Elvis Schläpfer liegt mit dem EHC Biel im Play-off-Final in Führung

Der 22-jährige Sissacher Elvis Schläpfer stürmt in der vierten Linie des EHC Biel Richtung Meistertitel. Heute Abend bestreiten die Bieler, die gegen Servette mit 2:1-Siegen führen, daheim die vierte von maximal sieben Finalpartien.

Jürg Gohl

Kann der EHC Zunzgen-Sissach schon bald den vierten Schweizer Eishockey-Meister feiern, der im Nachwuchs einst den Umgang mit Puck und Stock erlernt hat? Nach den Meistertiteln von Patrick Sutter (1998 mit Zug und 2002 mit Lugano), Luca Camperchioli (2012, ZSC Lions) und Kevin Schläpfer (1990 mit Lugano) steht Sohn Elvis Schläpfer aus Sissach aktuell mit dem EHC Biel im Play-off-Final. Nach drei von maximal sieben Finalspielen liegen die Bieler gegen Servette mit 2:1 Siegen in Front, nachdem ihnen am Dienstag in der Verlängerung der zum Titelgewinn nötige Auswärtssieg (2:1) gelungen ist.

Elvis Schläpfer, herzliche Gratulation zum Auswärtssieg in «Les Vernets». War das bereits die Entscheidung?
Elvis Schläpfer: Bestimmt nicht. Wer so denkt, hat bereits verloren. Am Dienstag gewannen wir nur dank unseres überragenden Torhüters, unserer Disziplin und wegen des einen Fehlers, der uns weniger unterlief als Servette.

Bleibt Ihnen gegenwärtig überhaupt Zeit, an etwas anderes als Eishockey zu denken?
Nein. Jeden zweiten Tag ein Spiel, dazu die Trainings am Morgen, genug Schlaf. Gegenwärtig dreht sich alles um Eishockey. In Biel verfüge ich über eine Wohnung, die zu Fuss zehn Minuten vom Stadion entfernt liegt. Als wir nach dem glatten Sieg im Halbfinal einen Tag frei erhielten, kam ich gerne nach Sissach heim, um etwas abzuschalten. Das ist ja in 40 Minuten zu machen. Wenn ich mich während der Saison in Biel aufhalte, steht immer Eishockey im Mittelpunkt, selbst in der Freizeit. Ich bin aber auch gerne unter Leuten, für die ich nicht der Eishockeyspieler bin.

Wie schaffen Sie es gegenwärtig überhaupt zu schlafen? Nach so aufregenden Spielen wie vorgestern, als Sie 2:1 siegten und Biel das Siegtor in der 18. Minute der Verlängerung erzielte? Oder am vergangenen Samstag, als Biel 7 Sekunden vor Schluss das 3:2 markierte. Ist da an Schlaf zu denken?
Das ist tatsächlich ein Problem. Runterfahren, Jogging oder Velo, Stretching, danach Eisbad, Essen, Heimfahrt im Bus – das Programm nach dem Spiel ist lang. Gerade jetzt ist Stretching enorm wichtig. Ebenso das Essen, auch wenn es nach 23 Uhr ist. Dann wollen noch die verschiedenen «Bobos» versorgt sein, die zu den Play-offs gehören. Danach kreisen die Gedanken noch lange um das Spiel, und am nächsten Morgen steht das tägliche Training an, auch an Spieltagen. Meist lege ich mich am Nachmittag nochmals hin. Aber ich schlafe definitiv weniger und auch nicht so tief wie sonst. Und das ausgerechnet, wenn der Schlaf am wichtigsten ist.

Finden Sie überhaupt noch Zeit, mit der Mannschaft die letzte Partie zu analysieren?
Natürlich. Per Video gehen wir noch auf gewisse Punkte ein. Ich selber schaue mir meine Einsätze auch nochmals kritisch an. Alle Mannschaften verfügen über thematisch geordnetes Videomaterial, und so kann ich individuell studieren, was wir als Linie und ich als Einzelspieler verbessern können. Wie verhält sich mein Gegenspieler, welche Pässe spielt er am liebsten? Wie spekuliert er? Das Videostudium gehört für die Mannschaft zum Alltag.

Sind alle Spieler so fleissig wie Sie?
In den Play-offs sicher. Jeder weiss, dass ein einziger Fehler über den Meistertitel entscheiden kann.

