Von Rückschlägen nicht unterkriegen lassen

  13.04.2023 Nachtcafé

Sie hat für ihr noch junges Leben als Athletin schon einiges erlebt: die 29-jährige Romy Tschopp aus Sissach. Sie erfuhr Höhen und Tiefen, sportliche Erfolge und chirurgische Eingriffe, Schicksalsschläge und Feierlichkeiten. Am vergangenen Donnerstagabend war sie zu Gast im «Nachtcafé» der «Volksstimme» in der Oberen Fabrik in Sissach. Das Interesse an der Leistungssportlerin war gross.

Aufgewachsen in Rothenfluh, lebt sie heute zusammen mit ihrem Ehemann Gregor in Sissach. Von Beruf ist sie Fachfrau Bewegungs- und Gesundheitsförderung. An einem ersten Weltcuprennen hat sie 2021 im italienischen Colere teilgenommen, wo sie mit einem sechsten Platz bereits mitten in die Weltspitze fuhr. Es folgten 2022 Weltmeisterschaften in Are (Schweden), wo sie eine Bronzemedaille gewann, und die Behindertenspiele in Peking. Dort konnte Romy Tschopp Paralympics-Erfahrungen sammeln und beendet die Rennen mit Rang 10 im Cross und Rang 12 im sogenannten Banked Slalom. «An der WM ist alles für mich aufgegangen. Ich habe nie damit gerechnet, dass es für mich so gut läuft», sagt sie rückblickend.

Rückschläge weggesteckt
Tschopp bereitet es keine Probleme, offen über ihre Behinderung zu sprechen. Sie kam mit einem offenen Rücken, einer sogenannten Spina bifida, zur Welt, und hat deshalb eine inkomplette Querschnitstlähmung. An derselben Krankheit leiden der Behindertensportler Martin Hug oder die Tochter der ehemaligen Schweizer Ski-Koryphäe Maria Walliser.

Sport sei immer ein wichtiger Teil ihres Lebens gewesen, erzählte sie im Gespräch mit Jürg Gohl: «Ich war immer sehr ehrgeizig und habe mich trotz Rückschlägen, wie etlichen Spitalaufenthalten, eigentlich nie unterkriegen lassen.» So habe sie aus der Rehabilitation heraus geheiratet, aber die Flitterwochen schon wieder in der Klinik verbracht. Als Jugendliche sei sie von einem Fortschreiten der Krankheit weitgehend verschont geblieben und erst während der Ausbildung wieder vermehrt im Krankenhaus gewesen. Sport und Spital hätten eben oft ihren Alltag bestimmt. «Ich war dankbar für Phasen, die nicht so stark von der Krankheit bestimmt waren.»

Und wie geht sie mit ihrer Behinderung im Alltag um? Was sind die grössten Herausforderungen? Und wie reagiert ihre Umgebung auf sie, wenn sie beispielsweise vom Rollstuhl aufs Brett wechselt und den Hang hinuntersaust? «Oft ist es sicherlich irritierend, diese Kontraste zu sehen», antwortete sie. «Aber wenn ich merke, dass über mich getuschelt wird, gehe ich auch offen auf die Leute zu.» Manchmal gebe es auch Tage zum Verzweifeln, aber diese seien zum Glück – auch dank ihres guten Umfeldes aus Familie und Trainerteam – doch eher selten.

Romy Tschopp gab im «Nachtcafé» noch weitere Episoden aus ihrem Leben zum Besten und beantwortete diverse Fragen aus dem Publikum. Ausserdem sprach sie über die Vorbereitung und Finanzierung eines Dokumentarfilms über sie oder erzählte von ihren sportlichen Zukunftsplänen: «Wenn alles gut läuft und meine gesundheitliche Situation stabil bleibt, werde ich weiter Rennen fahren. Daneben werde ich mich weiterhin für Behinderte und ihre Rechte einsetzen, zum Beispiel mit Aufklärungsbesuchen bei Schulklassen.»

Die ebenso interessante wie kurzweilige Talkrunde, die das Publikum auch öfters zum Schmunzeln und Lachen brachte, dauerte rund eine Stunde. Man erfuhr darin nicht nur einiges über eine erfolgreiche und aufstrebende Sportlerin, sondern auch über einen jungen Menschen, der trotz körperlicher Einschränkung mit dem Leben und all seinen Schicksalsschlägen umzugehen weiss.


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