Singsang der Tiere

In der heutigen Kolumne steht nicht eine persönliche Beobachtung, sondern das Thema eines Buches im Fokus. Es heisst «Von singenden Mäusen und quietschenden Elefanten» und stammt von Angela Stöger, einer österreichischen Bioakustikerin, die seit Jahren in Zoos und in der freien Wildbahn Forschung betreibt. Alle Säugetiere besitzen im Kehlkopf, am oberen Ende der Luftröhre, Stimmbänder, die beim Durchströmen der Luft Töne erzeugen. Bei Vögeln, den Meistern des Gesangs, erfolgt die Tonerzeugung am unteren Ende der Luftröhre, in der sogenannten Syrinx. Bekannt sind die Töne der Heuschrecken, die sie mit ihren Flügeln oder Beinen erzeugen, die an einem harten Gegenstück des Körpers reiben.

Zusätzlich zu den Tönen, die durch Stimmorgane erzeugt werden, gibt es eine Fülle von Geräuschen, die durch Stampfen, Schwirren und Klatschen von Körperteilen in ihrer jeweiligen Umwelt entstehen. Ebenso mannigfaltig wie die Arten der Tonerzeugung sind deren Funktionen: Kontaktrufe, Warntöne, Reviergesang, Balzverhalten und mehr.

Fische gelten als «stumm». Tatsächlich gibt es aber diverse Fische, die durchaus zu lautlicher Kommunikation fähig sind. So knurrt der Zwerggurami mit Hilfe von Trommelmuskeln, welche die Schwimmblase in Schwingung bringen. Pazifische Heringe kommunizieren mit bis zu acht Sekunden langen «Furzsalven», die auf ähnliche Weise entstehen. Das Liebeslied der trägen Koalas entsteht durch das Flattern der Gaumensegelfalten und nicht durch Töne der Stimmbänder. Bei uns Menschen sagt man dem «Schnarchen» – und dieses bewirkt das Gegenteil eines Balzgesangs. Das Schnurren der Katzen entsteht in den Stimmbändern, aber nicht, weil Luftströme diese in Bewegung bringen. Die Stimmsaiten werden durch Muskeln in Schwingung gebracht, was erklärt, warum Katzen ihr «Motörchen» beim Ein- und Ausatmen ertönen lassen können. Vögel und auch Affen setzen je nach Feind unterschiedliche Warntöne ab.

Erstaunlich ist, dass die Kombination verschiedener Warntöne nicht etwa die totale Gefahr anzeigt, sondern beispielsweise bei Meerkatzen das Signal zum gemütlichen Aufbruch der Gruppe bedeuten kann – eine vollkommen andere Information.

Und nun zu den Hauptforschungsobjekten der Autorin, den Elefanten: Die tiefen, für uns Menschen manchmal nicht hörbaren «Rumpeltöne» entstehen im Kehlkopf und werden über die massiven Beine auch an den Boden weitergegeben. Damit können Elefantenherden auch über grosse Distanzen miteinander kommunizieren.

Diese Art der Tonerzeugung entspricht unserem Reden und Plaudern und ist ebenso vielfältig. Laut Forscherin haben sich Elefantenweibchen jeweils mehr zu erzählen als Männchen. Beim Trompeten wird die Luft heftig durch den Rüssel ausgestossen, wo genau der Ton entsteht, ist noch nicht klar. Elefanten können aber auch hohe Quietschtöne erzeugen, ähnlich wie wir es von Papageien oder Meerschweinchen kennen. Untersuchungen haben gezeigt, dass diese durch Luft, die durch zusammengepresste Lippen strömt, entstehen. Erstaunlicherweise sind diese Tonfolgen bei jedem Tier etwas anders und werden im Laufe des Elefantenlebens immer wieder variiert. Zahlreiche Erkenntnisse machen das Buch lesenswert.

Daniel Zwygart ist Biologe. Er unterrichtete während vieler Jahre am Gymnasium Liestal.

ZOOLOGISCH

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