«Sonne» wird schrittweise eröffnet
25.11.2021 Baselbiet, Gastronomie, Bezirk Sissach, SissachChristian Horisberger
Bereits vor einer Woche am Herbstmarkt machte die Nachricht die Runde. Ein Gastgeber für die rundumerneuerte «Sonne» sei gefunden. Auf Nachfrage bestätigt Miteigentümer Michele Linsalata, dass er einen Geschäftsführer verpflichten konnte: ...
Christian Horisberger
Bereits vor einer Woche am Herbstmarkt machte die Nachricht die Runde. Ein Gastgeber für die rundumerneuerte «Sonne» sei gefunden. Auf Nachfrage bestätigt Miteigentümer Michele Linsalata, dass er einen Geschäftsführer verpflichten konnte: Bernhard Raemy, einen Gastro-Profi, der unter anderem während zehn Jahren Gastgeber im Schloss Binningen gewesen war. Was ebenfalls für ihn sprach: Raemy wohnt seit zwei Jahren mit seiner Lebenspartnerin in Sissach und ist mit dem Dorf, der «Sonne» und mit den Sissachern bereits vertraut. Ausserdem passt das Hotel Sonne in sein «Beuteschema»: Häuser mit langer Tradition und Geschichte zögen ihn besonders an, sagt der künftige Gastgeber im Gespräch mit der «Volksstimme».
Für den designierten Geschäftsführer gilt es, keine Zeit zu verlieren: Anfang Februar werden die ersten Seniorinnen und Senioren ihre Wohnungen in der «Sonne» beziehen. Bis dann muss die Residenz parat sein. Im besten Fall kann zu diesem Zeitpunkt auch die historische Gaststube – neu mit offener Küche – wiedereröffnet werden. Mit einem guten Dutzend Mitarbeitenden und einem 5-Tage-Betrieb im Restaurant sollte dies möglich sein, schätzt Raemy. Er sei zuversichtlich.
Küchenchef als Schlüsselposition
Den Hotelbetrieb, das neue, gehobene Restaurant sowie die «Kellerwelt» mit Bar, «Fonduestübli» und Zigarren-Lounge möchte der künftige Gastgeber nach und nach hochfahren, abhängig vom Fortschritt der Personalrekrutierung und davon, wie rasch sich die Abläufe «einschleifen». Loslegen werde man jeweils erst dann, wenn den Gästen ein Service auf gutem Niveau geboten werden könne, sagt Raemy: «Vom ersten Tag an muss alles tipptopp sein.» Ab Sommer kommenden Jahres hofft er die «Sonne» in ihrer ganzen Pracht strahlen lassen zu können.
Die wichtigste Personalie ist der Chef de Cuisine. Er sei bereits im Gespräch mit mehreren Kandidaten, die sich für die Position interessieren, sagt der Hotel-Manager. Er wünscht sich für die Küche nicht nur einen kreativen Könner, sondern ebenso einen passionierten Berufsmann, der auch gerne vor die Gäste hinsteht. Mit einem solchen Partner will Raemy kulinarische Erlebnisse kreieren und zelebrieren. Der Persönlichkeit und dem Können des Chefkochs misst der Hotelier höhere Bedeutung bei als der geografischen Herkunft seiner Gerichte. Daher sei völlig offen, ob im neuen Speiselokal gehobene italienische, französische, asiatische oder eine andere Küche angeboten wird.
Parallel zur Personalrekrutierung muss der Gastro- und Hotelkomplex mit Inventar ausgestattet werden. Tische und Stühle sind bereits bestellt, Weiteres wie Besteck und Geschirr, Bettbezüge und Handtücher oder Kassen und Computer sind noch zu beschaffen. Doch anders als es die Eigentümer Adriana und Michele Linsalata geplant hatten, wird Bernhard Raemy das Inventar nicht «mitbringen» beziehungsweise selber finanzieren, sondern als Angestellter der Besitzer arbeiten. Die gewünschte Pächter-Lösung für die «Sonne» mit einem Gastrounternehmen oder -unternehmer habe sich nicht bewerkstelligen lassen, sagt Michele Linsalata zur «Volksstimme». Den dafür infrage kommenden Kandidaten erschien das Risiko aufgrund von Corona als zu hoch. Für Raemy wäre eine Pacht aus finanziellen Gründen keine Option gewesen, sagt dieser. Dafür wäre ein Kapital von mehreren Hunderttausend Franken erforderlich.
Fribourger und Freizeitsportler
Also werden die Linsalatas erneut in die eigene Tasche greifen müssen, um der «Sonne» Leben einhauchen zu können. Sie haben für die Sonne eine Betriebs-AG gegründet und schiessen das Betriebskapital ein. Das operative Geschäft vertrauen sie einem Mann an, der in dieser oder ähnlicher Position bereits mehrere traditionsreiche Häuser geführt hatte: Raemys bislang letzte Station war der «Bären» in Langenthal, ein imposantes Jugendstilhotel mit 37 Zimmern, einigen Mietwohnungen sowie einem grossen Restaurant mit mehreren Gasträumen. Der «Bären» kam kürzlich in neue Hände, der Hotelbetrieb wird auf Ende Jahr eingestellt. Den früheren Hoteldirektor braucht es nicht mehr. Zuvor hatte Raemy während zehn Jahren als Pächter das Schloss Binningen mit 23 Zimmern und einem Gourmetrestaurant geführt, im Viersternehotel Basel am Spalenberg war er vorher stellvertretender Direktor gewesen.
Aufgewachsen ist Raemy im Kanton Fribourg, wo er Lehren als Koch und Bäcker-Konditor absolvierte und ein Praktikum als Metzger machte. Dort hatte er während fünf Jahren auch ein eigenes Restaurant geführt. Mit Weiterbildungen und Praktika in der Hotellerie holte er sich das Rüstzeug, um Hotel- und Gastrobetriebe führen zu können. Der 54-Jährige ist stolzer Vater von vier Töchtern, die alle – wie auch er – aktiv Fussball spielen. Der Vater steht ausserdem bei den EHC-Basel-Oldtimers im Tor und geht mit einer Fliegenrute auf Fischfang.
Wie im Sport wird Raemy auch bei seinen Aufgaben in der «Sonne» sowohl Energie als auch Geduld aufbringen müssen. Als grösste Herausforderungen in der «Sonne» nennt er die Rekrutierung des Personals auf einem ausgetrockneten Arbeitsmarkt, das richtige Timing für die schrittweise Eröffnung und – eben – Geduld. Und genau das reize ihn auch: «Einen vielfältigen Betrieb wie diesen mit Leben zu füllen ist spannender, als sich ins gemachte Nest zu setzen.»