Kurzweil für die werten Kurgäste
20.07.2021 Baselbiet, Gastronomie, NaturChristian Horisberger
Der erste, hölzerne Sonnenbergturm zwischen Möhlin und Maisprach ist 1875 errichtet worden – für die Rheinfelder Kurgäste, die den Blick in die Ferne schweifen lassen wollten. Heute ist der Aussichtsturm Anziehungspunkt für Wanderer ...
Christian Horisberger
Der erste, hölzerne Sonnenbergturm zwischen Möhlin und Maisprach ist 1875 errichtet worden – für die Rheinfelder Kurgäste, die den Blick in die Ferne schweifen lassen wollten. Heute ist der Aussichtsturm Anziehungspunkt für Wanderer und Biker, vor allem aus dem Fricktal und dem oberen Baselbiet. Ebenso verlockend wie die Aussicht sind der Picknick- und Spielplatz am Fuss des Turms und die Spezialitäten aus dem «Turmstübli», das seit 1950 von den Naturfreunden Möhlin betrieben wird.
«Das Naturfreundehaus ist – Corona ausgenommen – während des ganzen Jahres jeden Sonn- und Feiertag geöffnet, ob es hagelt, stürmt oder ein halber Meter Schnee liegt», verkündet Turmwart Max Hägler. «Wirklich jeden Sonnund Feiertag?», fragen wir ihn ungläubig. Hägler buchstabiert zurück: «Also gut – nach dem Sturm Lothar mussten wir eine kurze Pause einlegen. Der Sturm hatte die Bäume auf der Bergkuppe flachgelegt ...»
Max Hägler gehört seit Jahrzehnten zum harten Kern der Naturfreunde Möhlin, die das heutige Lokal auf dem Sonnenberg 1975 gebaut haben und bis heute als Ausflugsbeiz betreiben. Einst präsidierte der Zeininger den Verein mit rund 200 Mitgliedern. Heute steht er – wie schon seine Eltern – regelmässig als «Turmwart» des Naturfreundehauses im Einsatz, um dafür zu sorgen, dass die hungrigen und durstigen Ausflügler etwas in den Magen bekommen.
Bei schönem Wetter locken der Aussichtsturm – er kann für einen Obolus von 1 Franken bestiegen werden – und die Beiz bis zu 300 Wanderer, Spaziergänger und Velofahrer zum Ausflugsziel auf 632 Metern über Meer. Seit dem E-Bike-Boom habe der Anteil der Velofahrer merklich zugenommen, sagt Hägler und schmunzelt. Noch entspannter kamen einst die Damen und Herren Kurgäste der Solbäder in Rheinfelden auf den Sonnenberg: Die Herrschaften liessen sich in Kutschen hochfahren, um vom Aussichtsturm aus die Alpen bewundern zu können, erzählt der frühere Präsident.
Der heutige Turm wurde 1913 neu erbaut: quadratischer Grundriss, aussen solides Mauerwerk, innen eine enge Holztreppe, die zur rundum geschlossenen und überdachten Aussichtsplattform mit einer breiten Fensterfront in 22 Metern Höhe führt. Der Sonnenbergturm steht auf der Kantonsgrenze von Aargau und Baselland. Zwei Drittel des Grundrisses befinden sich im Fricktal, ein Drittel im Baselbiet. Für den Unterhalt des Turms sorgt ein von den Nauturfreunden Möhlin unabhängiges Komitee. Es setzt sich aus Gemeinderatsmitgliedern der umliegenden Dörfer zusammen, in deren Eigentum sich der Turm befindet – also aus Maisprach, Möhlin, Magden, Zeiningen und Rheinfelden.
Anders als der Turm befindet sich das Stübli mit seinen 35 Plätzen innen und rund 30 im Freien (gedeckt) ganz auf Baselbieter beziehungsweise auf Maispracher Boden. Daher ist für alle Bewilligungen rund um den Betrieb des Beizlis «Liestal» verantwortlich. Fürs Grundstück haben die Naturfreunde 1975 einen Dienstbarkeitsvertrag mit der Gemeinde Maisprach abgeschlossen. Damit haben sie auf dem Sonnenberg bis 2074 das Sagen.
Das Turmstübli ist ganzjährig jeden Sonn- und Feiertag geöffnet (9.30 bis 17.30 Uhr).
www.naturfreunde-moehlin.ch www.sonnenbergturm.ch
Die Serie mit Ausflugszielen an der Grenze des Baselbiets wird fortgesetzt.
NACHGEFRAGT
«Im Winter platzt das Stübli aus allen Nähten»
Herr Hägler, eigentlich ist es ein Jammer, dass Sie nur am Sonntag geöffnet haben. An einem schönen Samstag dürfte der Sonnenberg doch auch viele Wanderer anlocken.
Max Hägler: Das wäre sicher so, aber es ist so schon schwierig, genügend Helferinnen und Helfer zu finden, die das «Turmstübli» auch nur sonntags betreiben. Von unseren 200 Mitgliedern packen zwischen 40 und 50 in der Beiz mit an. Wer mithilft, wird am Umsatz beteiligt.
Das Lokal scheint das Vereinsleben zu dominieren. Was ist aber der eigentliche Vereinszweck der Naturfreunde Möhlin?
Der Betrieb des Turmstüblis ist unser Hauptzweck. Den Ertrag aus der Wirtschaft stecken wir ins Lokal und in die Umgebung, zudem unterstützen wir damit Vereinsanlässe wie Bergtouren oder Schneeschuhtouren.
Das Turmstübli ist das ganze Jahr über in Betrieb. Wann lohnt sich ein Besuch besonders?
Bei guter Fernsicht. Am meisten Betrieb herrscht im Herbst und im Winter. Zur Winterzeit platzt das Turmstübli oft aus allen Nähten. Den geringsten Zulauf haben wir im Sommer. Die Leute sind entweder in den Ferien oder gehen an sonnigen Tagen lieber ins Schwimmbad. Wer uns im Sommer besucht, kommt eher schon am Vormittag oder Mittag. Ab zwei Uhr nachmittags ist häufig nicht mehr viel los.
Auf Ihrer Getränkekarte habe ich einen «Turmkaffee» entdeckt. Worauf muss ich mich da gefasst machen?
Auf einen Kaffee mit Schlagrahm obendrauf und einem Liqueur-Gemisch drin. Unser Verwalter René Fischler hatte den Kaffee einst anlässlich einer Sponsoring-Aktion zur Erneuerung der Küche kreiert. Er war so beliebt, dass wir ihn fix auf die Karte genommen haben.
Woraus besteht das Gemisch?
Das ist das Geheimnis von René Fischler. Er verrät es niemandem.