Lilot Hegi und Charles Brauer halten Festrede

An der Bundesfeier in der Sissacher Begegnungszone hat erstmals ein Paar eine gemeinsame Festansprache gehalten. Von einer Wellness-Rede wollten Lilot Hegi und Charles Brauer nichts wissen.

Jürg Gohl

«Vergehe Zeit und mach einer besseren Platz! Wir haben doch nun genug verloren.» Treffender hätte Charles Brauer, der Schauspieler und frühere «Tatort»-Kommissar, die Bundesfeier in Sissach nicht zusammenfassen können als mit diesem Ringelnatz-Zitat am Anfang. Denn im festlich geschmückten und stattlich besetzten Festzelt in der Begegnungszone standen die Zeichen in verschiedener Hinsicht auf Aufbruch.

Da ist an erster Stelle der Mut des Gemeinderats zu nennen, unter Covid-Regeln überhaupt einen öffentlichen Anlass durchzuführen. «Covid und der Regen», sagte Gemeindepräsident Peter Buser in seiner Begrüssungsadresse und nannte so neben der Pandemie noch eine weitere Katastrophe, die das obere Baselbiet in den vergangenen Wochen heimgesucht hat und damit eine erneute Absage begründet hätte.

Neu hielt zudem erstmals ein Paar die Festtagsrede: Charles Brauer, der bereits vor einem Jahr in Sissach gesprochen hätte, wäre da nicht die Absage wegen Corona gewesen, trat mit seiner Ehefrau, der Künstlerin Lilot Hegi, ans Rednerpult – dies auch wegen des Jubiläums «50 Jahre Stimmund Wahlrecht für die Frauen». Nach der kurzen Ringelnatz-Einleitung ihres Mannes skizzierte sie die unendliche Geschichte der Gleichberechtigung, ein beschämendes Kapitel, das längst nicht abgeschlossen sei.

Mit Kritik deckte das Paar aber nicht bloss Bremser dieser Entwicklung ein. Hart ins Gericht gingen sie auch mit all jenen, die den Klimawandel noch immer auf die leichte Schulter nehmen oder die sich wegen der Corona-Massnahmen in einer Diktatur wähnen. Deren Stil umkehrend nannte Charles Brauer sie selber «Schäfchen, die blind einem selbst ernannten Experten folgen». Bei allem Lob an die Schweiz forderte der gebürtige Berliner das Land, in dem er seit gut 30 Jahren lebt, auf, sich nicht als Insel zu wähnen. Lilot Hegi rief zu «mehr Solidarität, Mass und Bescheidenheit» auf. Das Duo Hegi/Brauer aus Böckten muss auf niemanden Rücksicht nehmen und erntete für seine deutlichen Worte weit mehr als den bei solchen Reden handelsüblichen Applaus.

Die von Gemeinderat Robert Bösiger orchestrierte Feier wurde musikalisch umrahmt. Wie üblich trug nach der Ansprache der örtliche Musikverein eine Handvoll Märsche vor, angefangen mit dem Baselbieter Marsch, endend mit dem Schweizerpsalm. Schön, dass Neuerungen gewagt werden; schön, dass Traditionelles seinen Platz behalten kann.

Nebst Sissach, Buus, Tenniken, Maisprach und Gelterkinden (die Volksstimme berichtete) fanden auch in vielen anderen Baselbieter Gemeinden 1.-August-Feiern statt. Rafael Wunderlin aus Lausen war auf der Sichtern in Liestal mit dabei und schickt uns ein Video von der Feier.

https://www.youtube.com/watch?v=zcptV6BkPp4&t=202s

Alt und neu unter dem Zeltdach

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