven integriert werden. Leider ist das Team in der vergangenen Saison abgestiegen.

Welche Rolle hätte der EHC Zunzgen-Sissach in dieser Pyramide einnehmen sollen?
In fünf Jahren hätte ich ZS als etabliertes 1.-Liga-Team gesehen – als Aushängeschild in der Region hinter dem EHC Basel in der Swiss League. Dahinter der EHC Rheinfelden auf den oberen Plätzen in der 2. Liga. Ich bin der Meinung, dass man die geeigneten Spieler der Region bündeln muss. ZS wollte vor Längerem eigentlich ein eigenständiges 3-Liga-Team gründen, ist dann aber gescheitert, weil nicht genügend Spieler vorhanden waren. Nun waren wir in der Region eigentlich auf einem guten Weg – doch ZS steht nun auf die Bremse.

Ein spezieller Zeitpunkt, vor allem, weil ZS in der vergangenen Saison aufstiegsberechtigt in die 1. Liga war ...
Ja, sehr. Ich habe mit dem neuen Headcoach, Lukas Kamber, dem Staff und allen Spielern bereits im Januar Gespräche über unsere Zukunft geführt. 70 Prozent der Spieler waren motiviert, in naher Zukunft in der 1. Liga zu spielen. Auch neben dem Eis haben wir Fortschritte erzielt. Wir konnten während unserer Heimspiele einen Bar- und Grillbetrieb bewirtschaften und so zusätzliche Einnahmen generieren. Doch ich habe immer gesagt: Ein Aufstieg ergibt nur Sinn, wenn der Sport, die Finanzen und die Strukturen stimmen – so weit waren wir Ende vergangene Saison noch nicht.

Wie meinen Sie das?
Da gibt es zwei Entwicklungen, eine gute und eine schlechte. Die vergangene Saison von ZS war toll und wir wären aufstiegsberechtigt gewesen. Doch der Aufstieg war nie unser primäres Ziel, sondern die Entwicklung der jungen Spieler. Ich habe beobachtet, dass viele Junge in der Region grosse Fortschritte gemacht haben – insbesondere Spieler, die im 3.-Liga-Team spielten, konnten sich zu Leistungsträgern in Rheinfeldens 2.-Liga-Team entwickeln. Für die bevorstehende Saison konnte ich weitere junge Talente nach Sissach holen.

Und wie sieht die schlechte Entwicklung aus?
Obwohl in der Nordwestschweiz viel in den Nachwuchs investiert wird, stehen wir in Sissach, aber auch in Rheinfelden, vor einem Überalterungsproblem: Viele der ZS-Stamm- und Führungsspieler sind über 30 Jahre alt, einige sogar über 35. Das könnte in ein paar Jahren Probleme geben. Es gibt zwar Eishockeyspieler, die mit 40 noch fit sind, aber das kommt selten vor. Man darf die Jungen nicht nur in der Nachwuchs-Abteilung fördern, sondern muss ihnen auch eine Perspektive für die Aktiv-Zeit bieten. Ein Paradebeispiel dafür bot vor wenigen Jahren der EHC Laufen: Weil keine jungen Talente in die erste Mannschaft nachrücken konnten, mussten sich die Laufner aus der 2. Liga zurückziehen und wieder in der 4. Liga beginnen. Genau deshalb wollte ich auch das bereits genannte Pyramiden-System etablieren. Aber mein Tempo und die Veränderungen haben wohl nicht allen gepasst.

Warum geht die Entwicklung ein paar ZS-Vorstandsmitgliedern zu schnell?
Einige haben wohl am Identitätsverlust von Zunzgen-Sissach zu nagen, da nicht mehr alle Spieler des Fanion-Teams ihre ersten Kurven auf der Sissacher «Kunsti» gedreht haben oder einige ehemalige ZS-Spieler nun für andere Nordwestschweizer Vereine auflaufen. Aber genau das braucht es bei uns, nur so haben alle Ligen und Teams genug Spieler. Die Idee dieser Kooperationen war nie, dass es den EHC Zunzgen-Sissach nicht mehr geben soll.

Sie waren jahrelang Spieler und danach Trainer des EHC Rheinfelden, bevor Sie wieder zu ZS zurückkehrten. Verlieren die Sissacher mit Ihnen einen Vermittler?
Ja, der fehlt ZS nun. Auch wenn ich in den letzten 35 Jahren für den EHC Rheinfelden, Zunzgen-Sissach, Basel, Lausen und Laufen engagiert war, habe ich mich immer neutral gesehen. Ich kenne alle Nordwestschweizer Vereine und betrachte das Geschehen regional. Zudem habe ich ein grosses Netzwerk. Ich hoffe für unsere Region, dass die Zusammenarbeit fortgeführt und ausgebaut wird.

Sie haben einige Rheinfelder zu ZS geholt, und nun müssen Sie den Verein verlassen. Wie gehen Sie damit um?
Ich fühle mich dem EHC Rheinfelden gegenüber schlecht. Es ist für mich unverständlich, dass man innerhalb von nur einem Jahr die Strategie ändert. Ziel der Zusammenarbeit war immer, dass wir Aktivteams stellen, sodass allen Spielern leistungsgerechte Teams zur Verfügung stehen.

Wollen Sie nun zum EHC Rheinfelden zurückkehren?
Dazu habe ich mir noch keine Gedanken gemacht.

Wo sehen Sie ihre sportliche Zukunft?
Ich will dem Sport sicher erhalten bleiben, denn Eishockey ist meine grosse Leidenschaft. Ich habe es aber nicht eilig, einen neuen Posten zu finden und warte die Situation in der Region ab, denn ich habe keine Lust auf Machtkämpfe. Mein nächstes Amt überlege ich mir gut. Seit meiner Freistellung bei ZS habe ich diverse Anfragen erhalten, die ich mir in Ruhe anschauen werde.

Noch eine Frage, die nichts mit dem Staff zu tun hat: Im vergangenen Jahr kamen zehn Neuzugänge zu ZS, diesen Frühling vermeldete der Verein sechs Abgänge und sieben neue Spieler. Kann sich ein Team so schnell finden und können die Abgänge ersetzt werden?
Das sollte kein Problem sein. Die diesjährigen Abgänge wiegen nicht alle schwer: Der Goalie Pascal Müller hatte schon lange keinen Einsatz mehr, da er in Australien war. Lukas Kamber war auch selten auf dem Eis und bleibt ZS an der Seitenlinie erhalten. Samuel Schürch fiel schon länger krankheitsbedingt aus und Eduard Stohwasser war beruflich oft abwesend. Pascal Sahli und Oliver Leisi wird man spüren. Sie verlassen uns aus familiären und beziehungstechnischen Gründen. Doch ich bin überzeugt, dass die neuen Spieler die beiden ersetzen können. Besonders Raoul Seiler vom EHC Dübendorf. Er hat Erfahrung in der Mysports-League. Seiler und die anderen Neuzugänge kommen aber alle aus der Region und im Eishockey kennt man sich, weshalb ich mir um die Teamfindung keine Sorgen mache.

Wo sehen Sie die Zukunft des EHC Zunzgen-Sissach?
Diese Frage müssen sie dem ZS-Vorstand stellen. Ich hoffe, dass er als einer der grössten Eishockeyvereine in der Region eine aktive Rolle in der regionalen Zusammenarbeit einnimmt.

«ZS fehlt nun der Vermittler»

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