Buchtipp | «Das grosse Los» von Millionenshow-Gewinnerin Meike Winnemuth

Die Journalistin Meike Winnemuth gewann bei Günther Jauch eine halbe Million Euro, packte ihre Koffer und lebte ein Jahr lang in zwölf verschiedenen Städten.

Yvonne Zollinger

Was würden Sie mit 500 000 Franken machen, die Ihnen einfach so in den Schoss fallen? Fürs Alter auf die Seite legen? Das Haus renovieren? Schulden begleichen? Oder doch etwas weniger Vernünftiges wie eine Reise zum Südpol?

Ende September 2010 sass Meike Winnemuth auf dem berühmten Rate-Stuhl bei Günther Jauchs «Wer wird Millionär?» und gewann 500 000 Euro. Was sie mit dem Geld machen wollte, war für sie klar: Keine Wohnung kaufen, keine Rücklagen fürs Alter bilden, sondern ein Jahr wegfahren, raus aus Deutschland, jeden Monat wollte sie in einer anderen Stadt leben. Ohne konkrete Ziele, ohne Pläne, sich einfach treiben lassen. Also schrieb sie zwölf Städtenamen auf einen Zettel: Sydney, Buenos Aires, Mumbai, Shanghai, Honolulu, San Francisco, London, Kopenhagen, Barcelona, Tel Aviv, Addis Abeba, Havanna.

Eine Schnapsidee?
Drei Monate nach dem Gewinn ging die Reise los. Sie flog nach Sydney, ohne viel Gepäck, aber mit mulmigem Gefühl im Bauch. Was wird auf sie zukommen? Ist ihr Plan eine Schnapsidee? Unendliche Freiheit lag vor ihr, aber bald wurde ihr klar, dass sie verlernt hatte, diese zu nutzen.

Sydney war für Winnemuth der perfekte Startpunkt für ihr Experiment in Sachen Freiheit. Doch sie machte die Erfahrung vieler Langzeitreisender: Der innere Duracell-Hase läuft in den ersten Wochen immer noch auf Hochtouren. Die Umstellung von der Hektik zur Musse des langsamen Reisens braucht Zeit. Darum war der Beginn ihrer Reise vollgestopft mit Aktivitäten. Den Mut, sich einfach treiben zu lassen und an einer Traumdestination einfach gar nichts zu tun, hat sie erst auf Hawaii, vier Monate später.

Zwölf Städte in zwölf Monaten waren eine Herausforderung. Jede Stadt verlangte ihr etwas Unerwartetes ab. In Buenos Aires lernte sie, dass Tango-Tanzen nicht zu ihren Werkeinstellungen gehört und dass sie lieber ihre Zeit mit etwas verbringt, das sie wirklich mag. In Shanghai entdeckte sie, dass es auch beglückend sein kann, einmal nichts zu verstehen. In Mumbai konnte sie sich selbst nicht mehr leiden, weil sich in der Stadt nur bewegen kann, wer das Elend schulterzuckend hinnimmt.

Mit Humor und Selbstkritik
Ihre Erfahrungen, Erlebnisse und Begegnungen fasste die Weltenbummlerin in zwölf Briefen an Freunde und Familie zusammen. Voller Humor, selbstkritisch und ohne verklärten Blick auf ihre Reiseziele.

In jeder Stadt begegnete Meike Winnemuth nicht nur vielen neuen Menschen, sondern vor allem auch sich selbst. Sie tauchte in zwölf völlig unterschiedliche Leben ein und stellte fest: Es geht immer auch anders. Zum Beispiel mit viel weniger Dingen als man denkt. Die Beschränkung auf das Nötigste an Reisegepäck machte ihr noch vor der Rückkehr nach Hamburg klar: Ihre Wohnung ist zu gross, sie hat zu viele Sachen und zu wenig Zeit. Ausserdem beschloss sie, in Zukunft mehr das zu tun, was sie wirklich will, und weniger, was von ihr erwartet wird.

Mit ihrem Gewinn hat Winnemuth das ganz grosse Los gezogen, er hat ihr Leben verändert – das Beste daran: Die 500 000 Euro hätte sie dafür gar nicht gebraucht. Sie ist mit viel weniger Geld ausgekommen als geplant.

Winnemuths Buch macht Lust zum Reisen und zum Nachdenken über die Hindernisse, die wir uns in den Weg legen, wenn es darum geht, unser Leben so zu gestalten, wie wir es möchten.

«Das grosse Los», Meike Winnemuth, btb Verlag, 330 Seiten

Vom Rate-Stuhl hinaus in die Welt

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