Laufsport | Kalle Nothofer: Vom Sportmuffel zum Marathon-Mann

Die meisten Menschen sind bei sommerlichen Temperaturen einfach nur froh, wenn sie in den Urlaub fahren können. Der Sissacher Kalle Nothofer tut dies auch, jedoch bestimmen Laufsportveranstaltungen seine Reiseziele.

Celine Albisser

3.30 Uhr Frühstück, 5.30 Uhr Startschuss, 87 Kilometer bei 25 Grad in der prallen Sonne. Nicht gerade die idyllische Wunschvorstellung von Ferien für den Durchschnittsbürger. Kalle Nothofer nennt das eine spannende Herausforderung. Gemeinsam mit seiner Frau bereist er seit Jahren die unterschiedlichsten Destinationen, um dort einerseits Ferien zu machen, andererseits aber auch eine Laufsportveranstaltung zu absolvieren.

Dass es sich dabei nicht um eine gemütliche, zehn Kilometer lange Laufstrecke handelt, zeigt seine vor gut drei Jahren erhaltene Auszeichnung. Anfang 2016 wurde der Wahl-Baselbieter mit dem «World Marathon Major Award» geehrt. Dieser setzt voraus, dass man die sechs renommiertesten Marathons der Welt erfolgreich bestritten hat. Nach Erreichen dieses Meilensteins stellte sich für den heute 55-Jährigen die grosse Frage, was auf diese spezielle Anerkennung noch folgen sollte. Schon bald wurde er fündig: Die nächste grosse Reise sollte das Ehepaar nach Südafrika zum «Comrades Ultra-Marathon» führen.

Als Nothofer auf das «Ultimate Human Race», wie der Comrades-Marathon ebenfalls genannt wird, stiess, dachte er zuerst: «Das schaffe ich nie und nimmer.» Bei diesem Marathon handelt es sich um eine 87 Kilometer lange Laufstrecke, die es in 12 Stunden zu bewältigen gilt. Alle zwei Jahre wird eine sogenannte «uphill-Version» – also mit 1800 zusätzlichen Höhenmetern – dieses Laufs durchgeführt, so auch bei der diesjährigen Austragung.

«Nach eingehender Beschäftigung mit dem Rennen hat es mich trotzdem gepackt. Das war einmal eine neue Herausforderung, da konnte ich nicht widerstehen», erzählt der gebürtige Bayer. Somit folgten 23 Wochen akribischer Vorbereitung. Fünf Mal die Woche verschiedenste Strecken rennen, den Ernährungsplan einhalten und sich physisch und psychisch auf den Lauf einstellen. Oft alleine, aber auch mit Unterstützung des Lauf-Sport-Vereins Basel.

Von «No Sports» zum Marathon
Um am Comrades-Marathon teilnehmen zu können, muss man sich einen der 25 000 Startplätze sichern. Diese sind seit Jahren bis auf den letzten Platz besetzt, obwohl dazu ein Qualifikationsmarathon vorzuweisen ist. Wer nach den zwölf Stunden die 87 Kilometer nicht hinter sich gebracht hat, wird nicht in die Wertung aufgenommen. Während diesem halben Tag werde man jedoch tatkräftig unterstützt, sagt Nothofer. «Bereits kurz vor dem Start fanden sich unzählige Zuschauende beim Startgelände ein», erinnert er sich zurück an den grossen Tag im vergangenen Juni. «Um 5.15 Uhr erklang die Nationalhymne Südafrikas und unzählige Menschen sangen mit. Da hatte ich wirklich Gänsehaut.»

Entlang der Strecke herrschte laut Nothofer dann ein einziges Volksfest. «Die Leute grillierten, feuerten die Teilnehmenden an und genossen den Tag. Der Comrades-Marathon ist das Sportereignis schlechthin in Südafrika und wird während zwölf Stunden live am TV übertragen.» Der Zieleinlauf blieb ihm ebenfalls in bester Erinnerung. «Die Stimmung im Stadion war unglaublich und spendete nochmals zusätzlich Energie für die letzten Meter», schwärmt der Läufer.

Für den Sissacher hat sich die ehrgeizige Vorbereitung ausbezahlt: Er kam nach 9 Stunden und 39 Minuten ins Ziel, gesamthaft belegte er den 4329. Rang. Damit war er einer von rund 19 000 Läuferinnen und Läufern, welche die Zeitvorgabe erfüllten. «Wahrscheinlich der eindrücklichste und tollste Lauf, den ich je erlebt habe», schliesst er seine Erzählungen.

Neben seiner Leidenschaft Laufsport arbeitet Nothofer als Verkaufschef der Migros Basel. Wie das alles Platz habe? Manchmal müsse man kreativ werden, um die Kilometer abspulen zu können. So gehören Laufeinheiten vor dem Frühstück, mittags oder spät abends zur Tagesordnung. Kalle Nothofer schmunzelt. Früher hat er sich nicht einmal am Wochenende mit Laufsport gequält. «Mein Motto war ‹No Sports› auf ganzer Linie.» Nachdem er mit dem Rauchen aufgehört hatte, legte er einige Kilo zu, was ihn schliesslich dazu veranlasste, sich Laufschuhe zu kaufen. «Die ersten paar Kilometer waren nicht schön mit anzusehen, aber irgendwie hat es mir den Ärmel reingezogen», erinnert er sich zurück. Und zwar so fest, dass bereits die nächste Marathon-Teilnahme feststeht: Im Oktober geht die Reise nach Amsterdam.

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