Ein Thema dürfte beim gemeinsamen Studium das Überzahlspiel sein. Es funktionierte in der Qualifikation wie geölt, doch ausgerechnet jetzt hapert es. Alle elf Strafen gegen Servette blieben ungenutzt. Haben Sie dafür eine Erklärung?
Das ärgert uns sehr. In der Qualifikation waren wir im Powerplay das zweitbeste Team. Doch der Gegner weiss jetzt natürlich genau, wie wir unser Powerplay aufziehen. Also müssen wir in den Play-offs neue Lösungen suchen. Aber dieses Spiel, dieses taktische Hin und Her, ist eben auch ein Bestandteil, wenn es am Schluss um den Titel geht.

Sie haben in den Play-offs bisher ein Tor erzielt. Wie zufrieden sind Sie mit Ihrer persönlichen Ausbeute?
In den Play-offs ist das nicht von Bedeutung. Da geht es für alle Spieler darum, der Mannschaft zu dienen. Da ich in der vierten Linie spiele, kommt mir eine defensive Rolle zu. Wir müssen zuerst dafür sorgen, dass wir gegen die stärkeren Linien des Gegners nichts zulassen. Das gelingt uns bisher recht gut. Meine Rolle ist die eines defensiven Stürmers. Das war bereits in der Qualifikation so, in der ich es auf 7 Skorerpunkte brachte.

Und wie zufrieden sind Sie mit den zehn Minuten Einsatzzeit, die Ihnen
Ihr Trainer im Final bisher gewährte?
Sehr. Mein Gefühl sagt mir, dass ich sehr mannschaftsdienlich spiele. Der Trainer verlässt sich jedenfalls auf uns, die vierte Linie. Ihr gelang am Dienstag in der Verlängerung sogar das Siegtor. Gerade in den Play-offs kann es entscheidend sein, dass die Topspieler nicht zu stark forciert werden. Natürlich will jeder Spieler immer mehr und öfter aufs Eis geschickt werden. Aber – ich wiederhole mich – in den Play-offs müssen alle die eigenen Wünsche zurückstellen.

Sie werden im Final mal als Center und mal als Flügel eingesetzt. Welche Position sagt Ihnen mehr zu?
Schwierig zu sagen. Als Center musst du mehr in der Defensive arbeiten und hältst deinen Block zusammen. Der Flügel darf auch einmal spekulieren und denkt offensiver. Im ersten Spiel fehlte Center Luca Cunti, der im zweiten Spiel zwei Tore vorbereitete. Deshalb kam ich auf diese Position. Es ist ein Vorteil für den Trainer, mich überall einsetzen zu können. Ich darf sagen, dass diese Flexibilität zu meinen Stärken zählt.

Antti Törmänen, Ihr Coach, fehlte im ersten Finalspiel wegen einer Krebstherapie. Hat die Nachricht über die erneute Erkrankung die Mannschaft aus dem Konzept geworfen oder sogar zusammengeschweisst?
Wir Spieler sind eigentlich angewiesen worden, zu diesem Thema keine Stellung zu nehmen. Aber ich darf sagen, dass diese Nachricht uns Spieler zusätzlich zusammengeschweisst hat und uns einen zusätzlichen Motivationsschub verleiht. Und: Uns wird vor Augen geführt, dass es selbst während des Play-off-Finals im Leben noch viel Wichtigeres gibt als Eishockey.

Vorteil Biel

jg. Kevin Schläpfer, Vater von Elvis Schläpfer und selber in Biel eine Spieler- und Trainerlegende, sieht den EHC Biel im Titelrennen leicht im Vorteil. «Es stehen sich die beiden aktuell besten Mannschaften gegenüber», sagt er, «die bisherigen Resultate zeigen, dass es keinen Favoriten gibt.» Dass er die Bieler «gegen unheimlich starke Genfer» inzwischen in der Favoritenrolle sieht, liegt nicht nur am Auswärtssieg vom Dienstag, sondern auch an der Belastung der Spieler. Der 54-jährige Sissacher sagt: «Je länger diese Serie mit Partien im Zweitagerhythmus dauert, umso mehr könnte der Faktor Jugend für Biel sprechen.»

«Der Schlaf ist jetzt ein grosses Problem»

Image Title

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Ja. Ich benötige ein Abo.

Article

Image Title