Für Markus Meier kommt der 15-Minuten-Takt der WB zu früh

Eigentlich könnte man denken, dass sich das ganze Oberbaselbiet mit dem Waldenburgertal über den vom Landrat genehmigten 15-Minuten-Takt freut. Doch dem ist nicht so. Zu den Kritikern gehört der Ormalinger SVP-Landrat Markus Meier. Man hätte den Start der neuen Waldenburgerbahn abwarten müssen, sagt er im Interview.

Tobias Gfeller

Herr Meier, der 15-Minuten-Takt bringt einen Mehrwert für das Waldenburgertal. Warum haben Sie sich dagegen gewehrt?
Markus Meier: Ich hatte im Landrat Ja gesagt zum 300-Millionen-Franken-Neubau. Was aber jetzt durch die mehrheitliche Zustimmung zur Motion mit dem 15-Minuten-Takt beschlossen wurde, kommt zur Unzeit. Wir stehen im Kanton zwischen zwei Generellen Leistungsaufträgen (GLA) für den öffentlichen Verkehr. Dieser Viertelstundentakt wird in einen laufenden GLA hineingewürgt. Man hat die Chance vertan, die Bahn in Betrieb zu nehmen und weitere Entscheide aufgrund des effektiven Nutzerverhaltens zu treffen. In Stosszeiten war der Viertelstundentakt sowieso vorgesehen. Ich bezweifle, dass eine ständige Nachfrage besteht, die ein solches Intervall sinnvoll macht.

Sie hätten es bevorzugt, wenn man zuerst die neue Bahn in Betrieb genommen hätte?
Richtig. Man hätte messen können, wie voll die einzelnen Züge sind. Nun hat man vorzeitig «dreingeschossen», ohne Erfahrungswerte.

Empfinden Sie die Überweisung des Vorstosses durch den Landrat als «Luxusentscheid»?
Das ist nicht das richtige Wort. Ich nenne es Husarenstreich. Mit der neuen Bahn erhält das Tal einen grossen Mehrwert. Nun hat man auf der Zielgeraden noch den Viertelstundentakt hineingezwängt. Auf den 10. GLA ab 2026 hin hätte man das Ganze seriös prüfen und faktenbasiert entscheiden können.

Werden andere Regionen gegenüber dem Waldenburgertal benachteiligt?
Als Landrat ist man Kantonspolitiker, vertritt aber auch eine Region, einen Wahlkreis. Wenn ich meinen Wahlkreis Gelterkinden betrachte, gibt es bei der Anbindung der einzelnen Dörfer an den öffentlichen Verkehr enorme Unterschiede. Im Vergleich zum Waldenburgertal sind wir nicht halb so gut bedient. Pikanterweise wurde in der gleichen Landratssitzung erneut bekräftigt, dass eine Verlängerung des U-Abos bis nach Olten nicht infrage komme, weil dies unter anderem zu teuer sei. Mit dem durchgewinkten Vorstoss erhält die Waldenburgerbahn einen Viertelstundentakt, der jährlich 800 000 Franken mehr kostet. Bei den ÖV-Angeboten gibt es grosse Diskrepanzen zwischen den Regionen.

Es ist ungerecht.
Ich bezeichne es als unausgewogen.

Hat das Waldenburgertal ein besseres Image als andere Täler und Regionen im Oberbaselbiet?
Vielleicht ja. Mit der Hauenstein-Verbindungsachse, der ehemaligen Uhrenindustrie und seiner früheren Schmalspurbahn hat das Tal eine bekannte Geschichte. Dadurch haftet dem Ganzen vielleicht ein Nimbus an, der die Landrätinnen und Landräte zu ihrem Ja-Entscheid verführt hat. Im Landrat war populistisch vom Ende des Waldenburgertals als «Lost Valley», als verlorenes Tal, die Rede. Das ist überzogen. Es wird jetzt einfach deutlich aufgewertet. Im Vergleich zu anderen Regionen mit gleich grossem Einzugsgebiet wird jetzt aber übertrieben. Damit kommt die Unausgewogenheit zum Tragen.

