Urs Blindenbacher – Theaterpädagoge und Organisator von Jazz-­Festivals

  15.10.2020 Nachtcafé

Rund 1000 Konzerte, 29 Ausgaben des Basler Jazzfestivals und zahlreiche Theaterprojekte hat Urs Blindenbacher bisher als Veranstalter hinter der Bühne begleitet. Am Donnerstag stand er zur Abwechslung einmal selber im Rampenlicht. Beim «Nachtcafé», organisiert vom Verein Sissach Live und der «Volksstimme», hat der 67-Jährige über sein Schaffen, seine Erfolge und Misserfolge erzählt.

2020 sei bisher ein Jahr voller Hoffnung und Enttäuschung gewesen, sagte Blindenbacher zu Beginn eines Abends, der von der Gegenwart in die Vergangenheit und wieder zurück führte. Er blicke nicht nur mit schlechten Gefühlen auf die diesjährigen Ereignisse zurück. «Das letzte Konzert vor dem Lockdown war magisch», schwärmte er. Und auch das erste Konzert, das unter Einschränkungen wieder möglich war, sei unglaublich gewesen: «Fast nirgends fanden zu diesem Zeitpunkt Konzerte statt. Alle hatten aufgegeben, wir nicht.»

Am Anfang Jazz auf «SWF2»

Nach der anfänglichen Jahresbilanz machten Talkmaster Robert Bösiger und Blindenbacher einen Abstecher in die Vergangenheit. In die Zeit, als der damals etwa Zwanzigjährige begann,  sich mit der Musik auseinanderzusetzen, die ihn bis heute begleitet. Bereits während seiner Schulzeit sei er jeden zweiten Tag mit zwei Kollegen vor dem Radio gesessen und habe auf «SWF2» Jazzmusik gehört, erinnerte sich Blindenbacher. Besonders Free Jazz sei für ihn damals eine ganz andere Welt gewesen. «Am Anfang verstand ich gar nichts, doch je länger ich mich damit beschäftigte, desto mehr lernte ich dazu und desto stärker faszinierte mich diese Art von Musik.» Auf die Frage, ob er Free Jazz mittlerweile verstehe, meinte Blinden­bacher lachend: «Ich glaube schon.»

Neben dem Organisieren von Konzerten unterrichtete Blindenbacher bis zu seiner Pensionierung am Gymnasium Liestal. Zusätzlich betreut der ausgebildete Theaterpädagoge zahlreiche Theaterprojekte und bietet auch Kurse an der Volkshochschule an. Es sei nicht immer einfach gewesen, all das unter einen Hut zu bringen, gab der Nachtcafé-Gast zu. Für das Organisieren grösserer Events und die Ausbildung habe er früher die Schulferien genutzt.

Manchmal seien sein Berufs- und sein Privatleben aber auch aufeinandergeprallt. So zum Beispiel bei der Geburt seines Sohnes. Am selben Tag habe ein von ihm organisiertes Konzert stattgefunden. «Als ich die Musiker hätte empfangen sollen, stand ich noch im Kreisssaal», erinnerte sich Blindenbacher.

Kiffen im Tram

In den 45 Jahren, in denen er bereits Jazzkonzerte organisiert, hat Blinden­bacher viele berühmte Persönlichkeiten kennengelernt. Beim Gespräch in der Oberen Fabrik erzählte er von einem Abendessen mit Bobby McFerrin, bei dem der Musiker dem Servicepersonal seine Bestellung vorsang. Ein anderes Mal habe er eine amerikanische Band auf dem Polizeiposten abholen müssen, weil die im Basler Tram fröhlich einen Joint geraucht hatten. Er erzählte aber auch von schwierigen Situationen. Der bisher schlimmste Moment, so Blinden­bacher, sei der Tod des Geigers der kubanischen Band «Buena Vista Social Club» gewesen. Dieser starb während eines Konzerts hinter der Bühne nach einem Aortariss.

Zum Abschluss des Abends ging es dann doch noch einmal um die Gegenwart. Als Gründer und Organisator des Basler Jazzfestivals hat auch Blindenbacher die Folgen der Pandemie gespürt. Zum 30-jährigen Bestehen des Festivals war eine Jubiläums­konzertreihe im Frühling geplant, die das Organisationsteam Offbeat verschieben musste. Doch das ­Jazzfestival ist nur eine von vielen Veranstaltungen, die nicht wie geplant stattfinden können. Blindenbacher zeichnete ein düsteres Bild für die Kultur in der Schweiz: «Die Kultur ist im Moment am Zusammenbrechen.» Kinos und Theaterbetriebe bleiben leer und dort, wo Geld dringend nötig sei, werde gespart.

Er hoffe, dass sich die Kultur wieder erholen wird, sagte Blinden­bacher. Nicht zuletzt deswegen richtete er am Ende des Abends einen Dank an alle Gäste, die den Weg nach Sissach in die Obere Fabrik gefunden haben und so ein Stück Kultur am Leben erhalten.

Anna Uebelhart

 


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