Hier darf es auch einmal «tschädere»
06.08.2021 Baselbiet, GastronomieSebastian Schanzer
Zinntöpfe, Porzellangefässe, Modellschiffe, Kuhglocken, Unmengen von Malereien, Skulpturen, antike Möbel und eine Sammlung von Kaffeemühlen: Man wähnt sich eher in einem Museum oder in einer Brockenstube als in einem Gasthaus, wenn man durch ...
Sebastian Schanzer
Zinntöpfe, Porzellangefässe, Modellschiffe, Kuhglocken, Unmengen von Malereien, Skulpturen, antike Möbel und eine Sammlung von Kaffeemühlen: Man wähnt sich eher in einem Museum oder in einer Brockenstube als in einem Gasthaus, wenn man durch das «Chalet Saalhöhe» auf dem Pass Salhöhe (787 m.ü.M.) zwischen Kienberg (SO) und Erlinsbach (AG) wandelt.
Der Besitzer Jurka Lucek hat den Betrieb in den 1990er-Jahren von seiner Mutter übernommen und bezeichnet sich ob seiner Sammelwut gerne als «Freak». Sogar eine ausgesetzte Katze fand bei ihm ein Zuhause, als sie vor ein paar Jahren kurz vor Weihnachten abgemagert vor dem Gasthaus umhertigerte. Er taufte sie «Charlie» und päppelte das angeschlagene Tier wieder auf.
«Hochbetrieb an Wochenenden»
Das Chalet, in dem Jurka Lucek als Mitglied der Gilde etablierter Schweizer Gastronomen seine Gäste kulinarisch verwöhnt, wurde 1926 von einem Zimmermann aus Kienberg als Wohnhaus und Werkstatt erbaut. Im Jahr 1955 wurde es von der Familie Lucek gekauft und drei Jahre später zum vollständigen Restaurationsbetrieb umgebaut. Mit seiner Übernahme 1992 hat der heutige Wirt weitere Renovationen vorgenommen, und vor sieben Jahren gestaltete er auch die Gartenwirtschaft neu. Laufend kommen dem umtriebigen Lucek neue Ideen, die er dann auch umsetzt: sei es die Weihnachtskrippe mit lebensgrossen Figuren aus Holz oder das heimelige Fondue-Stübli auf der Terrasse im Freien.
Die vielseitige und kreative Küche sowie die detailverliebte Dekoration zahlen sich denn auch in Form von hohen Besucherzahlen aus. Insbesondere an sonnigen Wochenenden ist das «Chalet Saalhöhe» sehr gut besucht. Geöffnet ist es jeweils von Dienstag bis Sonntag ab 9 Uhr morgens. «An schlechten Sonntagen koche ich gut 80 Mittagessen», sagt Lucek stolz. «Bei schönem Wetter geht in meiner Küche aber nur noch die Post ab. Eine Zigi-Pause für die Angestellten wird dann schon schwierig.» Dabei zeigt sich der gelernte Koch und eidgenössisch diplomierte «Maître d’hôtel» auch flexibel mit den Öffnungszeiten. «Ich habe offen, bis niemand mehr da ist. Wenn es um 24 Uhr noch tschäderet, dann lassen wir es halt tschäderen.»
Insbesondere Wanderer, Ausflügler, Töfffahrer und Biker kehren bei Lucek ein − ob im rustikalen Restaurant im Parterre, dem etwas vornehmeren Speisesaal im ersten Stock oder auf der Terrasse im Garten. Aber auch Apéros und Bankette für grössere Gesellschaften oder Firmen sind in der «Saalhöhe» willkommen.
Die «Saalhöhe» ist von Dienstag bis Samstag von 9 bis 23.30 Uhr und Sonntags von 9 bis 22 Uhr geöffnet. www.chalet-saalhoehe.ch
Die Serie mit Ausflugszielen an der Grenze des Baselbiets wird fortgesetzt. Bisher erschienen: Das Turmstübli auf dem Sonnenberg (20. Juli); Das «Pintli» in Hauenstein-Ifenthal (27. Juli)
Wandertipp: Über sanfte Jurahöhen
ssc. Die Passhöhe, mit der Buslinie 102 ab Gelterkinden einfach zu erreichen, wird gerne als Ausgangspunkt für leichte Wanderungen genutzt. Nach einem «Kafi Gipfeli» im Waldgasthaus gelangt man − an mehreren Feuerstellen vorbei – über den Aussichtspunkt Burgflue zur Burgruine Heidegg. Danach: Abstieg zum Naturschutzgebiet in der alten Gipsgrube. Ein schattiger Waldweg südlich des Dorfs Kienberg führt im Anschluss via «Heimetsädel» und «Forenberg» zur Ruine Alt Kienberg, die allerdings im Moment kaum zugänglich ist. Von der Ruine aus erreicht man Kienberg von Westen her. Für die knapp 13 Kilometer lange Wanderroute benötigt man gute drei Stunden (Aufstieg 500 Meter, Abstieg 730 Meter).
NACHGEFRAGT
Herr Lucek, wie kommen all diese Statuen und Skulpturen in Ihr Gasthaus? Sind Sie Kunstliebhaber?
Mein Vater war ein Busenfreund des Solothurner Künstlers Hans Borer. Immer wenn dieser etwas Geld brauchte, kam er zu meinem Vater und verkaufte ihm ein Kunstwerk. Es gibt hier Stücke, für die wir bis zu 25 000 Franken bezahlt haben.
Eine andere Leidenschaft scheinen Sie für das Fondue zu pflegen.
Ja, das ist unsere Spezialität. Wir bieten mehr als zehn verschiedene Käsefondue-Sorten an. Seit einigen Jahren haben wir sogar ein «Fondue-Stübli» auf der Terrasse eingerichtet. Ich kann nur sagen: läuft.
Sie befinden sich an der Grenze der Kantone Solothurn und Aargau. Auch die Grenze zum Baselbiet ist in unmittelbarer Nähe. Woher kommen Ihre Gäste vorwiegend?
Grossmehrheitlich kommen sie von Erlinsbach, also der Solothurner und Aargauer Seite her. Aber natürlich auch aus dem Baselbiet. Ich begrüsse hier Biker, Wanderer, Töfffahrer. Aber auch Geschäftsleute kommen gerne zu mir, um in Ruhe zu geschäften.
Wie haben Sie die Zeit der coronabedingten Schliessung verbracht?
Die Einbussen waren schon sehr hart. Entsprechend ging es mir eine Zeit lang auch schlecht. Wir haben Kurzarbeit angemeldet, hatten aber schnell auch auf Take-Away umgestellt.
Sie sind 62 Jahre alt. Wie lange wollen Sie hier noch arbeiten?
Es ist eine harte Arbeit, aber bis 70 möchte ich schon hier bleiben. Lieber noch ein wenig arbeiten als nach der Pension in den Beizen zu versauern. Unklar ist, ob mein Sohn, der im Moment bei mir im Service arbeitet, den Betrieb dereinst übernehmen wird.