Schliessen Sie es aus, dass Sie zu einem späteren Zeitpunkt dem 15-Minuten-Takt zugestimmt hätten?
Nein. Das ist genau das, was mich am Ganzen so wurmt. Bei einer Ablehnung des Vorstosses hätte man bei der neuen Bahn das Kundenverhalten konkret prüfen und erkennen können, wann sie wie stark frequentiert ist. Auf dieser Faktenbasis hätte man optimieren können. Das wäre ein Massanzug-Fahrplan geworden, im Gegensatz zum jetzigen Giesskannen-Fahrplan mit einem Rundum-Viertelstundentakt.

Das Waldenburgertal erhält ja schon die neue Bahn. Ist jetzt der 15-Minuten-Takt für Sie zu viel des Guten?
Man zwingt der Bahn ein Leistungsangebot auf, ohne zu wissen, ob es in einem betriebswirtschaftlich sinnvollen Umfang beansprucht wird. Es wird sich zeigen, ob die jährlich zusätzlichen 800 000 Steuerfranken sinnvoll ausgegeben sind. Wird die Auslastung nicht erreicht, dürfte die Abkehr vom Rundum-Viertelstundentakt schwierig sein. Wer in einer 5-Zimmer-Wohnung lebt, will selten zurück in ein 3-Zimmer-Logis. Vielleicht war das der taktische Hintergrund des Vorstosses: das Kalkül, dass eine von Anfang an bestehende Luxuslösung nie mehr zurückgefahren wird. Gegen einen Viertelstundentakt in nachgewiesen ausgelasteten Stosszeiten habe ich nichts.

Kommen jetzt auch andere Täler und Regionen mit Ansprüchen?
Ich rechne damit, dass beim 10. GLA Ausbauwünsche kommen werden mit dem Nachsatz: «Das muss jetzt hier auch gehen, es ist bei der Waldenburgerbahn ja auch gegangen.» Solche Forderungen waren bereits zu vernehmen. Mit dem Viertelstundentakt im Waldenburgertal ist eine Messlatte gelegt worden, an der sich künftige Forderungen orientieren werden.

Wenn man an den gescheiterten Vorstoss für das U-Abo bis nach Olten denkt, muss man sich fragen, ob das Oberbaselbiet im Landrat zu wenig zusammenhält.
Nein, ich sehe das nicht so. Jener Vorstoss wurde von Landrätinnen und Landräten aus dem ganzen Oberbaselbiet unterstützt.

Grundsätzlich zum öffentlichen im Oberbaselbiet: Wo sehen Sie im Hinblick auf den kommenden Generellen Leistungsauftrag Handlungsbedarf?
Wenn sich das Baselbiet als Tourismuskanton anpreist, in den Oberbaselbieter Wandergebieten am Sonntag den Bus aber nur stündlich oder gar nicht fahren lässt, ist das nicht konsistent. Im 9. GLA sind viele Busfahrpläne im oberen Kantonsteil relativ dünn herausgekommen. Hier dürften Begehrlichkeiten angemeldet werden. An ihrer Haltung dazu werden dann die Landrätinnen und Landräte gemessen, die dem Waldenburgertal jetzt die üppige Schwarzwäldertorte mit Extra-Schlagrahm zugeschanzt haben.

Wie schaffen Sie es im Oberbaselbiet, künftig als Kantonsteil bei solchen Projekten – auch den motorisierten Individualverkehr betreffend –, besser zusammenzuarbeiten?
Für mich verläuft keine Front zwischen Ober- und Unterbaselbiet, sondern vielmehr zwischen ÖV- und Velofanatikern gegenüber jenen Pragmatikern, die begreifen, dass gerade auf dem Land der Individualverkehr unverzichtbar ist. Es geht eher um eine Geisteshaltung, nicht um Regionen.

«Taktverdichtung ist Zwängerei»

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