Gemeinderat setzt den Rotstift an
28.09.2021 Baselbiet, Fasnacht, Gelterkinden, Bezirk SissachFasnächtler sollen Strassenreinigung neu selber bezahlen
Dicke Post fürs Gelterkinder Fasnachtskomitee: Ab 2022 will ihm der Gemeinderat 10 000 Franken für die Strassenreinigung in Rechnung stellen. Dies als eine von zahlreichen Massnahmen im Kampf gegen das strukturelle Defizit. Die ...
Fasnächtler sollen Strassenreinigung neu selber bezahlen
Dicke Post fürs Gelterkinder Fasnachtskomitee: Ab 2022 will ihm der Gemeinderat 10 000 Franken für die Strassenreinigung in Rechnung stellen. Dies als eine von zahlreichen Massnahmen im Kampf gegen das strukturelle Defizit. Die Fasnächtler sehen ihre Umzüge in ernsthafter Gefahr.
Christian Horisberger
Wie im Frühling angekündigt, schnürt der Gelterkinder Gemeinderat ein Sparpaket, um das strukturelle Defizit der Gemeinde von gegen 3 Millionen Franken jährlich ausgleichen zu können. Jetzt geht es ans Eingemachte. So will der Gemeinderat den Fasnächtlern künftig 10 000 Franken für Reinigungsarbeiten in Rechnung stellen, die bisher mit Steuergeldern bezahlt worden sind, wie die «Volksstimme» erfahren hat.
Rico Tirri, Präsident der Gelterkinder Fasnacht (Gefa), bestätigt die Abwälzung der Reinigungskosten. Der Vorstand sei von der Gemeinde schriftlich informiert worden – ohne vorgängige Rücksprache. Wäre dies der Fall gewesen, hätte Tirri dem Gemeinderat gerne erklärt, dass der Fasnachtsumzug vom Montag und der Kinderumzug vom Dienstag für seine Organisation so nicht mehr finanzierbar wären. Realistisch wären nur noch der Apéro, das Guggenkonzert und der «Waage-Balaari».
Das Budget der Gefa beläuft sich gemäss Tirri auf einen tieferen fünfstelligen Betrag. Die Kalkulation sei bereits knapp: Mache wegen schlechten Wetters am Umzug der Verpflegungsstand wenig Umsatz, schreibe die Gefa in der Endabrechnung jeweils rote Zahlen. «Wir organisieren die Fasnacht nicht des Geldes wegen, sondern weil wir das Kulturgut erhalten möchten», hält Tirri fest.
Den Ausfall des «Gemeindesponsorings» mit der Verteuerung der Plaketten (aktuell: 12 Franken für Silber, 30 Franken für Gold) oder einem höheren Mitgliederbeitrag für die Aktiven zu kompensieren, sei nicht realistisch, sagt der Gefa-Präsident. Die Beiträge seien unlängst bereits angehoben worden.
Fasnächtler geben nicht klein bei
Er und seine Vorstandskollegen seien «aus allen Wolken gefallen», als sie die Hiobsbotschaft der Gemeine erhalten hätten. Bisher habe das beste Einvernehmen mit der Gemeinde bestanden. Klein beigeben will Tirri nicht. Die Gefa werde den Gemeinderat um ein Gespräch bitten, um ihm ihre finanzielle Situation darzulegen und im besten Fall einen Kompromiss zu finden. Gelinge dies nicht, seien die Umzüge für die Grossen und für die Kleinen Geschichte.
Der Gelterkinder Finanzchef Stefan Degen will die 10 000 Franken, die ans Fasnachtskomitee abgewälzt werden sollen, nicht kommentieren. Es wäre nicht fair, einzelne Sparmassnahmen, betreffen sie nun die Fasnacht oder eine andere Organisation, herauszugreifen, ehe das ganze Budget stehe und alle Fakten auf dem Tisch lägen, sagt er auf Anfrage.
Der Sparprozess sei «auf allen Ebenen» in Gang, wobei der Fokus zunächst auf Massnahmen liege, bei denen mit möglichst geringem Aufwand ein möglichst grosser Spareffekt erzielt werden könne: Dazu werde jeder Stein umgedreht, betreffe es nun die Verwaltung, externe Dienstleister, Zweckverbände oder Vereine und Organisationen. Auch Vereinbarungen mit dem Kanton würden unter die Lupe genommen. Es gebe Einsparungen, bei denen es heisse: «Warum erst jetzt?» und andere, die auf erbitterten Widerstand stossen würden: «Dort ist das Sparpotenzial am grössten.»
Das Sparpaket sei überfällig, sagt Degen. In den Jahresrechnungen sei das strukturelle Defizit bereits seit längerer Zeit ersichtlich gewesen. Doch hätten Sondereffekte wie die Aufwertung von Liegenschaften, ausserordentliche Zahlungen oder die Auflösung von Vorfinanzierungen die Rechnung jeweils besser aussehen lassen, als sie es tatsächlich gewesen sei. Man habe nichts vertuscht, aber das Thema nicht deutlich genug angesprochen, so der Finanzchef. Jetzt aber sei der Punkt erreicht, «an dem es nicht mehr geht» und die Verluste das Eigenkapital auffressen würden.
Gegen Ende November will der Gemeinderat das entschlackte Budget veröffentlichen und es am 8. Dezember der Gemeindeversammlung vorlegen. Mit dem Budget 2022 sei der Sparprozess nicht abgeschlossen, warnt Degen. Ziel sei es, mit einem ersten Schritt möglichst viel zu erreichen, dann gehe der Sparprozess nahtlos weiter. Wer jetzt vom Rotstift verschont bleibt, kann sich somit nicht in Sicherheit wiegen.