Sonnenstrom vom Dorf für das Dorf
09.07.2020 Baselbiet, Energie/Umwelt, Bauprojekte, SissachElmar Gächter
«Wir predigen nicht Wasser und trinken Wein. Wir sind schliesslich Energiestadt und wollen uns auch entsprechend vorbildlich verhalten.» Mit diesen Worten nahm der Sissacher Gemeindepräsident Peter Buser die Zertifikate entgegen, mit denen die Elektra ...
Elmar Gächter
«Wir predigen nicht Wasser und trinken Wein. Wir sind schliesslich Energiestadt und wollen uns auch entsprechend vorbildlich verhalten.» Mit diesen Worten nahm der Sissacher Gemeindepräsident Peter Buser die Zertifikate entgegen, mit denen die Elektra Sissach die Einwohnergemeinde für die Förderung von nachhaltiger Solarenergie auszeichnet. Im Oktober vergangenen Jahres hat die lokale Elektragenossenschaft für rund 150 000 Franken eine Photovoltaikanlage auf dem Dach der gemeindeeigenen Mehrzweckhalle Bützenen erstellt, die jährlich rund 64 000 Kilowattstunden in ihr Netz einspeist.
Die Gemeinde selber deckt sich bei der Produzentin sowohl für die Bützenen als auch für ihr Schulhaus im Dorf mit dem sogenannten Sissastrom ein, der ausschliesslich von Sonnenenergie aus dem Dorf stammt und ebenso nur Bezügern aus Sissach vorbehalten ist. Wie Christine Brogli-Gysin als Verwaltungsratspräsidentin der Elektra Sissach festhält, gibt es den Sissastrom seit rund acht Jahren. Die selbstständige Genossenschaft will damit die Installation von Solaranlagen im Dorf fördern. Sie selber trägt mit sieben eigenen grösseren Anlagen zur Produktion der nachhaltigen Energie bei und kauft praktisch allen Kunden – aktuell sind es mehr als hundert – den überschüssigen Strom ab und vermarktet ihn in Sissach. Sie hat von den lokalen Produzenten vergangenes Jahr gegen 1,5 GWh Solarenergie bezogen und rund 60 Prozent davon als Sissastrom an ihre Kunden weiterverkauft.
Strom für viele kein Thema
Ein Ziel der Elektra Sissach ist es, den Absatz von Sissastrom zu erhöhen. «80 bis 90 Prozent der produzierten Menge möchten wir in Sissach schon absetzen können», sagt Stephan Jurt, Geschäftsführer der Elektra Sissach. Dass der Absatz nicht mit der Produktion mithalten kann, will er nicht allein dem Preis zuschreiben – der Sissastrom ist gegenüber dem Strom aus Wasserkraft um 3,75 Rappen pro kWh teurer. Christine Brogli-Gysin hat an ihrem eigenen Einfamilienhaus berechnet, dass sich der jährliche Mehrpreis in der Höhe von rund 200 Franken bewegt. Aus Sicht von Jurt und Brogli ist es eher so, dass sich die Leute, wenn überhaupt, nur wenig für den Strompreis interessieren. Er sei für viele schlichtweg kein Thema, sind beide überzeugt. «Es ist auch eine Frage der Überzeugung: Will ich den nachhaltigen Strom fördern und will ich mir dies auch leisten?», so Jurt.
Die Elektra Sissach hat 2019 ihren Kunden zum ersten Mal in der Grundversorgung nur elektrische Energie aus erneuerbaren Energiequellen angeboten. Sie haben die Wahl zwischen Solarstrom aus Sissach – dem Sissastrom – und elektrischer Energie aus Schweizer Wasserkraftwerken. Der Strom wird grösstenteils von der Elektra Baselland bezogen, vier Prozent werden als Sissastrom in Sissach produziert.
Sissacher Bezüger mit einem Verbrauch von weniger als 100 000 kWh pro Jahr müssen ihren Bedarf bei der Elektra Sissach beziehen, bei grösseren Jahresmengen können sie sich auf dem freien Markt eindecken. «Deshalb sind wir besonders stolz, dass wir auch auf solche Grossbezüger zählen dürfen», hält Jurt fest.
Für Verwaltungsratspräsidentin Christine Brogli-Gysin steht fest, dass es sich lohnt, Sissastrom zu beziehen. «Wir fördern die nachhaltige Energie, indem wir unseren Kleinkunden den überschüssigen Strom blind abkaufen, ihnen eine anständige Einspeisevergütung zahlen und sie mit der Vermarktung nichts zu tun haben.»